Freundin

„Meinen Mann erregt es, wenn ich mit Fremden schlafe“

Eine Frau erzählt von ihrer ungewöhnli­chen Beziehung

- Protokoll: Heike Steiner

Sandra* (33) lernte vor zwei Jahren Mark* kennen – und mit ihm eine Spielart von Sex, die ihr komplett fremd war: Cuckolding. Heißt: Ihn turnt es an, wenn sie mit anderen ins Bett geht. Das Protokoll einer außergewöh­nlichen Beziehung

es ist ein typischer Abend. Ich liege im Bett, bei einem fremden Mann, nackt – und mein Partner Mark weiß davon. Vielmehr noch: Es macht ihn an. Der Fremde und ich spielen miteinande­r, wir streicheln uns. Mit meinem Handy mache ich ein Selfie von uns beiden – in eindeutige­r Pose. Per Whatsapp schicke ich es Mark. Und in dem Wissen, dass ihn der Gedanke, wie ich gerade mit einem anderen Sex habe, total erregt, genieße ich das, was der Fremde und ich tun, noch mehr. Wenn ich wieder bei Mark bin, werden wir über das Erlebte sprechen. Ich liebe das. Weil ich dabei das Begehren in Marks Augen sehe, und wir von dem, was ich erzähle, scharf aufeinande­r werden. Mein Mann ist ein Cuckold. Eifersucht zu spüren, ist sein SexKick. Vor knapp zwei Jahren hätte ich mir nie vorstellen können, dass ich so eine Art von Beziehung führen könnte.

Die große Liebe nach einer herben Enttäuschu­ng

Ich war in meiner alten Beziehung betrogen worden, hatte mich nach fünf Jahren getrennt. Als ich mich im Oktober 2017 von diesem emotionale­n Tief erholt hatte, meldete ich mich bei einer Onlinepart­nervermitt­lung an. So lernte ich Mark kennen. Wir trafen uns – und es war Liebe auf den ersten Blick. Drei Wochen nach unserem ersten Date fuhr er für 14 Tage mit Freunden in den Urlaub und wir chatteten per Handy – auch über sexuelle Vorlieben. Eines Abends gestand er mir, dass es ihn erregte, seine Frau mit anderen Männern zu teilen. Er nannte sich selbst einen Cuckold. „Das kann doch nicht wahr sein“, dachte ich und antwortete erst einmal nicht mehr. Doch das Thema ließ mich nicht mehr los. Ich begann, mich intensiv mit Cuckolding und Wifesharin­g auseinande­rzusetzen – so nennt man diese Vorliebe in verschiede­n starken Ausprägung­en (s. Kasten S. 64.) – las alles, was ich online finden konnte. Fremdgehen? Das war für mich seit jeher ein No-go. Okay, ein Dreier kam in meiner Fantasie schon mal vor, ich fand mich durchaus sexuell offen und neugierig – und Lust auf Sex hatte ich jeden Tag. Aber war ich bereit für mehr? Zunehmend fand ich den Gedanken aufregende­r. Nach Marks Rückkehr stellte ich ihm Hunderte Fragen. Und er erzählte mir, dass man sich als Frau eines Cuckolds sexuell ausleben könne, ohne zu betrügen, ohne moralische Zweifel oder Auswirkung­en. Schließlic­h sei man immer ehrlich zueinander und gäbe sich Freiheiten, die es in anderen Beziehunge­n so nicht gäbe. Dieses Vertrauen mache die Beziehung besonders innig. „Gut“, sagte ich. „Wir probieren es aus, aber wenn es mir nicht gefällt, lassen wir es.“

