Auch die Privatkassen sollen zahlen
Die Koalition will mit verbesserten Strukturen die Zahl der Spender erhöhen. Die Grünen zweifeln das Gesetz dazu jedoch an: Sie monieren eine Ungleichbehandlung
Berlin Der Bedarf an Organspenden in Deutschland ist riesig. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation hoffen derzeit mehr als 10 000 schwer kranke Menschen auf eine Leber, ein Herz oder eine Niere. Dem standen im vergangenen Jahr 955 Organspender gegenüber, die Zahl der Lebendspenden ist darin nicht eingerechnet. Die Statistik zeigt, dass der Handlungsbedarf groß ist. Die Bundesregierung will nun durch ein „Gesetz für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende“(GZSO) die Zahl der Spenden erhöhen. Unmittelbar vor der entscheidenden Bundestagsabstimmung sorgen die Grünen allerdings für Unruhe.
Das neue Gesetz, bei dem es um Strukturen und nicht um die Organspende an sich geht, soll vor allem die Rolle der Transplantationsbe- auftragten in den Krankenhäusern stärken, indem ihnen mehr Zeit für alle Aufgaben rund um die Organspende eingeräumt wird. Auch eine bessere Betreuung der Angehörigen ist vorgesehen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erwartet, dass sich durch diese Bemühungen der Kreis der Organspender erweitert.
Allerdings sind die Änderungen, vor allem wegen der Einführung von Pauschalen für die Entnahmekrankenhäuser, mit Mehrkosten verbunden. Dafür sollen nach Spahns Willen nur die gesetzlichen Krankenkassen aufkommen, die Privaten könnten sich freiwillig beteiligen.
Den Grünen im Bundestag reicht das allerdings nicht. Sie fordern, dass sich neben der gesetzlichen auch die private Krankenversicherung (PKV) an den Kosten von jährlich rund 35 Millionen Euro beteiligt. Einen entsprechenden Entschließungsantrag wollen die Grünen am Donnerstag zur abschlie- ßenden Lesung ins Parlament einbringen, der Entwurf lag unserer Redaktion am Dienstag vor.
Spahns Rechnung sei so nicht hinnehmbar, sagte die Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther dazu. „Die private Krankenversicherung muss sich an den Mehrkosten der Strukturverbesserungen beteiligen“, forderte die Bundestagsabgeordnete und begründete dies damit, dass von der neuen patientenbezogenen Beratung durch Ärzte beziehungsweise der Stärkung der Transplantationsbeauftragten alle Versicherten profitieren würden. „Wenn alle profitieren, sollen auch alle für die Kosten aufkommen“, forderte sie.
Für die Grünen im Bundestag bringt das Gesetz insgesamt zwar „echte Verbesserungen“, sie werfen Spahn aber vor, auf Schnelligkeit statt auf Gründlichkeit zu bauen. „Einige Potenziale zur Verbesserung von Strukturen werden nicht genutzt“, mahnte Kappert-Gonther und nannte als Beispiel die Einführung eines bundesweiten Registers für die Erklärungen zur Organ- und Gewebespende. „Der Hebel für mehr Organspenden liegt im Erkennen und Melden der Organspender und genau dabei hilft das Register“, erklärte sie. Die Grünen verweisen auf Dänemark, wo ein Organspenderegister bereits vorhanden sei.
In ihrem Entschließungsantrag verweisen die Bundestags-Grünen auch auf das verloren gegangene Vertrauen der Menschen durch die Organspendeskandale in der Vergangenheit. Sie zitieren aus einer Studie, wonach 53 Prozent der Bevölkerung von solch einem Vertrauensverlust sprechen. Um dem zu begegnen, soll der Staat stärker eingebunden werden. „Die Transparenz wird erhöht, wenn die Kontrolle des Organspendesystems in staatlicher Hand liegt“, erklärte KappertGonther.