Gränzbote

Jetzt wird um die Millionen gerungen

Eltern, die schon Betreuungs­geld beziehen, sind auf der sicheren Seite

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Bis Mitte August sollen sich Eltern kleiner Kinder noch gedulden, bis sie Genaues wissen. Die aus Elternsich­t interessan­teste Frage ist natürlich die, ob jeder, der heute Betreuungs­geld bezieht, es auch weiter bekommt. Das ist sicher. Denn es gilt, wie bei ähnlichen Urteilen, Vertrauens­schutz für diejenigen, die mit dieser Leistung kalkuliert haben.

Familienmi­nisterin Manuela Schwesig (SPD) hat bereits aus ihrem Frankreich-Urlaub mitgeteilt, dass sie sich dafür einsetzt, dass diejenigen, die das Geld erhalten, es auch bis zum Ende fortgeführ­t bekommen. Mitte August legt Ministerin Manuela Schwesig einen Vorschlag vor, wie der Vertrauens­schutz für die derzeit 455 000 Familien, die Betreuungs­geld erhalten, weiter gewährleis­tet werden kann. Da der Koalitions­partner Union grundsätzl­ich für die Zahlung von Betreuungs­geld ist, müsste hier schnell eine Einigung gefunden werden.

Ziemlich wahrschein­lich ist, dass auch diejenigen, die einen bewilligte­n Bescheid haben, das Geld bekommen. Und vielleicht können sich Bundesfami­lienminist­erin Manuela Schwesig ist dafür, bereits bewilligte­s Betreuungs­geld bis zum Ende auszubezah­len. sogar noch jene Hoffnung machen, die bereits den Antrag gestellt haben, aber noch keine Antwort erhielten. Fest steht, dass niemand bereits erhaltenes Betreuungs­geld zurückzahl­en muss.

Klar ist aber auch: Neue Anträge werden nicht mehr entgegenge­nommen, denn das Betreuungs­geld ist mit Wirkung vom 21. Juli als nicht verfassung­sfest beschieden worden und damit nicht mehr rechtskräf­tig.

Doch wie geht es weiter? Bundesrats­minister Peter Friedrich (SPD), will die frei werdenden Mittel aus dem Betreuungs­geld an Alleinerzi­ehende geben. Familienmi­nisterin Schwesig will es in den Kita-Ausbau stecken. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn das Betreuungs­geld ist im Haushalt des Familienmi­nisteriums ausgewiese­n, in diesem Jahr mit 900 Millionen Euro, im nächsten und bis 2020 mit einer Milliarde jährlich. Wenn diese Gelder nun nicht mehr in voller Höhe (2017) oder danach gar nicht mehr abgerufen werden, fallen sie in den Bundeshaus­halt zurück. Union und SPD wollen nun nach der Sommerpaus­e entscheide­n, wie mit den Haushaltsm­itteln umgegangen werden soll.

Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer hat sofort nach dem Urteilsspr­uch verkündet, Bayern werde das Betreuungs­geld weiter zahlen. Er hat dafür die Unterstütz­ung vom Bund gefordert. In das gleiche Horn stößt die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzend­e Julia Klöckner. In der Union könnte sich das Thema Betreuungs­geld für bevorstehe­nde Landtags- wahlkämpfe in Rheinland-Pfalz und Baden-Württember­g eignen. Der Stuttgarte­r CDU-Spitzenkan­didat Guido Wolf sagte: „Wir wollen, dass Baden-Württember­g wieder Kinderland wird. Deshalb brauchen wir in Zukunft eine passende familienpo­litische Förderung – entweder mit den frei werdenden Mitteln des Bundes oder durch ein Familienfö­rderprogra­mm des Landes.“

Gerade durch das Urteil des Verfassung­sgerichts, dass der Bund hier keine Gesetzgebu­ngskompete­nz hat, wird auch das Weiterreic­hen des Geldes an die Länder für Betreuungs­zwecke schwierig bis unmöglich. Fraglich ist am Ende aber auch, ob ein Betreuungs­geld, das dann von Ländern wie Bayern gezahlt würde, verfassung­sfest wäre. Bisher hat das Verfassung­sgericht nur formal entschiede­n, nach der Zuständigk­eit. Doch die Hamburger Kläger hatten auch einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbere­chtigung angemahnt. Mit dem Geld würden Ungleichhe­iten und alte Rollenmode­lle zwischen Mann und Frau verfestigt, da fast ausschließ­lich Frauen das Betreuungs­geld bezögen. Eine solche Klage könnte erneut eingereich­t werden.

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