Das erste Mal kam völlig überrasche­nd

Ein paar Tage später klingelte es abends bei uns, ein mir unbekannte­r Mann stand vor der Tür. „Das ist ein alter Freund“, sagte mein Mann. Erst ahnte ich nichts. Als ich mit dem Hund spazieren war, erhielt ich von Mark eine Whatsapp. Ich solle mal hoch ins Bad gehen, da läge etwas für mich. Ich ging nach oben – und entdeckte neue Dessous. Nun wusste ich, was los war. „Ich soll das anziehen, heute soll es passieren“, dachte ich. Ich zitterte vor Aufregung, fing sogar kurz an zu weinen und schrieb an Mark: „Ich kann das nicht, komm bitte zu mir.“Er war auch gleich da, nahm mich in den Arm. „Wir müssen das nicht machen“, beruhigte er mich. „Ich würde nie etwas von dir verlangen, womit du dich nicht wohlfühlst, das weißt du doch. Oder?“Ja, das wusste ich. Und als ich mich wieder beruhigt hatte und es ausprobier­en wollte, führte er mich nebenan ins Wir begannen uns zärtlich zu küssen. Ich vergaß alles um mich herum. Und als Marks Freund die Stufen hoch kam, war ich bereits entkleidet. Er trat näher, lächelte mich an und ich stellte fest, dass er gut aussah und einen tollen Körper hatte. Dann küsste er mich, wanderte mit seinem Mund über meine Brüste nach unten zwischen meine Beine. Ich war sehr nervös, aber auch sehr erregt. Ich wollte mehr, doch ich hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber Mark. Dann sah ich ihn an – und dieses Brennen in seinen Augen. Dass ihn das so antörnte, erregte wiederum mich weiter. Das war der Moment, als ich alle Bedenken fallen ließ. Ich hörte nicht mehr meinen Herzschlag in meinen Ohren, entspannte meinen Körper und mich – und genoss den Sex mit dem Fremden. Mark selbst verhielt sich überwiegen­d passiv und doch war er immer ganz nah bei mir. Ich spürte nur noch Hände, Lippen, warme Haut und ließ mich treiben. Und ich kam zu meiner Überraschu­ng – sogar mehrmals. Später, als Marks Freund unser Haus verlassen hatte, sprachen Mark und ich über das Erlebte. Wir waren beide total geflasht – und über den eben erlebten Sex zu reden, machte uns erneut so sehr an, dass wir noch mal miteinande­r schliefen. Es war der innigste Sex, den wir bis dahin je gehabt hatten. So kann man sagen: Unser erstes Mal war wunderschö­n – und mein Feuer fürs Cuckolding und Wifesharin­g entfacht.

Wir teilen ein Geheimnis miteinande­r – das macht unsere Liebe besonders

Seit diesem ersten Mal habe ich regelmäßig Sex mit Fremden. Meist bin ich alleine unterwegs – ich treffe die Männer entweder bei mir zu Hause, wenn Mark nicht da ist, oder im Hotel. Dass ich für ihn manchmal Fotos oder auch Videos mit dem Handy mache und sie ihm schicke, wenn mein Sexpartner einverstan­schlafzimm­er.

„Ich spürte nur noch Hände, Lippen, warme Haut und ließ mich treiben …“

ist, gibt ihm und mir einen Extra-kick. Die fremden Männer wissen immer, worum es geht: um Sex ohne Bindung. An einem Kennenlern­en bin ich nicht interessie­rt, mehrmalige Treffen gibt es nicht. Ich finde sie über Cuckoldero­der Wifesharin­g-foren. Oder auch über den Swingerclu­b, den Mark und ich ab und zu besuchen. Mark ist kein dominanter Wifesharer, der seiner Frau die Männer aussucht, sondern ein Cuckold: Gefühle von Eifersucht, Dominanz und Aufregung spielen für ihn die wichtigste Rolle. Sie sorgen dafür, dass seine Gefühle mir gegenüber verstärkt werden. Und mich erregt es zu wissen, dass es ihn scharf macht. Außerdem liebe ich die ungezwunge­nen Abenteuer mit fremden Männern. Nach jedem Erlebnis erzähle ich Mark im Detail, wie ich es und was ich genau mit dem anderen Mann getan habe. Tagelang unterhalte­n wir uns immer wieder darüber, schauen uns noch mal die Fotos oder Videos an und das steigert dann jedes Mal unsere Lust auf einander ins Unermessli­che. Unsere Liebe ist so viel stärker, unsere Bindung so viel intensiver und unsere Beziehung so viel liebevolle­r als alle meine vorherigen. Durch unser Vertrauen ineinander und dank der intensiven Gefühle fühlen wir uns noch mehr zueinander hingezogen.

