8000 Bewerber wollen Medizin studieren
Ein Fünftel aller Bewerber in Deutschland interessiert sich für den bayernweit neuen Modellstudiengang in Augsburg. Warum das Angebot so attraktiv ist und wie es jetzt weitergeht
Das Interesse am neuen Augsburger Modellstudiengang für Humanmedizin ist bundesweit sehr groß. Nach Angaben der Universität Augsburg haben sich über 8000 Studieninteressierte beworben. Das sei ein Fünftel aller Bewerber für ein Medizinstudium in Deutschland.
Medizinstudienplätze werden bundesweit zentral von der Stiftung für Hochschulstart vergeben. Die Bewerbungsfristen im Vergabeverfahren sind nun abgelaufen. Ergebnis: Ein Fünftel der Studieninteressierten hat sich für einen Studienplatz an der neu errichteten Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg beworben, das sind 8199 Bewerber von insgesamt 41791 für für 9458 Studienplätze. Bei der Rechnung muss man allerdings eines beachten: Für Medizinbewerber gilt die Regelung, dass sie insgesamt sechs Standortpräferenzen für ihren Studienplatz angeben können, hierbei müssen sie eine Rangordnung vornehmen. Das heißt, man kann sich an mehreren Universitäten gleichzeitig bewerben.
Was Unipräsidentin Sabine Doering-Manteuffel aber besonders freut: 935 Bewerber haben Augsburg bei ihrer Standortwahl auf den ersten Platz gesetzt. „Damit sind wir aus dem Stand heraus ebenso attraktiv wie traditionsreiche Medizinstandorte“, so die Präsidentin.
Nach ihrer Einschätzung hängt das bundesweit große Interesse mit dem Konzept des Augsburger Modellstudiengangs zusammen. Aber auch die Startbedingungen in Augsburg seien sehr gut und die Forschungsschwerpunkte interessant. Dies alles sei für Bewerber augenscheinlich sehr attraktiv gewesen. Sehr viele Interessenten werden allerdings keinen der begehrten Plätze ergattern können. Zum Vergleich: Für 8000 Bewerber stehen in Augsburg erst einmal nur 84 Plätze zur Verfügung, wenn der Medizinstudiengang diesen Oktober startet.
Der neue Augsburger Modellstudiengang gilt als sehr innovativ: Studierende sollen sich schon ab dem ersten Semester nicht nur mit dem naturwissenschaftlichen Grundlagenwissen der Medizin beschäftigen, sondern auch mit medizinischklinischen Inhalten – etwa mit der Untersuchung von Patienten unter enger Anleitung von erfahrenen Ärzten. So sollen Theorie und Praxis eng miteinander verzahnt werden. Außerdem stellt der Modellstudiengang während des gesamten Studiums wissenschaftliches Denken in den Mittelpunkt. Die Medizinstudierenden sollen lernen, den medizinischen Fortschritt selbst mit voranzutreiben und später als Ärzte neue Erkenntnisse in die Patientenbetreuung einbeziehen.
Beim bayernweit neuen Modellstudiengang ist vorab auch noch nicht alles in Stein gemeißelt. Medizin-Gründungsdekanin Martina Kadmon sagt, man wolle die ersten Studenten an der weiteren Ausgestaltung beteiligen. Als Besonderheiten des Augsburger Angebots nennt Kadmon den frühen Einblick in die medizinische Praxis, aber auch die Verbindung von Grundlagendisziplinen wie der Anatomie und Biochemie mit klassischen klinischen Disziplinen wie der Inneren Medizin oder der Chirurgie. Der Studienaufbau sei zudem modular gestaltet. Er orientiert sich an Organen, Funktionen und Symptomen.
Zuletzt hatte das Auswahlverfahren für den Augsburger Medizinstudiengang für Diskussionen gesorgt. Hintergrund: Die Studienplätze werden zwar zentral vergeben, aber zu einem Teil nach Kriterien, die von den Universitäten festgelegt werden. Ein Experte warf der Uni Augsburg kürzlich vor, ihr Verfahren widerspreche dem Hochschulzulassungsgesetz. Danach müsse die Abiturnote eine überwiegende Bedeutung vor anderen Qualifikationen haben. Augsburg arbeite jedoch mit einer mathematischen Formel, die insbesondere Bewerber mit Spitzennoten schwer benachteilige, so der Autor mehrerer Fachveröffentlichungen. An der hiesigen Universität wies man die Vorwürfe zurück. Das Zulassungsverfahren für Humanmedizin erfülle die rechtlichen Vorgaben. Kadmon zufolge wurde das Augsburger Auswahlverfahren gerade auch mit dem Ziel entwickelt, sehr gute Abiturienten zuzulassen, aber auch denjenigen Kandidaten eine Chance zu geben, die ein gutes bis durchschnittliches Abitur und einen sehr guten Medizinertest sowie eine berufliche Qualifikation haben. Die Gründungsdekanin sagt, „das kommt auch den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entgegen, das uns die Aufgabe gegeben hat, nach Eignung auszuwählen“. An der Universität Augsburg glaubt man, dass es nicht zu Klagen von abgewiesenen Studienbewerbern kommen wird. Statt sich darum zu sorgen, konzentriert man sich nun ganz auf den Start des neuen Medizinstudiengangs.