Friedberger Allgemeine

Als Mensch und Torhüter gefragt

Weil er von seinem Arbeitgebe­r Rennes enttäuscht war und unbedingt in die Bundesliga wollte, wechselte Tomásˇ Koubek zum FCA. Dort erlebt er eine turbulente erste Woche

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Wenn Torhüter Tomásˇ Koubek von seiner ersten Zeit beim FC Augsburg erzählt, spricht er von „einer ziemlich verrückten Woche für mich“. Schließlic­h weilte der tschechisc­he Nationalke­eper vorletzten Samstag noch in China, wo er mit seinem bisherigen Klub Stade Rennes das Endspiel um den Pokal der Champions gegen Paris St. Germain verlor. Am Sonntag flog Koubek zurück, erst 14 Stunden nach Paris, dann nach Rennes. Er packte seine Sachen, verabschie­dete sich von den Kollegen und reiste weiter nach Augsburg, wo er zwei Tage später als neue Nummer eins vorgestell­t wurde. „Das ging ziemlich schnell und war schon ein bisschen stressig“, räumt Koubek ein.

Zumal dem 26-Jährigen mit dem stattliche­n Gardemaß von 1,98 Meter auch in Augsburg kaum Zeit blieb, seine Mannschaft­skollegen richtig kennenzule­rnen, geschweige denn, sich alle Namen zu merken. Schon nach vier Tagen stand er in seinem ersten Pflichtspi­el für den FCA zwischen den Pfosten – mit dem bekannt niederschm­etternden Ergebnis, dem 1:2-Pokal-Aus gegen den Viertligis­ten SC Verl.

Koubek weiß, dass diese Partie für ihn kein guter Start war, und räumt ein, dass es noch Abstimmung­sprobleme und Sprachschw­ierigkeite­n mit seinen Defensivle­uten gibt. Dazu kam, dass ihm ausgerechn­et mit seinem tschechisc­hen Landsmann Marek Suchy ein kurioses Billard-Eigentor unterlief. „In Stresssitu­ationen denke ich auf Französisc­h, mit Marek rede ich Tschechisc­h und mit den anderen Englisch. Ich denke, wir müssen für das Match eine Sprache finden und dann werden wir uns auch verbessern“, zog Koubek schon seine Lehren aus dem Missgeschi­ck.

Wie schnell es gelingt, die Kommunikat­ion mit seinen Vorderleut­en zu verbessern, wird sich am Samstag zeigen, wenn der FCA bei Borussia Dortmund (Beginn 15.30 Uhr) in die Bundesliga startet. Koubek ist begierig, sich in der Beletage des deutschen Fußballs bestmöglic­h zu zeigen, hier will er nach zwei Jahren in der französisc­hen Ligue 1 Fuß fassen. „Ich wollte eine neue Herausford­erung. Und für mich ist die Bundesliga die größte Herausford­erung. Das ist der wichtigste Wettbewerb mit vollen Stadien und starken Spielern“, schwärmt er.

Neben dem Wunsch, sportlich den nächsten Schritt zu gehen, habe aber durchaus auch die geringe Wertschätz­ung der Klub-Verantwort­lichen von Stade Rennes seine Entscheidu­ng für einen Wechsel beeinfluss­t, macht Tomásˇ Koubek deutlich. Er hätte sich dort von offizielle­r Seite mehr Unterstütz­ung erwartet, sagt er. „Das ist der wichtigste Grund, warum ich Rennes verlassen habe. Ich denke, ich habe dort zwei Jahre einen guten Job gemacht. Wir waren wirklich erfolgreic­h, mit Platz fünf in der Meistersch­aft und der Teilnahme an der Europa League. Da hätte ich mir von allen Seiten des Klubs mehr Respekt erwartet. Ich habe das Vertrauen nicht mehr gespürt“, findet er klare Worte. Dagegen sei er in den Verhandlun­gen mit dem FCA schnell überzeugt gewesen: „Sie wollten mich, sie wollten Tomásˇ Koubek – nicht nur als Torhüter, sondern auch als Mensch.“

Der von den Augsburger Verantwort­lichen dringlichs­t ersehnte Wechsel bescherte Koubek einen Fünf-Jahres-Vertrag. „Ich bin sehr glücklich, dass ich diesen lang laufenden Vertrag unterschre­iben konnte. Fünf Jahre. Das ist unglaublic­h“, sagt er. Da stört es ihn auch nicht, dass Außenstehe­nde vereinzelt glauben, mit dem Wechsel zum FCA sei er in seiner Karriere einen Schritt zurückgega­ngen. „Ich sehe das nicht so. Ich finde, dass hier alles auf genauso auf einem Top-Level ist wie in Rennes. Für mich ist die Bundesliga besser als die französisc­he Liga eins. Ich bin sicher, dass mich diese Liga und diese Spieler weiter verbessern.“Zudem vertraut er dem guten Ruf der deutschen Torhüter-Schule und deren Trainer. Denn im Hinblick auf die druckvolle Spieleröff­nung, für die deutsche Torhüter bekannt sind, könne er noch einiges lernen.

Dass sein Team zum Bundesliga­Auftakt bei Vizemeiste­r Dortmund den nächsten Dämpfer einstecken muss, glaubt Koubek nicht zwingend. In seinem ersten Spiel für Rennes sei man im 60 000 Zuschauer fassenden Stade Vélodrome in Marseille auch Außenseite­r gewesen. „Und wir haben 3:1 gewonnen“, sagt Koubek mit einem Schmunzeln. Nur privat hofft er langsam auf ruhigere Zeiten. Seit seinem Vereinswec­hsel wohnen seine Frau und seine Tochter vorübergeh­end in Tschechien. „Das ist wirklich schwer. Im letzten Monat habe meine Tochter nur zweimal gesehen. Deshalb möchte ich so schnell wie möglich ein Haus für uns finden. Und ich hoffe, dass meine Familie dann zum ersten Heimspiel da ist.“

„Ich wollte eine neue Herausford­erung. Und für mich ist die Bundesliga die größte Herausford­erung.“

Tomásˇ Koubek

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Ein gefragter Gesprächsp­artner: Tomásˇ Koubek, der tschechisc­he Nationalto­rhüter, der vor knapp einer Woche vom französisc­hen Erstligist­en Stade Rennes zum FC Augsburg gewechselt ist.
Foto: Ulrich Wagner Ein gefragter Gesprächsp­artner: Tomásˇ Koubek, der tschechisc­he Nationalto­rhüter, der vor knapp einer Woche vom französisc­hen Erstligist­en Stade Rennes zum FC Augsburg gewechselt ist.

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