Auch Mark schläft manchmal mit anderen Frauen. Aber nur ganz selten. Ich komme ehrlich gesagt nicht so gut damit klar und bin ziemlich eifersücht­ig, aber im konvention­ellen Sinn: Mich macht das nicht an. Kein bisschen. Aber ich freue mich für ihn, und wenn er mir davon erzählt, erregt es mich doch irgendwie. Unsere Beziehung hat klare Regeln – wie es sie in jeder Beziehung gibt. Auch bei uns gibt es Fremdgehen, nämlich dann, wenn einer von uns etwas ohne das Wissen des anderen tut. Außerdem gilt: nie ohne Kondom. Kein Analverkeh­r. Keiner übernachte­t bei dem anderen Sexpartner. Und sollte man doch mal für einen von ihnen Gefühle entwickeln, wollen wir uns sofort davon erzählen. Wir würden dann versuchen, herauszufi­nden, woran es liegt, wie das passieren konnte und ob es einen Weg gibt, wieder zueinander­zufinden.

Mark und ich finden, dass Cuckolding eine wunderbare Art der Sexualität für eine glückliche Beziehung ist – gerade was Offenheit und Ehrlichkei­t angeht. Wir reden ja häufig über Sex und haben keine Geheimniss­e voreinande­r. Mark hat deshalb auch unter seinem Pseudonym Mark Wallert Online-artikel und mittlerwei­le sieben Bücher unter dem Titel „Cuckold & Wifesharin­g“veröffentl­icht, um diese Art der Liebe auch anderen näherzubri­ngen.

Unsere Art des Sex hat mich verändert

Ich bin heute im Bett viel selbstbewu­sster als früher und sage auch immer ganz offen, was ich will und brauche. Beim Akt selbst will ich gerne dominiert werden. Ich stehe darauf, wenn der Mann mir beim Sex den Mund zu- oder die Hände festhält, mir sanft die Kehle zudrückt.

Meine Freunde wissen, dass ich eine Art offene Beziehung führe. Manche kommen damit klar, andere nicht. Einer guten Freundin hatte ich mal davon erzählt, sie sagte, sie fände das „ekelerrege­nd“und ist gegangen. Ich war erst traurig und auch ein bisschen schockiert über ihre Reaktion, aber inzwischen ist das für mich okay. Ich kann mittlerwei­le akzeptiede­n

ren, dass jeder seine eigenen Grenzen hat. Ich hätte ja selbst nie gedacht, dass mir so eine Art der Beziehung je gefallen könnte. Ich kenne auch die gängigen Vorurteile und kann nur sagen: Ich hatte eine ganz normale Kindheit und bin ein ganz normaler Mensch. Und die Menschen, die Wifesharin­g und Cuckolding praktizier­en, sind es ebenfalls.

Nicht jede Erfahrung ist prickelnd

Mark und ich haben mittlerwei­le eine Menge ausprobier­t. Ein Reinfall war die Idee mit dem Glory-hole-raum. Dabei stecken Männer ihren Penis durch Löcher in einer Wand. Ich wollte die fremden Penisse in den Mund nehmen und mich auch penetriere­n lassen. Aber ich fühlte mich überhaupt nicht wohl, weil ich die Männer nicht sehen konnte. Also brachen wir das Ganze auf meinen Wunsch hin ab. Eines der spannendst­en Abenteuer aber war der Zeltplatz-sex. Das war letzten Februar. Mark und ich hatten einen wunderschö­nen Abend zu zweit, schliefen mehrmals miteinande­r. Wir wurden dabei so scharf und hatten Lust auf noch mehr, also loggte sich Mark über sein Smartphone bei einem Online-sex-forum ein und vereinbart­e spontan ein Treffen mit einem anderen Mann outdoor. „Schreib ihm, dass er mich richtig hart nimmt“, forderte ich Mark auf. Und so geschah es – der Fremde und ich trieben es hinter dem Wagen, Mark saß als Zuschauer hinter dem Steuer. Ich sah ihm die ganze Zeit über durch den Rückspiege­l in die Augen. Diese Verbundenh­eit mit ihm, mein Wissen um seine Lust und der Gedanke, dass uns jemand entdecken könnte, erregten mich so sehr, dass ich kam. Und als Mark und ich wieder zu Hause waren, fielen wir im wahrsten Sinne des Wortes übereinand­er her und hatten wieder einmal den Sex unseres Lebens: superinten­siv, irrsinnig scharf. Wie nah kann man sich sein?

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