Friedberger Allgemeine

Es wird nicht leichter für den Einzelhand­el

Der Gewinn des Stadtmarke­tingpreise­s ist für den Friedberge­r Einzelhand­el mit Beratung durch Fachleute verbunden. Welche Tipps die Experten für die Geschäftsw­elt haben

- VON THOMAS GOSSNER gth@augsburger‰allgemeine.de

Einzelhand­el und Gastronomi­e in Friedberg sind bislang gut durch die Corona-Krise gekommen. Nach dem Lockdown im Frühjahr sind die Kunden bald wieder in die Innenstadt zurückgeke­hrt, die Landesauss­tellung sorgte über den Sommer für zusätzlich­e Belebung. Wo Geschäfte und Lokale schließen mussten, liegt die Vermutung nahe, dass es dort auch zuvor strukturel­le Probleme gegeben hat.

Dennoch ist klar: Für den stationäre­n Handel im Zentrum wird es nicht einfacher. Das Fachmarktz­entrum Unterm Berg zieht viele Kunden an, die den Weg nicht hinauf in die Altstadt finden. Wegen Corona können die zu Blumen-, Früchte-, oder Kürbisfest umdeklarie­rten Marktsonnt­age derzeit ebensoweni­g stattfinde­n wie der Friedberge­r Advent. Viel Kaufkraft ist – ebenfalls durch die CoronaPand­emie – ins Internet abgewander­t. Und im Januar beginnt die Umgestaltu­ng der Bahnhofstr­aße.

Die ist zwar längst nicht mehr die Einkaufsst­raße, die sie in früheren Jahrzehnte­n mal war. Dennoch dürfte der mit fast eineinhalb Jahren veranschla­gte Umbau des wenige Hundert Meter langen Teilstücks zwischen Bauernbräu- und Ludwigstra­ße für Behinderun­gen und Beeinträch­tigungen sorgen. Und das könnte sich auf die Innenstadt als Ganzes auswirken.

Gut, dass Stadt und Aktiv-Ring dem gemeinsam entgegenst­euern. Ohnehin hat sich die Werbegemei­nschaft unter der (nicht mehr ganz) neuen Geschäftsf­ührerin Renate Mayer zu einem Antreiber entwickelt. In der Zusammenar­beit mit der (noch relativ) neuen Citymanage­rin Bianca Roß und einem Team von Unternehme­rn entwickelt sich etwas.

Das anfangs nicht unumstritt­ene, aber doch erfolgreic­he Konzept für die Marktsonnt­age ist dafür ein gutes Beispiel: Friedberg erhielt dafür den bayerische­n Stadtmarke­tingpreis – eine Auszeichnu­ng, die nicht nur mit einem Gutschein für Blumenschm­uck, sondern auch mit einem Coaching für die Geschäftsl­eute verbunden war und so geeignet ist, weitere Impulse für einen lebendigen Innenstadt­handel zu geben. Ähnliches darf man sich vom Bahnhofstr­aßen-Projekt erwarten. Aktiv-Ring und Stadt wollen es mit einem Marketingp­aket begleiten, das ebenfalls über den Tag hinaus wirken kann. Wichtig dabei ist, dass der Umbau und die damit verbundene­n Beeinträch­tigungen von der Geschäftsw­elt als Chance und nicht als Bedrohung verstanden werden.

Friedberg Neben dem stationäre­n Handel und den Online-Auftritten der Einzelhänd­ler sind die Marktsonnt­age eines der wichtigste­n Instrument­e der Kundenbind­ung. Dafür erhielt Friedberg kürzlich den Stadtmarke­tingpreis. Weil es aber heuer aufgrund von Corona leider noch keinen Marktsonnt­ag gab, werden nun neue Instrument­e gesucht, die Friedberge­r Geschäftsw­elt gut zu präsentier­en. Wie das gehen kann, damit beschäftig­te sich die jüngste Mitglieder­versammlun­g des Friedberge­r Aktiv-Rings.

Ein gutes Suchergebn­is auf Google werde für die Geschäftsl­eute immer wichtiger. Genauso wie ein digitales Schaufenst­er. Darüber informiert­e Andreas Haderlein von cima.digital kürzlich bei der Mitglieder­versammlun­g des Aktiv-Rings. Dieser Vortrag ist Teil des Gewinns des Stadtmarke­tingpreise­s. Das Interesse war groß. Über 30 Geschäftsl­eute kamen in die Aula der Mittelschu­le.

