Es gibt so viel, über das sich Kaya Yanar aufregen muss
Im voll besetzten Kongress am Park geht es um viel zu komplizierte Fernseher und Smombies auf der Straße
Das Bühnenbild zeigt ihn als Superhelden, als Mischung aus King Kong und grünem Hulk durchbricht Kaya Yanar eine Mauer. Der echte Comedian davor ist um einiges kleiner, muss aber ebenfalls gigantische Herausforderungen meistern. Das fängt bei den Sicherheitshinweisen im voll besetzten Kongress am Park an. Kaya Yanar warnt davor, dass ein Scheinwerfer herabstürzt. Der könnte die Frisur eines Besuchers entflammen, was einen Flächenbrand auf den Köpfen zur Folge hätte. Horrorvorstellung: Dann hätte er in Augsburg plötzlich 1200 Glatzen vor sich. „In Dresden würden die sagen: Na und?“, meint Yanar, weil dort vor der Halle 3000 stünden und „Ausländer raus“riefen.
Doch der Comedian lässt sich nicht verunsichern, sondern hat große Pläne: Die DVD von seinem Programm „Ausrasten für Anfänger“will er allen TV-Sendern für denselben Sendeplatz anbieten. Dann würde „dieselbe Fresse“auf sämtlichen Kanälen laufen. „Wie im türkischen Staatsfernsehen“, meint Yanar, macht aber einen Rückzieher: „Besser nicht. Die haben ja erst einen rausgelassen. Da ist Platz für einen Neuen.“Keine Türkenwitze, hat sich Yanar vorgenommen.
Es geht darum, was den 45-Jährigen, der auf die 60 zugeht, im Alltag überfordert. Immer öfter warnt ihn seine Schweizer Freundin: „Alter Mann-Alarm!“Ihn regen die Smombies mit Smartphones auf, vor denen man eine Vollbremsung hinlegen muss. „Die müsste man straffrei überfahren dürfen.“Und es gibt noch so viele weitere Gründe zum Ausrasten. Zum Beispiel die Fernseher, für deren Bedienung man Informatik studiert haben muss. Oder Hightech-Duschen, die einen sechsmal verbrühen und siebenmal kalt abbrausen, bevor man sich waschen kann. Auch mit Navigationsgeräten hat Yanar seine Probleme. Weil er es in einem Mietwagen nicht geschafft hat, die Sprache des Navis umzustellen, hat es ihn auf Russisch durch die Schweiz gelotst. Und Russisch hört sich für ihn bedrohlich an.
Kaya Yanar könnte manchmal explodieren. Das Temperament hat er geerbt: „Mein Vater war ein Ausraster auf zwei Beinen.“Denn im Elternhaus in Frankfurt herrschte Konfusion bei der Kommunikation. Der türkische Vater sprach mit seinen Kindern ein holpriges Deutsch und der kleine Kaya verstand kein Türkisch. „Wenn man in einer Sprache ausgeschimpft wird, die man nicht versteht, denkt man sich: Ja, mein Papa mag mich“, erinnert sich der Comedian. Wie er später feststellte, bedeutete das vermeintliche Kosewort „Du Viech“.
In die Pause schickt Kaya Yanar seine Fans mit dem Auftrag, ihm per Facebook zu schicken, was sie aufregt. Es sind vor allem Verkehrsprobleme. „Da ist immer ein Depp, der schneller ist als man selber“, fasst der Comedian zusammen, dass es immer der andere ist, der nervt. Kaya Yanar merkt, dass sich bei ihm selber das Karma seines Vaters wiederholt. In der Schweiz hält er sich für einen gut integrierten Türken, ist aber mit der Altpapierentsorgung überfordert. „Haben Sie keinen Abfallkalender“, fragt der Nachbar.
Mit weit aufgerissenen Augen staunt Kaya Yanar als Jedermann über solche Aufreger des Alltags. So mögen ihn seine Fans. Showeffekte als Superheld braucht es dafür nicht.