So praktisch sind E-Scooter wirklich
Mobilität In Augsburg stehen rund 50 elektrische Roller zum Ausleihen am Straßenrand. Doch wie funktioniert das und wie fühlt sich das an? Wir haben eine Testrunde gedreht
Seit einem Monat sind E-Scooter auf deutschen Straßen zugelassen – und die elektrischen Tretroller werden heiß diskutiert. Die einen sprechen vom klimaschonenden Verkehrsmittel der Zukunft. Andere warnen vor Unfällen und Ärger. Aber wie sicher fährt es sich denn tatsächlich mit so einem E-Scooter? Wie praktisch sind die Roller in der Innenstadt? Und wie teuer ist der Spaß?
Um diese Fragen zu klären, starten wir den Selbstversuch. In Augsburg gibt es rund 50 E-Scooter des schwedischen Anbieters Voi zum Ausleihen. Aktuell konzentriert sich das Unternehmen auf die Innenstadt. Einen wollen wir testen.
Entsperren
Es ist Mittag, kurz nach 12. Alle E-Scooter sind mit GPS ausgestattet und können geortet werden. Im Programm (App) von Voi werden auf dem Mobiltelefon alle verfügbaren Roller angezeigt. Anfangs war das manchmal ernüchternd, weil kaum Roller zu finden waren. Warum? Die Nachfrage war größer als erwartet, sagt ein Sprecher von Voi. Leer gefahrene Scooter werden nach Angaben von Voi üblicherweise über Nacht eingesammelt, zu einer Ladestation gebracht und dort geladen. Am nächsten Morgen sollen die Scooter wieder vollgeladen sein – das klappte nicht immer. Um Engpässe zu vermeiden, will Voi die Flotte in Augsburg aufstocken.
Dieses Mal klappt alles. In unmittelbarer Nähe, am Rathausplatz, stehen vier E-Scooter. Das Ausleihen funktioniert über die App von Voi am Mobiltelefon und wird Schritt für Schritt erklärt. Für die Nutzung reicht ein Klick, mit dem man bestätigt, über 18 und nicht betrunken zu sein, den Scooter nur alleine zu nutzen und nicht auf dem Gehweg zu fahren. Außerdem empfiehlt die App, einen Helm zu tragen. Pflicht ist das aber nicht. Jeder E-Scooter hat einen QR-Code, der mit dem Handy eingescannt werden muss – und dann geht’s los.
Fahren
Das Fahren auf dem E-Scooter klappt denkbar einfach. Der Roller hat, ähnlich wie beim Fahrrad, eine Handbremse am Lenker, außerdem eine Fußbremse über dem Hinterrad. Am Lenker befindet sich ein kleiner Gashebel. Schon nach kurzer Zeit hat man den Dreh raus und kann sogar Handzeichen geben – das ist auch nötig, denn einen Blinker oder Ähnliches gibt es nicht.
Wir fahren vom Rathausplatz stadtauswärts Richtung Jakobertor. Bereits nach hundert Metern kommt die erste kritische Stelle: die Baustelle am Leonhardsberg. Einen Radweg gibt es zurzeit nicht. Der E-Scooter muss deshalb auf der Straße fahren, zusammen mit Autos und Lastwagen. Auch wenn die im Praxistest mit ausreichend Sicherheitsabstand überholen, bleibt das ungute Gefühl, dass der E-Scooter als Verkehrsmittel doch recht unbekannt und womöglich für Autofahrer unberechenbar ist.
Stadtauswärts gibt es nach der Engstelle durchgehend einen Fahrradweg. Die gemeinsame Nutzung des Fahrradwegs mit Radlern funktioniert problemlos – vielleicht auch, weil der E-Scooter mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h laut Hersteller mit den meisten Fahrradfahrern mithalten kann. Auch Steigungen, wie den Leonhardsberg, schafft er mühelos – bei annähernd gleichem Tempo wie auf ebener Strecke. Abgeflachte Randsteine sind ebenfalls kein Problem. Bei schlechteren Straßenverhältnissen und Schlaglöchern wird das Fahren allerdings unangenehm. Spätestens beim Kopfsteinpflaster in der Altstadt kommt der Roller an seine Grenzen. Die Pflastersteine schütteln den Fahrer richtig durch.
Eine vollständige Ladung reicht laut Voi für etwa 30 Kilometer. Im Selbstversuch fahren wir etwa 600 Meter aus der vom Anbieter vorgegebenen Zone heraus. Konsequenzen gibt es nicht – weder in der App noch am Roller selbst. Nur Abstellen wäre dort nicht möglich. Um die Fahrt zu beenden, kann man den E-Scooter einfach an einer beliebigen Stelle in der Innenstadt abstellen und die Fahrt in der App stoppen.
Kosten
Anschließend wird bezahlt. Das Freischalten des E-Scooters kostet pro Fahrt einen Euro. Pro Minute kommen dann 15 Cent dazu. Für eine Stunde werden zehn Euro fällig. Bezahlt wird ausschließlich per Kreditkarte. Andere Möglichkeiten gibt es nicht.
Polizei
In Sachen Verkehrssicherheit gibt es im Vergleich zu anderen Städten in Augsburg bislang keine Probleme. Wie die Polizei auf Anfrage erklärt, wurde bislang lediglich ein Mann gestoppt, der mit 1,2 Promille Alkohol auf einem E-Scooter unterwegs war. Für E-Scooter-Fahrer gelten dieselben Promillegrenzen wie für Autofahrer. Unfälle hat es bisher nicht gegeben.
Fazit
Der Spaßfaktor ist hoch. Die Bedienung funktioniert intuitiv, nach nur wenigen Minuten sind auch eventuelle anfängliche Unsicherheiten ausgeräumt. Auch die App ist sehr nutzerfreundlich. Für Fahrradwege ist der E-Scooter bestens geeignet. Bei schlechten Straßenverhältnissen, insbesondere Kopfsteinpflaster, hört der Fahrkomfort auf. Größtes Problem war anfangs die mangelnde Verfügbarkeit.