Als Mensch und Torhüter gefragt
Weil er von seinem Arbeitgeber Rennes enttäuscht war und unbedingt in die Bundesliga wollte, wechselte Tomásˇ Koubek zum FCA. Dort erlebt er eine turbulente erste Woche
Wenn Torhüter Tomásˇ Koubek von seiner ersten Zeit beim FC Augsburg erzählt, spricht er von „einer ziemlich verrückten Woche für mich“. Schließlich weilte der tschechische Nationalkeeper vorletzten Samstag noch in China, wo er mit seinem bisherigen Klub Stade Rennes das Endspiel um den Pokal der Champions gegen Paris St. Germain verlor. Am Sonntag flog Koubek zurück, erst 14 Stunden nach Paris, dann nach Rennes. Er packte seine Sachen, verabschiedete sich von den Kollegen und reiste weiter nach Augsburg, wo er zwei Tage später als neue Nummer eins vorgestellt wurde. „Das ging ziemlich schnell und war schon ein bisschen stressig“, räumt Koubek ein.
Zumal dem 26-Jährigen mit dem stattlichen Gardemaß von 1,98 Meter auch in Augsburg kaum Zeit blieb, seine Mannschaftskollegen richtig kennenzulernen, geschweige denn, sich alle Namen zu merken. Schon nach vier Tagen stand er in seinem ersten Pflichtspiel für den FCA zwischen den Pfosten – mit dem bekannt niederschmetternden Ergebnis, dem 1:2-Pokal-Aus gegen den Viertligisten SC Verl.
Koubek weiß, dass diese Partie für ihn kein guter Start war, und räumt ein, dass es noch Abstimmungsprobleme und Sprachschwierigkeiten mit seinen Defensivleuten gibt. Dazu kam, dass ihm ausgerechnet mit seinem tschechischen Landsmann Marek Suchy ein kurioses Billard-Eigentor unterlief. „In Stresssituationen denke ich auf Französisch, mit Marek rede ich Tschechisch und mit den anderen Englisch. Ich denke, wir müssen für das Match eine Sprache finden und dann werden wir uns auch verbessern“, zog Koubek schon seine Lehren aus dem Missgeschick.
Wie schnell es gelingt, die Kommunikation mit seinen Vorderleuten zu verbessern, wird sich am Samstag zeigen, wenn der FCA bei Borussia Dortmund (Beginn 15.30 Uhr) in die Bundesliga startet. Koubek ist begierig, sich in der Beletage des deutschen Fußballs bestmöglich zu zeigen, hier will er nach zwei Jahren in der französischen Ligue 1 Fuß fassen. „Ich wollte eine neue Herausforderung. Und für mich ist die Bundesliga die größte Herausforderung. Das ist der wichtigste Wettbewerb mit vollen Stadien und starken Spielern“, schwärmt er.
Neben dem Wunsch, sportlich den nächsten Schritt zu gehen, habe aber durchaus auch die geringe Wertschätzung der Klub-Verantwortlichen von Stade Rennes seine Entscheidung für einen Wechsel beeinflusst, macht Tomásˇ Koubek deutlich. Er hätte sich dort von offizieller Seite mehr Unterstützung erwartet, sagt er. „Das ist der wichtigste Grund, warum ich Rennes verlassen habe. Ich denke, ich habe dort zwei Jahre einen guten Job gemacht. Wir waren wirklich erfolgreich, mit Platz fünf in der Meisterschaft und der Teilnahme an der Europa League. Da hätte ich mir von allen Seiten des Klubs mehr Respekt erwartet. Ich habe das Vertrauen nicht mehr gespürt“, findet er klare Worte. Dagegen sei er in den Verhandlungen mit dem FCA schnell überzeugt gewesen: „Sie wollten mich, sie wollten Tomásˇ Koubek – nicht nur als Torhüter, sondern auch als Mensch.“
Der von den Augsburger Verantwortlichen dringlichst ersehnte Wechsel bescherte Koubek einen Fünf-Jahres-Vertrag. „Ich bin sehr glücklich, dass ich diesen lang laufenden Vertrag unterschreiben konnte. Fünf Jahre. Das ist unglaublich“, sagt er. Da stört es ihn auch nicht, dass Außenstehende vereinzelt glauben, mit dem Wechsel zum FCA sei er in seiner Karriere einen Schritt zurückgegangen. „Ich sehe das nicht so. Ich finde, dass hier alles auf genauso auf einem Top-Level ist wie in Rennes. Für mich ist die Bundesliga besser als die französische Liga eins. Ich bin sicher, dass mich diese Liga und diese Spieler weiter verbessern.“Zudem vertraut er dem guten Ruf der deutschen Torhüter-Schule und deren Trainer. Denn im Hinblick auf die druckvolle Spieleröffnung, für die deutsche Torhüter bekannt sind, könne er noch einiges lernen.
Dass sein Team zum BundesligaAuftakt bei Vizemeister Dortmund den nächsten Dämpfer einstecken muss, glaubt Koubek nicht zwingend. In seinem ersten Spiel für Rennes sei man im 60 000 Zuschauer fassenden Stade Vélodrome in Marseille auch Außenseiter gewesen. „Und wir haben 3:1 gewonnen“, sagt Koubek mit einem Schmunzeln. Nur privat hofft er langsam auf ruhigere Zeiten. Seit seinem Vereinswechsel wohnen seine Frau und seine Tochter vorübergehend in Tschechien. „Das ist wirklich schwer. Im letzten Monat habe meine Tochter nur zweimal gesehen. Deshalb möchte ich so schnell wie möglich ein Haus für uns finden. Und ich hoffe, dass meine Familie dann zum ersten Heimspiel da ist.“
„Ich wollte eine neue Herausforderung. Und für mich ist die Bundesliga die größte Herausforderung.“
Tomásˇ Koubek