Milliarden für marode Schulen
Der Bund stellt über drei Milliarden Euro für Schulsanierung zur Verfügung. Doch nicht alle Gemeinden profitieren. Kritiker sagen, das Geld wird ungerecht verteilt, und wollen klagen
Augsburg Dreieinhalb Milliarden Euro für die Sanierung kaputter Toiletten, maroder Dächer und anderer Baustellen an Schulen – das klingt erst einmal gut. Noch dazu, wenn das Geld nicht die Bundesländer zur Verfügung stellen müssen, die sonst für Schulbauten Zuschüsse geben. Stattdessen zahlt der Bund. Um das möglich zu machen, wurde sogar das Grundgesetz geändert. Denn bisher war es dem Bund verboten, Kommunen direkt zu bezuschussen. Doch die Finanzspritze, so sehen es Kritiker, könnte rechtswidrig sein. Das Land Berlin prüft sogar eine Verfassungsklage. Warum das?
Quelle der Kritik sind die Vergabekriterien der Milliarden, die ein kleiner Teil des großen, vergangene Woche beschlossenen Bund-Länder-Finanzpakts sind. Denn vor allem finanzschwache Kommunen sollen profitieren. Finanzschwäche errechnet sich in diesem Fall mit einer komplizierten Gleichung aus Einwohnerzahl, Arbeitslosenquote und aus der Höhe der sogenannten Kassenkredite, die eine Kommune aufgenommen hat. Städte und Gemeinden können sich damit bei Banken kurzfristig Geld leihen. Kommunen, die sich mit Krediten finanzieren, würden also belohnt, sagt etwa der Berliner Rechtswissenschaftler Christian Waldhoff. Er sitzt im wissenschaftlichen Beirat des Finanzministeriums – und wertete den Beschluss kürzlich im
ARD-„Bericht aus Berlin“dennoch als „verfassungswidrig“.
Von der Finanzspritze profitieren dürften vor allem Schulen in Nordrhein-Westfalen. Das Land verzeichnet fast die Hälfte aller bundesweit ausgestellten Haushaltskredite. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg hingegen gibt es das Instrument der Kassenkredite nicht. Das heißt: Die Schulen dort bekommen wohl kaum etwas – und das, wo gerade in Berlin Schulgebäude in teils desolatem Zustand sind.
„Das ist ein Verteilungsschlüssel, der Stadtstaaten benachteiligt“, sagt Eva Henkel, Sprecherin der Senatsverwaltung für Finanzen in Berlin. Man wolle erreichen, dass diese Art der Verteilung künftig nicht mehr angewandt wird. Auch mit Hamburg und Bremen sei man deshalb im Gespräch. Doch der jahrelang ausgerungene Bund-Länder-Finanzpakt beinhaltet viel mehr als die Schulsanierungen, unter anderem die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Hier ist Berlin weiter einer der größten Profiteure, deshalb will das Land auch nicht das ganze Paket anfechten. Bayern übrigens
Warum Bayern trotz geringer Ausbeute stillhält
erhält für seine Schulen 8,2 Prozent der 3,5 Milliarden Euro an Sanierungshilfen. Das sind 287 Millionen Euro. Obwohl bayerische Schulen damit weniger profitieren als die anderer Bundesländer, hört man aus dem Münchner Finanzministerium keine Kritik. Denn im großen Ganzen ist die Neuregelung der BundLänder-Finanzen für den Freistaat ein Riesenerfolg: Er muss jährlich 1,3 Milliarden Euro weniger an die anderen Bundesländer abtreten als zuvor. Das Geld kann man in andere Baustellen investieren. In Schulen zum Beispiel.