Wenn der Rettungseinsatz vergeblich war
Helfer der Wasserwacht erzählen, wie sie mit schwierigen Schicksalen umgehen und was ihre Arbeit erschwert
Sie investieren viele Stunden in Ausbildung und Training. Doch manchmal sind sie machtlos. Benjamin Weber und Christian Köhler arbeiten als ehrenamtliche Helfer bei der Wasserwacht Augsburg. Sie berichten von Situationen, in denen alle Hilfe vergeblich war und wie sie mit diesen Erfahrungen umgehen.
Eine solche Einsatzsituation erlebten die Augsburger Retter erst vor Kurzem am Kuhsee. Ein 21-jähriger Mann hatte versucht, den See zu durchschwimmen und war dabei untergegangen. Eine 29-jährige Helferin der Wasserwacht und eine Passantin zogen den bewusstlosen Mann aus dem Wasser und starteten sofort Wiederbelebungsmaßnahmen. Anschließend wurde der 21-Jährige ins Klinikum gefahren. Am nächsten Morgen verstarb der junge Mann.
Obwohl Kräfte der Wasserwacht damals zufällig außerplanmäßig am Kuhsee in Bereitschaft waren, konnten sie dem 21-Jährigen nicht helfen. „Solche Situationen verlangen uns als Helfern alles ab“, erklärt Marco Greiner, Sprecher der Wasserwacht Augsburg. Wie geht es Ehrenamtlichen nach solchen Einsätzen?
Durch sein beherztes Eingreifen rettete Benjamin Weber vergangenen Sommer einen 17-Jährigen im Naturfreibad Haunstetten vor dem Ertrinken. Für seinen couragierten Einsatz dankte die Stadt Augsburg dem 32-Jährigen. Weber kennt aber auch Rettungseinsätze, die anders endeten.
Vor einigen Jahren konnte er bei einem Einsatz den Tod eines Zehnjährigen nicht verhindern. „Der Anblick der trauernden Angehörigen ist das Schlimmste an solchen Einsätzen“, sagt Weber. Das bestätigt auch sein Kollege Christian Köhler. Er war 2015 Teil des Einsatzteams, das einen verunglückten Schwimmer aus dem Lautersee rettete. Obwohl die Helfer noch am See mit den Wiederbelebungsmaßnahmen begannen, verstarb der Mann später im Krankenhaus. „Vom Tod des Mannes habe ich erst aus der Zeitung erfahren“, berichtet Köhler. Die Wasserwacht war an diesem Tag im Rahmen einer Übung auf dem Lautersee. „Sogar ein Taucher war bereits im Wasser. Somit hatte der Mann die besten Chancen, gerettet zu werden. Trotzdem sind wir in manchen Situationen machtlos“, erklärt der 28-Jährige: „Wir hinterfragen dann, warum es nicht geklappt hat. Aber ich weiß, dass ich mein Bestes getan habe.“
Sein Kollege Benjamin Weber empfindet die Situation nach schwierigen Einsätzen ähnlich: „Es würde nicht funktionieren, wenn wir unsere Gedanken mit nach Hause nehmen würden.“Der Einsatzleiter und die Kameraden seien in diesen Fällen wichtige Ansprechpartner. „Wir fragen nach, wenn jemand nach einem Einsatz plötzlich still ist, obwohl er sonst viel redet“, erklärt Weber.
Kontakt mit Angehörigen der Verstorbenen haben sie selten. Die seien in solchen Situationen sehr mit sich selbst beschäftigt. Auch sei im Nachgang oft nicht klar, wer die Helfer waren, bei denen man sich melden könnte. „Es kommt aber gelegentlich vor, dass Angehörige den Kontakt suchen und sich bedanken“, sagt Christian Köhler. Vorwürfe von Angehörigen gab es noch nie.
Einstimmig beklagen die beiden Ehrenamtlichen die gestiegene Anzahl an Schaulustigen und Filmern bei ihren Einsätzen. „Als wir eine tote Person aus einem Baggersee trugen, wurde sie sofort gefilmt“, berichtet Benjamin Weber. „Wir mussten ein Tuch hochhalten, um die Würde der Person zu schützen.“ Auch über eine bessere finanzielle Ausstattung würden sie sich freuen: Ihre Einsatzkleidung müssen sie teils selbst bezahlen.
Auf ihre Einsätze bereiten sich die Retter in vielen Trainingseinheiten vor. Im Winter trainieren sie einmal pro Woche in der Halle. Im Sommer üben sie den Ernstfall an Seen und Flüssen. Rund fünf Stunden pro Woche investieren die beiden in ihr Ehrenamt. Während der Badesaison könne es schon passieren, dass sie das gesamte Wochenende im Dienst verbringen, erklären sie. „Wenn ich an heißen Tagen in Uniform Dienst schieben muss, zweifle ich schon ab und zu“, gesteht Benjamin Weber. Die Freunde bei der Wasserwacht gleichen das aber aus. „Ich würde sonst einfach mit den gleichen Menschen am See liegen. Dann kann ich auch arbeiten“, sagt der 32-Jährige.