Dürfen hier neue Wohnungen entstehen?
Nächste Woche diskutieren die Stadträte über ein Baugebiet in Bergheim. Viel brisanter sind ähnliche Pläne zwischen Wellenburg und Radegundis. Im Regierungsbündnis kündigt sich Ärger an
dort ihren Kindern das Bauen zu ermöglichen, ist nachvollziehbar, zumal Bergheim an anderer Stelle („Am Langen Berg“) ja auch in Richtung Wald wächst. Bergheim besteht nicht nur aus historischer Substanz entlang der Hauptstraßen, sondern ist in den vergangenen 30 Jahren durch Neubauten gewachsen. Andererseits sind die Argumente des Naturschutzes, dass an den Rändern irgendwann Schluss sein muss, auch nicht von der Hand zu weisen, zumal im Ortskern noch freie Flächen bestehen.
In etwa einem Kilometer Entfernung stellt sich die Frage des Flächenverbrauchs auf der grünen Wiese noch einmal in anderer Größenordnung. Seit Jahren verfolgt die Stadt dort zusammen mit Grundeigentümern Pläne, Wohnbebauung auf dem Gelände des früheren Sägewerks zwischen Radegundis und Wellenburg – momentan werden die Hallen durch diverse Firmen genutzt – sowie auf angrenzenden Feldern zu realisieren. Zur Wellenburger Allee hin soll ein Landschaftsstreifen erhalten bleiben, um Ensemble nicht zu zerstören. Offenbar kursiert inzwischen ein Entwurf unter dem Schlagwort „Urbanes Dorf“, der mehrstöckige Häuser direkt am Rand zum Waldgebiet (bisherige Gewerbefläche) vorsieht und auf niedrigere Einfamilienhäuser auf dem Feld bis zur dortigen Pappelallee setzt. Sogar eine lockere Bebauung auf den Feldern hinter der Wellenburger Gaststätte/Wirtschaftshof ist laut der Planung nicht ausgeschlossen. Baureferent Merkle äußert sich zum momentanen Stand des Vorhabens nicht – es gebe „keinen neuen Stand“, lässt er ausrichten.
Das Thema könnte der Stadtregierung dabei noch um die Ohren fliegen. Unstrittig ist ja, dass das frühere Sägewerk so kein Zustand ist – warum also keine Wohnbebauung für Gutverdiener, die die Stadt ja auch aus steuerlichen Gründen als Einwohner halten will, an dieser Stelle?
Doch die Bebauung im Feld wäre ein Eingriff, der mit dem Schlagwort „Innen- vor Außenentwicklung“nicht mehr gut in Einklang zu bringen ist. Die Stadt hat richti- gerweise das Großprojekt Haunstetten Südwest, das völlig andere Dimensionen hat als etwa Radegundis, auf den Weg gebracht, um die Wohnungsnot zu lindern – was auch nicht jedem Alt-Haunstetter passt. Auch hier geht Ackerfläche verloren, aber das Areal ist schon ganz anders von menschlichen Aktivitäten umgeben (B17, Bereitschaftspolizei, Inninger Straße, Bestands-Haunstetten). Radegundis liegt hingegen am Rand eines Landschaftsschutzgebiets. Viele Augsburger genießen dort am Wochenende die Natur – das sorgt auch für ein gewisses Protestpotenzial. Immerhin geistert schon das Wort Bürgerbegehren herum. Sollten Unterschriften gesammelt werden zeitgleich zum bayerischen Volksbegehren gegen Flächenverbrauch, wächst Radegundis über ein Stadtdas teil-Thema hinaus, zumal die Stadt wegen ihres Umgangs mit Bäumen ohnehin in der Kritik steht.
Massiv auf die Barrikaden wegen des Projekts gehen aktuell die Augsburger Grünen. Gegen die Pläne in Radegundis haben sie schon immer gestimmt, doch zuletzt kündigte der kleine Partner im Regierungsbündnis sogar an, ein etwaiges Bürgerbegehren zu unterstützen. Die Reihen dürften – sollte es tatsächlich zum Schwur kommen – diesmal geschlossener stehen als bei der Debatte über die Energie-Fusion, die den Grünen eine Zerreißprobe bescherte. Mit dem Lechhauser Gewerbegebiet, Radegundis und nicht zuletzt dem Lechsteg stehen mehrere Themen an, die bei Naturschützern nicht gut ankommen. Durch die Fällungen der Bäume am Herrenbach im Zuständigkeitsbereich des Grünen Umweltreferenten Reiner Erben hat das Ansehen der Partei bei Teilen ihrer potenziellen Wähler ohnehin gelitten. Insofern muss der kleine Bündnispartner nun Zähne zeigen – die kommenden Monaten könnten politisch spannend werden.
Die Grünen müssen Zähne zeigen