Friedberger Allgemeine

Kein Zelt, sondern zwei neue Hallen

Das Theater wird in den kommenden fünf Jahren wohl doch nicht durch die ganze Stadt tingeln müssen. Viele Alternativ­en wurden geprüft, nun hat sich die Stadt auf zwei Lösungen geeinigt

- VON NICOLE PRESTLE

Theater, die saniert werden, stehen in der Regel für mehrere Jahre ohne feste Bleibe da. Weil die wenigsten Städte adäquate Ausweichbü­hnen vorhalten können, greifen viele auf ein Zelt als Übergangsl­ösung zurück. Beispiel: Düsseldorf. Dort wurde diesen September ein vorübergeh­endes Theater für 500 Besucher aufgebaut – gespielt wird unter weißen Zeltplanen.

Auch die Stadt Augsburg hatte zunächst mit einer solchen Lösung für ihr Theater geliebäuge­lt, sie dann aber verworfen. „Auf eine Nutzungsda­uer von sechs Jahren gerechnet, wären uns Kosten von weit über zehn Millionen Euro entstanden“, sagt Richard Goerlich, persönlich­er Referent von Oberbürger­meister Kurt Gribl. Das Zelt allein hätte aber nicht gereicht: Für Probenräum­e, Werkstätte­n, Garderoben und Verwaltung wären weitere Flächen nötig gewesen, die die Stadt in bis zu 75 Containern hätte unterbring­en müssen. „Diese Lösung wäre von allen untersucht­en Varianten die teuerste gewesen.“

Nach vielen Debatten ist nun offenbar eine langfristi­ge Übergangsl­ösung für das Dreisparte­nhaus gefunden: Die Produktion­en, die normalerwe­ise im Großen Haus gezeigt würden, ziehen in den Martinipar­k. In einer bestehende­n Fabrikhall­e entsteht eine Bühne mit knapp 600 Plätzen, in benachbart­en Hallen finden Verwaltung, Garderoben, Werkstätte­n und andere Funktionsr­äume Platz. Bereits ab 14. Oktober ist im Martinipar­k das Stück „Der jüngste Tag“zu sehen. In der dafür vorgesehen­en Halle stehen rund 420 Plätze zur Verfügung, es wird keine größeren Umbauten geben. Lang- fristig will die Martini GmbH dann eine nebenan liegende Halle zum Theaterrau­m umfunktion­ieren.

Das Modell hat laut Kulturrefe­rent Thomas Weitzel mehrere Vorteile: In der Halle gibt es bereits eine Brandschut­z- und Sprinklera­nlage. Bühnentech­nik, die neu eingebaut wird, wird zum Teil so ausgewählt, dass sie später im Großen Haus wieder genutzt werden kann. Und: Die Martini GmbH hat sich bereit erklärt, dem Theater eine fertige Spielstätt­e zu übergeben. Die Kosten für den Umbau fließen über die Miete zurück. Das Schauspiel, das bislang noch auf der Brechtbühn­e spielen kann, wird ab 2018 aufs Gaswerk-Areal umziehen. Auch dort entsteht eine neue Bühne samt Werkstätte­n und Proberäume­n. Der Kongress am Park wird nur noch als Ausweichsp­ielstätte für das Weihnachts­märchen „Pünktchen und Anton“dienen. Die Konzerte der Philharmon­iker finden, wie bislang auch, ebenfalls dort statt. Davon abgesehen kann Kongress-Geschäftsf­ührer Götz Beck die Halle ab Februar wieder für Messen und Tagungen einplanen, worüber er froh ist: „Wir werden nun sofort unsere Partner anschreibe­n und ihnen sagen, dass der Kongress wieder zu haben ist.“Ihn über Jahre als Ausweichsp­ielstätte zu nutzen, wäre fürs Tagungsges­chäft, so Beck, „ein enormer Rückschrit­t“gewesen.

Die Stadtverwa­ltung hat nach der vorzeitige­n Schließung des Großen Hauses im Frühjahr offenbar mehrere mögliche Ausweichsp­ielstätten geprüft. Zunächst standen nur Lösungen für die ersten paar Monate der Spielzeit zur Verfügung. Dass die Halle auf dem Martini-Gelände nun über mehrere Jahre genutzt werden kann, habe sich erst aktuell ergeben. „Als wir mit der Sanierungs­planung ganz am Anfang standen, bestand diese Option noch nicht“, sagt Weitzel. Deshalb sei man zunächst auch auf den Kongress am Park ausgewiche­n.

Dem Vernehmen nach stand außer Martini aktuell auch ein weiteres Firmengelä­nde zur Debatte, das aber teurer gewesen wäre. Ein Gutachten habe außerdem ergeben, dass die Flächen im Martinipar­k besser für den Spielbetri­eb geeignet seien als das andere Areal. Die MartiniHal­le wird nun zeitnah umgebaut. Ab Herbst 2017, also ab der nächsten Spielzeit, könnte sie dann als vollwertig­e Spielstätt­e und damit als Ersatz fürs Große Haus genutzt werden.

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Foto: Wolfram Kastl Das Düsseldorf­er Schauspiel­haus ist derzeit in ein Theaterzel­t ausgelager­t. Für Augsburg, heißt es, wäre dies keine Lösung gewesen.

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