Hilfe aus Deutschland neu gedacht
Minister Müller erklärt seine Reform
Berlin Kein Geld mehr für Unrechtsstaaten, die Menschenrechte mit Füßen treten und sich Reformen verweigern. Schluss mit Überweisungen in Länder, in denen sich korrupte Eliten daran bereichern. Das ist der Kern der Reform der deutschen Entwicklungshilfepolitik, die Minister Gerd Müller in Berlin vorstellte. Statt bisher 85 Länder unterstützt Deutschland nur noch 60 mit Direkthilfen. Das südostasiatische Myanmar fällt wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen heraus, das afrikanische Burundi, weil es keine Reformperspektive zeige. Andere Staaten wie Costa Rica oder Mongolei bedürften der Hilfe wegen ihrer positiven Entwicklung nicht mehr. Zurück zieht sich Deutschland auch aus Ländern, in denen es bisher nur in sehr geringem Umfang tätig war. Beispiele sind Haiti, Nicaragua, die Philippinen, Sierra Leone oder Turkmenistan. Laufende Projekte, das ist dem Minister wichtig, werden zu Ende gebracht, zudem sollen nichtstaatliche Hilfsorganisationen in diesen Ländern weiter unterstützt werden.
Direkte Hilfen will der Allgäuer auf eine Reihe von Staaten konzentrieren, die ihre Reformfähigkeit unter Beweis gestellt haben – etwa Äthiopien, Ghana, die Elfenbeinküste oder Senegal. Auch bei den Zielen des deutschen Engagements soll es künftig klarere Schwerpunkte geben. Neben der Überwindung von Hunger und Armut sowie der Friedenssicherung sollen Klimaschutz, Ausbildung, nachhaltige Lieferketten und Bevölkerungsentwicklung in den Fokus rücken.
Von den Folgen der Corona-Krise, so warnte Müller, seien die Menschen in Entwicklungsländern viel stärker betroffen als die Bürger der Industrieländer. Bereits jetzt hätten aufgrund der Unterbrechung der globalen Lieferketten Millionen von Menschen ihre Arbeit verloren, für sie gebe es meist keinerlei staatliche Hilfe. Durch schlechte hygienische Bedingungen und mangelnde medizinische Ausstattung drohe eine humanitäre Katastrophe ungekannten Ausmaßes. Müller will zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und Abmilderung ihrer Folgen ein Soforthilfeprogramm auflegen, für das in diesem Jahr 4,3 Milliarden Euro nötig seien. Eine runde Milliarde könne er durch Umschichtungen im eigenen Haus bereitstellen, über weitere gut drei Milliarden Euro sei er mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im Gespräch.