Der Herr über 200 Kilometer Straße
Willi Erhard kam 2013 völlig unerwartet zum Posten des Bauhofchefs in Friedberg. Was dem gelernten Maurermeister bei seiner Aufgabe besonders am Herzen liegt
Friedberg Als Willi Erhard vor sechs Jahren bei der Stadt Friedberg als Fachbereichsleiter für den Hochbau angefangen hat, da haben ihm viele Bekannte keine lange Karriere beim Baubetriebshof prophezeit: Mit gerade mal 30 Jahren sei er zu jung und als Maurermeister die Abläufe innerhalb einer Verwaltungsstruktur nicht gewohnt. Als der ebenfalls neue Leiter des Bauhofs nach kurzer Zeit wieder ging, übernahm Erhard ab 2013 seinen Posten. „So mussten sich dann doch alle mit einem jungen Chef abfinden“, erinnert er sich schmunzelnd, „aber natürlich bedeutete das anfangs auch für mich eine ziemliche Umstellung.“
Heute wirkt der gebürtige Rohrbacher maßgeblich an einem wichtigen Millionenprojekt mit, wenn er in der Planungsgruppe für einen neuen Bauhof seine Erfahrungen und Vorschläge mit einbringt. Rund 13 Millionen Euro soll der Neubau am Standort Luginsland kosten und bis 2020 fertig sein, wenn alles gut geht. „Das bindet schon viel Arbeitszeit“, sagt er, aber es liegt ihm am Herzen, dass die Steuergelder der Friedberger vernünftig eingesetzt werden und der Bauhof funktional wird und kein Protzpalast.
Sein erklärtes Ziel, bei den Bürgern und seinen rund 50 Mitarbei- tern ein neues Bewusstsein zu entwickeln, hat der Willi, wie ihn alle nennen, in den vergangenen Jahren weitgehend erreicht. Fünf Mann stehen um einen Gullyschacht und starren gemeinsam in das Loch – solche Klischeevorstellungen wollte er durch ein besseres Image ersetzen, die Öffentlichkeitsarbeit verstärken und interessante Projekte „Der Schlossweiher und die Treppensanierung dort sind nur ein Beispiel dafür, was unsere Leute können“, sagt er mit sichtlichem Stolz auf sein Team, „auf das ich mich auch außerhalb der geregelten Arbeitszeiten verlassen kann.“
Wenn es am Wochenende eine Ölspur gibt oder, wie kürzlich am Abend, ein schweres Unwetter über Bachern niedergeht, dann genügen kurze Telefonate und die Männer vom Bauhof sind zur Stelle. So wie Tag für Tag bei Hitze oder Eiseskälte im mehr als 80 Quadratkilometer großen Stadtgebiet, in dem die Arbeit niemals endet. In den Grünanlagen und städtischen Wohnungen, bei der Baumpflege, beim Laubsamverwirklichen. meln und Straßenkehren, bei der Spielplatz- und Gewässerpflege, dem Altstadtfest und vielen anderen Veranstaltungen ist der Bauhof im Einsatz und zuständig für 500000 Quadratmeter Grünfläche sowie mehr als 200 Kilometer Straßen. Erhard ist zugleich Fachbereichsleiter für den Hochbau und wird unterstützt von Herbert Wittmann sowie Ralf Seyfried, die für den Tiefbauund Grünbereich verantwortlich sind.
Mit einer 35-Stunden-Woche ist es für den Chef nicht getan, der selbst in seiner Freizeit gern an Bauund Einsatzplänen tüftelt, um die Betriebsabläufe zu optimieren. „Denn wir sind es den Bürgern schuldig, dass wir ordentlich mit ihrem Geld umgehen und genauso wirtschaftlich arbeiten wie jedes Unternehmen!“Hilfreich bei der täglichen Arbeit ist der direkte Draht ins Friedberger Rathaus, denn der Bauhof ist Bürgermeister Roland Eichmann unterstellt, der für Erhards Ideen sehr aufgeschlossen ist. „Diese Unterstützung und der enge Kontakt zu den Friedbergern machen die Arbeit angenehm“, sagt der 36-Jährige. Daheim in Rohrbach hat er eine Nebenerwerbslandwirtschaft und vier Kinder im Alter zwischen 14 Wochen und acht Jahren; ehrenamtlich engagiert er sich in der Feuerwehr.