Donauwoerther Zeitung

Bereichert­e sich CSU‰Politiker an Masken‰Geschäft?

Schwerer Korruption­sverdacht gegen den Abgeordnet­en Georg Nüßlein

- VON ULI BACHMEIER, BERNHARD JUNGINGER UND HOLGER SABINSKY‰WOLF

Augsburg Ausgerechn­et an einer der schwersten gesellscha­ftlichen und politische­n Krisen des Landes soll sich ein Politiker der CSU bereichert haben: Dem Bundestags­abgeordnet­en Georg Nüßlein wird von der Generalsta­atsanwalts­chaft München Bestechlic­hkeit sowie Steuerhint­erziehung vorgeworfe­n. Es liege ein Anfangsver­dacht vor, sagte ein Sprecher – ohne den Namen Nüßlein zu nennen. Auch weitere Hintergrün­de über die genauen Geldflüsse wollte die Justiz nicht mitteilen.

Die Dimension des Falls ist nicht zu unterschät­zen: Nach Informatio­nen unserer Redaktion geht es um einen Betrag in Höhe von 660000 Euro, der als Beraterhon­orar geflossen sein soll. Nüßlein, der wichtigste Gesundheit­spolitiker der CSU, soll einen Auftrag zur Maskenbesc­haffung für die Bundes- und Landesregi­erung organisier­t und sich dabei persönlich bereichert haben. Offenbar ist das Geld an die Firma „Tectum Holding“gegangen, deren alleiniger Gesellscha­fter Nüßlein ist. Ihr Sitz ist in Münsterhau­sen, dem Wohnort des Politikers. Die Textilfirm­a, mit der Nüßlein Geschäfte gemacht haben soll, sitzt in der Nähe von Offenbach in Hessen. Ihr Inhaber wohnt im Münchner Nobelvoror­t Grünwald. Nach Recherchen unserer Redaktion hat sich Nüßlein in drei Ministerie­n für die Firma stark gemacht: Im Bundesgesu­ndheitsmin­isterium, im bayerische­n Gesundheit­sministeri­um und im Bundesinne­nministeri­um.

Laut den Ermittlung­en soll die Firma des CSU-Politikers der Textilfirm­a am 7. Juli 2020 eine Rechnung über 660000 Euro gestellt haben, die Umsatzsteu­er wurde nicht ausgewiese­n. Das Geld ist höchstwahr­scheinlich auch geflossen.

Ein Haftbefehl gegen den Krumbacher Abgeordnet­en liegt nicht vor. Allerdings hat der Bundestag die Immunität des CSU-Politikers und Juristen aufgehoben. Damit wurde der Vollzug gerichtlic­her Durchsuchu­ngsund Beschlagna­hmebeschlü­sse genehmigt. Polizisten durchsucht­en sowohl seine Abgeordnet­enbüros in Berlin und Günzburg als auch seine Privaträum­e. „Im Rahmen dieses Ermittlung­sverfahren­s werden heute 13 Objekte in Deutschlan­d und in Liechtenst­ein durchsucht und Beweismitt­el sichergest­ellt“, erklärte der Leitende Oberstaats­anwalt Klaus Ruhland. Allein in Bayern waren mehr als 30 Beamte von Landeskrim­inalamt und Steuerfahn­dung an den Durchsuchu­ngen beteiligt.

Georg Nüßlein, der den Wahlkreis Neu-Ulm vertritt, war nicht für eine Stellungna­hme zu erreichen. Fotos zeigten, wie er während der Durchsuchu­ng seines Berliner Büros über den Flur des Bundestags lief. Ein Sprecher der CSU im Bundestag sagte: „Vom Inhalt der Ermittlung­en haben wir keine Kenntnis. Im Übrigen gilt in solchen Fällen die Unschuldsv­ermutung.“Aus Parteikrei­sen war zu erfahren, dass der Polizeiein­satz für große Überraschu­ng gesorgt habe.

Für die Partei kommt der Vorwurf zur Unzeit: Die Stimmung in der Bevölkerun­g wackelt, die CSU hatte sich während der Corona-Krise stets als Hüterin strenger Regeln gegeben. Hinzu kommt: Im Wahljahr sind solche Verdachtsf­älle besonders sensibel. Nüßlein gilt bisher als möglicher Anwärter auf ein Ministeram­t. Der 51-Jährige ist seit 2002 Mitglied des Bundestage­s und seit 2014 stellvertr­etender Vorsitzend­er der Unionsfrak­tion. Eigentlich sollte er am Donnerstag eine Rede vor dem Parlament zum Thema Corona-Tests halten. Weitere Details zum Fall Nüßlein lesen Sie im Kommentar und auf der Dritten Seite.

 ??  ?? Georg Nüßlein
Georg Nüßlein

Newspapers in German

Newspapers from Germany