VR guckt in die Röhre
Virtuelle Realität, vermittelt mit Hilfe einer Spezialbrille – darin sah man einst die Zukunft der Videospiele. Was aus dem Hype wurde
Wenn Spieleentwickler Valve ein neues Spiel in der „Half Life“-Reihe herausbringt, dann geht es vor allem um eines: technische Innovation. So sollte es auch bei „Half Life Alyx“sein. Das Spiel war von vorneherein für virtuelle Realität (VR) konzipiert und sollte zeigen, was mit der Technik möglich ist.
Dafür wurde es mit Dutzenden positiver Kritiken bedacht, sogar als „VR-Meisterstück“bezeichnet. Das Spiel war geplant als Killer-Anwendung für VR: eine Software, wegen der sich jeder die notwendige Hardware zulegen will.
Einer Bitkom-Umfrage zufolge hat rund ein Drittel der Befragten VR schon einmal ausprobiert. Zehn Prozent haben ein Headset zu Hause. Dabei sind Videospiele die am meisten genutzten VR-Inhalte.
„Die Killer-App gibt es nach meiner persönlichen Meinung noch nicht“, sagt Phillip Steinfatt, Mitgründer der Community-Plattform „VR-Nerds“. „Garantiert haben sich zwar Leute, die sich vorher für VR nicht interessiert haben, für „Half Life Alyx“eine Brille gekauft.“Doch wirklich etwas geändert habe sich nicht am Markt.
Hauptgrund dafür: die hohe finanzielle Einstiegshürde. „Bei VR braucht man einen speziellen PC mit einer High-End-Grafikkarte und dazu noch so eine Brille, die auch recht kostspielig ist“, sagt Steinfatt. Die Kosten für den Rechner lägen bei etwa 1200 Euro, hinzu kämen 400 bis 800 Euro für das Headset und weiteres Zubehör.
Die derzeit wohl günstigste Variante ist die VR-Brille Oculus
Quest ab rund 450 Euro. „Bei der Oculus Quest ist der Knüller, dass sie eine All-in-one-Brille ist. Man braucht keinen Rechner mehr und zahlt nur so viel wie für die nächstgünstige PC-VR-Brille“, sagt Steinfatt. Auch fällt das Kabel weg: Es kann weder das VR-Erlebnis stören noch zur Stolperfalle werden. Dafür sind die Möglichkeiten der Darstellung
begrenzt und die Brille sitzt deutlich schwerer auf Stirn und Nase.
Für Besitzerinnen und Besitzer einer Playstation 4 bietet sich die Investition in Playstation VR an. Das Headset gibt es für rund 230 Euro, hinzu kommen Kosten für eine externe Kamera und zwei Move-Controller, wenn man das volle Setup nutzen möchte. Die Plattform von Sony hat außerdem vor kurzem ihr eigenes, als Killer-App geplantes Spiel bekommen: „Marvel’s Iron Man VR“. Die Spieler stecken dabei im Anzug des namensgebenden Helden.
Der besondere Kniff: Die Bewegung ist ebenfalls stark an die Comicund Filmvorlage angelehnt. Die Move-Controller verhalten sich wie die Steuerdüsen an den Händen von Iron Man. Wer sie am Körper nach hinten richtet, bewegt sich nach vorne; der Schub kann aber auch direkt umgekehrt werden, indem man die Arme nach vorne reißt. Allerdings benötigen Spieler dafür auch einen sehr soliden „VR-Magen“: Da eine starke Bewegung simuliert wird, die tatsächlich nicht stattfindet, kann sensiblen Menschen sehr schnell übel werden.
In diesem Bereich habe die Industrie allerdings große Fortschritte gemacht, sagt Steinfatt. Einerseits habe sich die Qualität und die Bildverzögerung verbessert. „Auf der anderen Seite haben auch Entwicklungsstudios aus den frühen Fehlern gelernt.“Frühe Anwendungen seien beispielsweise oft AchterbahnSimulationen gewesen. „Das ist keine gute Idee.“