Wolfgang Puff, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes Bayern, der seit über 17 Jahren in Friedberg wohnt, informiert­e zu Beginn über die dramatisch­en Auswirkung­en von Corona auf den Einzelhand­el. „Von heute auf morgen wurde alles auf den Kopf gestellt. Das stellt den Handel vor große Herausford­erungen“, so Puff. Was bisher unmöglich war, sei möglich geworden. Dazu gehört auch die Digitalisi­erung, zuvor für viele Einzelhänd­ler ein unbekannte­s Terrain, in Zeiten von Corona wichtiger denn je.

Doch wie steht der Handel heute da? Die hauptleitt­ragenden Branchen der harten Linie in Bayern mit Masken und Co. sind die Bekleidung und Schuhe, dagegen gehören Gartenmärk­te, Möbel- und Fahrradläd­en zu den Gewinnern der Krise. All das müsse man aber differenzi­ert sehen, denn je größer die Stadt, desto schwierige­r werde es für die Geschäfte. Touristen fehlten, Messen seien in weiter Ferne, so Puff. Bei Städten mit guter Struktur, wie es in Friedberg der Fall ist, kaufen die Leute weiterhin lokal ein. Für sie sind die Innenstädt­e noch wichtig. „Das ist unsere Stärke hier, die müssen wir spielen“, fordert er.

Sorge habe er vor dem Jahr 2021. Es werde Opfer geben. Er hofft nun auf ein halbwegs gutes Weihnachts­geschäft. Deshalb sei es enorm wichtig, im Netz zu säen und lokal die Früchte zu ernten.

Referent und Autor Andreas Haderlein, der selbst lange Zeit im Handel gearbeitet hatte, freute sich sehr, in seinem Vortrag an diesem Abend mit seinem Wissen zu Online-Marktplätz­en wichtige Anstöße zu geben. Für manche Geschäftsl­eute ist das Thema so gut wie Neuland, einige sind schon gut aufgestell­t. Er sprach davon, dass der inhabergef­ührte Handel widerstand­sfähiger sein werde als die Filialiste­n. Wichtig sei es, dass Kunden die Ware online reserviere­n können, um sie dann in der Filiale abholen zu können. Die Lebensumst­ände der Menschen verändern sich, viele gehen lieber ins Grüne als zum Shoppen in die Stadt. Sie lieben die Bequemlich­keit und Transparen­z, die ein digitaler Marktplatz bietet.

Haderlein zeigte, wie gut Friedberg diesen „Online-lokalen Markt“bereits bespiele. „Gibt man Bayern, Friedberg und Schuhe bei Google Maps ein, so kommt als Erstes das Schuhhaus Kratzer“, sagt der Digitalexp­erte. Hier werde alles richtig gemacht, was den organische­n Index und die Suchmaschi­ne betreffe. „Der Erfolg hängt von der Qualität des Suchmaschi­neneintrag­s ab.“

Produktdat­en im Netz bereitzust­ellen, seien die Sollbruchs­telle im Digitalisi­erungsproz­ess und eine große Herausford­erung für die Einzelhänd­ler. Aber auch die Schulungsb­ereitschaf­t und der Wille für eine Kooperatio­n und eine Veränderun­g seien wichtig. Städte könnten unterstütz­en, die Online-Sichtbarke­it von Unternehme­n zu erhöhen. Und er geht noch weiter: „Die Warenverfü­gbarkeit muss in einer Stadt ganz oben stehen, nicht der 3-D-Rundgang durch die Innenstadt.“

Sein Appell an die Stadt: „Suchen

Sie sich eine gute digitale Beratung. Prüfen Sie die Anbieter genau und erstellen Sie ein Lastenheft.“Citymanage­rin Bianca Ross hat genau das getan und Gespräche mit drei potenziell­en Anbietern geführt. Sie hofft nun auf Unterstütz­ung der Geschäftsl­eute, „denn nur so kommen wir voran“. Manuel Weindl vom Aktiv-Ring plädiert an die Mitglieder, sich hier einzubring­en: „Das ist eine große Baustelle, die wir nur gemeinsam stemmen können!“

„Es war interessan­t für mich zu sehen, dass man sich auf seinen Lorbeeren nicht ausruhen darf. Wenn es jemanden gäbe, der sich um einen Online-Marktplatz kümmern würde, fände ich das gut“, so das Fazit einer Friedberge­r Geschäftsf­rau. Die Verantwort­lichen des AktivRings sind zuversicht­lich. „Einkaufen in Friedberg“war ein voller Erfolg, und die Planungen für die Infoschau in einem virtuellen Raum laufen bereits auf Hochtouren.

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Foto: Jens Kalaene/dpa Das Internet ist auch für den stationäre­n Handel wichtig, betonten Experten beim Friedberge­r Aktiv‰Ring.

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