„Griechenland sollte im Interesse seiner Bürger austreten“
BERLIN - Professor HansWerner Sinn (Foto: Archiv), Präsident des Münchner IfoInstituts hat mit Rasmus Buchsteiner über Griechenland gesprochen.
Zwischen der griechischen Regierung und den Euro-Finanzministern ist keine Einigung in Sicht. Gibt es einen unkontrollierten Staatsbankrott?
Wir befinden uns bereits in den Konkursverhandlungen. Griechenland ist pleite. Der griechische Finanzminister Varoufakis hat selbst eingeräumt, dass sein Land insolvent ist. Jetzt pokert er hoch. Wenn es keine weiteren Hilfen gibt, kann Griechenland ab Ende Februar seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen und ist nicht mehr in der Lage, Renten und Löhne zu zahlen.
Rechnen Sie mit einem Austritt der Griechen aus der Eurozone?
Griechenland sollte im Interesse seiner Menschen austreten, denn eine Linderung der Schuldenlast macht das Land nicht wettbewerbsfähig. Den Griechen hilft jetzt nur noch die Rückkehr zur Drachme, um wieder wettbewerbsfähig zu werden.
Bis zuletzt haben sich die Europäer – auch Kanzlerin Angela Merkel – entschlossen gezeigt, ein Euro-Aus der Griechen zu verhindern. Die falsche Strategie?
Die Politik wird die ökonomischen Realitäten nicht auf Dauer ignorieren können. Fünf Jahre Realitätsverweigerung liegen hinter uns. Wir sind jetzt in der Phase des Aufwachens. Griechenland wird früher oder später aus dem Euro austreten – ob nun sofort oder erst in einiger Zeit, wird man sehen.
Was wären die Folgen weiterer Hilfen?
Der bisherige Zustand Griechenlands würde nur künstlich verlängert. Das Problem der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit würde so nicht gelöst, sondern perpetuiert.
Auch Deutschland hat Griechenland mit Milliarden geholfen. Wie hoch sind die Risiken?
Wenn Staat und Banken kollabieren, bedeutet das für die Steuerzahler in Deutschland einen maximalen Verlust von 80 Milliarden Euro.
Was wäre das politische Signal, wenn Europa Athen ein weiteres Mal entgegenkommen würde?
Ein Nachgeben gegenüber Alexis Tsipras und seiner Regierung wäre brandgefährlich. Das würde Linkspopulisten aller Couleur in Europa weiteren Auftrieb verschaffen. Pablo Iglesias mit seiner PodemosBewegung ist in Spanien jetzt in den Umfragen genau da, wo Tsipras in Griechenland vor anderthalb Jahren gewesen ist.