Am Klinikum entspannt sich die Lage langsam
Seit gestern werden wieder Patienten aufgenommen, die keine Notfälle sind. Die Gewerkschaft Verdi berichtet von kritischen Zuständen in den vergangenen Tagen. Der Warnstreik heute läuft gemäßigt ab
Region Das Klinikum nimmt seit gestern wieder Patienten auf, die auf einen geplanten Eingriff warten und keine Notfälle sind. Wie berichtet hatte das Großkrankenhaus angesichts der Patientenflut durch die Grippe und gleichzeitig hohem Krankenstand bei Mitarbeitern vergangene Woche die Notbremse gezogen und alle verschiebbaren Eingriffe abgesagt. „Die Maßnahmen haben zu einer Entspannung der Lage geführt“, so Sprecherin Ines Lehmann. Allerdings bewege man sich nur „schrittweise“in Richtung des regulären Betriebs.
Auch für einen Teil der betroffenen Patienten war die Lage in den vergangenen Tagen nicht einfach. Bei einigen handelt es sich um Tumorpatienten, die zwar nicht als Notfall sofort operiert werden müssen, bei denen aber dennoch Eile geboten ist, um den Krebs zu stoppen. Man wisse auch um die psychischen Belastungen, so das Klinikum.
Die Gewerkschaft Verdi hatte den Schritt des Klinikums zuvor als „überfällig“bezeichnet. Die Versorgung in Schwaben sei bereits seit Wochen überaus kritisch. Gewerkschafter Stefan Jagel berichtet davon, dass Auszubildende im Klinikum auf einer Station alleine 25 Patienten betreut hätten. Patienten, die auf die Intensivstation gehört hätten, seien angesichts der Kapazitätsengpässe zu früh auf Normalstationen verlegt worden. Auf mehreren Abteilungen hätten Patienten in Betten auf dem Gang gelegen, weil keine Zimmer frei waren. „Wenn ich die Berichte der Pflegekräfte lese, ist jedes Feldlazarett dagegen eine ausgestattete Uniklinik“, so Jagel. Das Klinikum hatte bereits vergangene Woche erklärt, dass Patienten teils in Betten auf dem Gang liegen mussten. „Gangbetten werden immer schnellstmöglich aufgelöst, und die Patienten bekommen innerhalb von wenigen Stunden ein Zimmer“, so Sprecherin Lehmann. Pflegeschüler betreuten je nach Ausbildungsstand und Erfahrungsgrad Patienten, eine examinierte Pflegekraft sei aber stets im Hintergrund.
Die Forderung von Verdi, eine regionale Gesundheitskonferenz einzurichten, bei der Vertreter aller Krankenhäuser an einem Tisch sitzen, begrüße man grundsätzlich. Die momentan angespannte Situation sei eine überregionale Problematik und könne nicht vom Klinikum allein gelöst werden, so Lehmann.
Am Klinikum wird heute in der Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst erneut gestreikt. Angesichts der angespannten Lage passiert das aber eher auf Sparflamme. Aufgerufen sind alle Azubis, Reinigungskräfte und Gewerkschaftsvertreter der Stationen. „Wir sind uns der aktuellen Situation an den schwäbischen Krankenhäusern äußerst bewusst und halten die aktuel- len Arbeitskampfauswirkungen für sehr überschaubar. Wir wollen das durch die Personaleinsparungen der vergangenen Jahre und die aktuelle Grippewelle geschwächte Gesundheitswesen in Schwaben nicht vollständig zum Erliegen bringen“, so Jagel. Seitens des Klinikums heißt es, dass man zwar jede Hand brauche, aber dennoch erkenne, dass die Gewerkschaft „mit Augenmaß“handle. Bei einem Warnstreik vor einigen Wochen, als Verdi den OPTrakt bestreikte, hatte der KlinikVorstand dies angegriffen. Damals hatte die Grippe bereits erste Auswirkungen gezeigt.
Die Situation am Klinikum war gestern auch Thema im Kreisausschuss des Kreistags. In den Augen des Augsburger Landrats Martin Sailer (CSU) leistet das Personal des Klinikums bei der Bewältigung der Grippewelle „in einer schwierigen Situation Herausragendes“. Das gelte auch für die Belegschaft der Wertachkliniken (Bobingen und Schwabmünchen). Sailer ist auch stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender des Klinikums. Im Kreisausschuss ging es um die Folgen der Umwandlung des Großkrankenhauses in eine Uniklinik. Zentrale Herausforderung sei die Gewinnung von Fachkräften, so Gutachterin Dr. Silvia Stiller. Durch die Uniklinik sollen bis zu 6500 Jobs entstehen. Freie-Wähler-Politiker Fabian Mehring betonte, dass das Großkrankenhaus jetzt schon unter Fachkräftemangel leide. Wie berichtet ist ein Teil der Intensivbetten am Klinikum dauerhaft gesperrt, weil das Haus sich schwertut, genügend Personal zu finden. Auch in der Notaufnahme, die baulich erweitert wurde, gibt es nicht genug Personal, um die zusätzlichen Behandlungsplätze betreiben zu können. Wenn Mitarbeiter neues Pflegepersonal werben, zahlt das Klinikum dem Mitarbeiter und dem Neuankömmling 2500 bzw. 1000 Euro.
Wie im Kreisausschuss weiter bekannt wurde, muss die Geburtshilfe der Wertachklinik Schwabmünchen über die Osterfeiertage vorübergehend pausieren. Hintergrund ist der Mangel an Hebammen.