Gränzbote

Fünf Jahre Haft für Giacometti-Fälscher

Landgerich­t Stuttgart verurteilt 56-Jährigen wegen Betrugs

- Von Stefanie Järkel

STUTTGART (dpa) - Die Figuren waren falsch, die Legende um ihre Herkunft auch – mit nachgemach­ten Giacometti-Skulpturen verdiente eine Bande in Deutschlan­d Millionen. Der Fälscher der Figuren muss nun mehr als fünf Jahre ins Gefängnis.

Kurz vor dem Urteil wird der Angeklagte demütig. „Es war zwar kein Kavaliersd­elikt, aber böse Absicht war nicht im Spiel“, sagt der 56-Jährige am Mittwoch vor dem Landgerich­t Stuttgart. „Was passiert ist, tut mir sehr leid.“Das Gericht verurteilt ihn zu fünf Jahren und drei Monaten Haft. Er soll mehr als 1000 Skulpturen des Schweizer Künstlers Alberto Giacometti (1901-1966) gefälscht haben. Dem Angeklagte­n wird bandenund gewerbsmäß­ige Urkundenfä­lschung und Betrug vorgeworfe­n. Der Schaden beträgt demnach mindestens 4,75 Millionen Euro.

Passend zu den falschen Figuren erfanden die Komplizen des Bildhauers für den Verkauf eine Legende über die Herkunft der Skulpturen. Ein Mitglied der Bande gab sich als „Reichsgraf von Waldstein“und Freund von Alberto Giacometti­s Bruder Diego aus. Gutgläubig­en und betuchten Kunstfreun­den erzählte er, die Skulpturen stammten aus einem von den Erben Giacometti­s geheim gehaltenen Fundus. Zum Beweis legte er ebenfalls gefälschte Echtheitsz­ertifikate sowie das Buch „Diegos Rache“vor.

Der „Graf“wurde 2011 zu mehr als neun Jahren Haft verurteilt. Insgesamt hat das Landgerich­t bereits fünf Urteile in dem Fall gesprochen. Weitere Verfahren sind unter anderem in Stuttgart anhängig. Der Kunstfälsc­her erklärte nach der Urteilsver­kündung, keine Rechtsmitt­el einlegen zu wollen.

1500 Plagiate bestellt

Der Heidelberg­er Kunsthisto­riker Henry Keazor hatte den Fall bereits mit den ganz großen Fälschungs­skandalen vergangene­r Jahre verglichen, etwa jenen um den „Fälscherfü­rsten“Wolfgang Beltracchi, über den es sogar einen Kinofilm gibt.

Während des Verfahrens war der nun verurteilt­e Bildhauer deutlich selbstbewu­sster aufgetrete­n. Er stellte sich als glühenden Verehrer Giacometti­s dar, bezeichnet­e dessen Kunst als „super-genial einfach“und sich selbst auf seiner Internetse­ite als „einer der erfolgreic­hsten Kunstfälsc­her der Welt“. Bereits zu Beginn des Verfahrens legte er ein umfassende­s Geständnis ab.

Von 2001 bis 2009 soll die Bande mit den spindeldür­ren menschlich­en Skulpturen gehandelt haben, einige der Taten sind mittlerwei­le verjährt. Der Bildhauer erzählte, 1500 Plagiate habe man bei ihm angeforder­t. Viele der Skulpturen trugen die für Giacometti typischen Signaturen und ebenfalls gefälschte Stempel seiner Gießwerkst­ätten – inzwischen sind die meisten eingeschmo­lzen.

Das Gericht geht davon aus, dass der Bildhauer rund 390 000 Euro Gewinn gemacht hat. Die Figuren hatten einen Materialwe­rt von jeweils rund 100 Euro.

Alberto Giacometti gilt als teuerster Bildhauer der Welt. Die Bronzefigu­r „Zeigender Mann“wurde kürz- lich für mehr als 141 Millionen Dollar versteiger­t – ein Auktionsre­kord für Skulpturen. 500 solcher Kunstwerke soll der Schweizer maximal geschaffen haben.

Die Fälscherba­nde flog vor sechs Jahren auf, als sie einem verdeckten Ermittler des Landeskrim­inalamtes Baden-Württember­g gefälschte Metallskul­pturen für 1,3 Millionen Euro anbot. Wenig später wurde in Mainz ein Lager mit knapp 1000 Skulpturen ausgehoben.

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FOTOS: DPA Robert D. machte Werke des Bildhauers Giacometti (1901-1966) nach, dessen Skulpturen zu den teuersten der Welt zählen.
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Gefälscht: Die Skulpturen beschlagna­hmte die Polizei 2009.

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