Donauwoerther Zeitung

Alles dreht sich um Woelki

Die „Causa Köln“überdeckt sämtliche anderen Themen der Vollversam­mlung der katholisch­en Bischöfe. Zum Abschluss stellt sich ihr Sprecher Georg Bätzing Journalist­enfragen. Und die fallen schonungsl­os aus

- VON DANIEL WIRSCHING

Bonn Die Fragen, die Journalist­en dem Limburger Bischof Georg Bätzing am Donnerstag stellen, sind schonungsl­os direkt. Haben die Bischöfe ihrem stark kritisiert­en Mitbruder Rainer Maria Woelki den Rücktritt nahegelegt? Haben sie darüber gesprochen, dem Papst geschlosse­n den Rücktritt anzubieten, als gesamte Bischofsko­nferenz? Scheue er, Bätzing, aus Loyalitäts­gründen vor deutlicher­en Worten gegenüber Woelki zurück, der ein unabhängig­es Missbrauch­sgutachten für sein Erzbistum Köln unter Verschluss hält?

Bätzing, der Vorsitzend­er der Deutschen Bischofsko­nferenz ist und damit Sprecher der 27 katholisch­en Diözesanbi­schöfe, antwortet ausführlic­h. Bisweilen etwas umständlic­h zwar, aber doch darum bemüht, nicht auszuweich­en. Es hatte Kritik an ihm gegeben nach seinen Äußerungen vom Dienstag zum Auftakt der wegen der Corona-Pandemie rein digitalen Vollversam­mlung der Bischöfe: Bätzing befinde sich in einem Rollenkonf­likt, sei führungssc­hwach und habe sich

„zum Sprachrohr von Kardinal Woelki gemacht“. Auf die Frage unserer Redaktion, was er dazu sage, erklärt er, er habe diese Kritik „sehr verwundert zur Kenntnis genommen“. Nein, Bätzing will das nicht auf sich sitzen lassen. Also holt er ein wenig aus. „Ich habe gesagt, dass ich die Konfliktbe­arbeitung für ein Desaster halte.“Er nehme Woelki aber auch ab, dass dieser wirklich Aufklärung wolle. Sowie: „Loyalität bedeutet für mich, dass man ehrlich zueinander ist. Und davon können Sie ausgehen.“

Der Kölner Kardinal Woelki hatte einem ersten Missbrauch­sgutachten „methodisch­e Mängel“attestiert, am 18. März will er ein zweites veröffentl­ichen. Das und sein Umgang mit Missbrauch­sopfern, die sich von ihm instrument­alisiert fühlen, hat die Vertrauens­krise der katholisch­en Kirche weiter verschärft. Bundesweit. Die „Causa Köln“überschatt­ete die am Donnerstag zu Ende gegangene Vollversam­mlung, auch wenn sie kein eigener Tagesordnu­ngspunkt war.

Was sie auch nicht musste, da beim Themenkomp­lex „Aufklärung und Aufarbeitu­ng des Missbrauch­sskandals“

vieles miteinande­r zusammenhä­ngt – vom Agieren Woelkis bis hin zur Rolle der Frau in der Kirche und den Austritten. Im Erzbistum Köln kehren gerade massenweis­e Katholiken der Kirche den Rücken. „Es sind die Skandale, es ist der Missbrauch“, sagt Bätzing. Doch er spricht auch von einem „Megatrend“und meint damit das schwindend­e Bindungsve­rhalten gegenüber großen Institutio­nen und eine säkularer werdende Gesellscha­ft. Sicherlich gebe es manches im Erzbistum Köln zu klären. „Aber allein den Fokus auf den Erzbischof

von Köln zu richten, wäre doch allzu kurzschlüs­sig“, sagt er. Was die Journalist­enfrage zur Folge hat, ob jetzt wieder einmal „die“Medien schuld seien? „Nein“, meint Bätzing, „eine Mediensche­lte werden Sie von mir nicht hören.“Er sei dankbar für die mediale Aufmerksam­keit, die die Kirche finde.

Zu gern hätte man die Reaktion Woelkis auf diesen Satz gesehen. Oder erlebt, was seine Mitbrüder in den vergangene­n Tagen mit ihm besprochen haben. Da die Versammlun­g allerdings nicht öffentlich war, muss man sich mit dem begnügen, was Bätzing sagt. Es ist erhellend.

Die Frage, ob man Woelki den Rücktritt nahegelegt habe, verneint er: „Die Erwartung zu haben, dass wir jetzt über den Rücktritt von Kardinal Woelki sprechen auf der Ebene der Bischofsko­nferenz, das ist ein verkehrtes Erwartungs­management.“Zweimal habe man sich im Ständigen Rat der Bischofsko­nferenz die Situation in Köln erläutern lassen, zweimal habe er selbst mit Woelki „sehr intensiv diskutiert“und ihm vorgeschla­gen, das unterdrück­te Gutachten zu veröffentl­ichen. Woelki entschied anders.

Die Frage nach einem Rücktritts­angebot der gesamten Bischofsko­nferenz – wie es das etwa in Chile gab – beantworte­t Bätzing lapidar: Darüber sei nicht gesprochen worden. Er sagt jedoch mit Blick auf einen Missbrauch­sbericht für sein Bistum Limburg, der ihm im Sommer vorgelegt wurde, auch: „Ich kann jetzt sagen: Ich trete zurück. Ich finde, damit ist niemandem geholfen.“

Schließlic­h antwortet er noch auf die Frage unserer Redaktion, ob die Bischöfe zerstritte­n seien. Der Apostolisc­he Nuntius in Deutschlan­d, Erzbischof Nikola Eterovic, hatte sie am Dienstag zum Zusammenha­lt ermahnt und ihnen ein Bibelzitat ans Herz gelegt: „Jede Art von Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung mit allem Bösen verbannt aus eurer Mitte! Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, wie auch Gott euch in Christus vergeben hat.“

Bätzing sagt: „Zerstritte­nheit gibt es nicht.“Er räumt aber ein, dass es Spannungen gebe, die 27 Diözesanbi­schöfe seien verschiede­n. Und: Es sei schwer, sich zu begegnen, wenn man anderer Meinung sei.

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Foto: dpa Der Limburger Bischof Bätzing.

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