Hilft ein Grundeinkommen?
Eine Onlinepetition fordert ein bedingungsloses Monatsgehalt von bis zu 1200 Euro für jeden. Vor allem Kulturschaffende sollen damit unterstützt werden
„Sie alle brauchen Hilfe und zwar: Sofort!“, schreibt Tonia Merz. Die selbstständige Modedesignerin hat deshalb eine Onlinepetition gestartet. Ihre Forderung an die Politik: Jeder soll für die nächsten sechs Monate ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten, um finanziell durch die Corona-Krise zu kommen. Vor allem Kreative, Musiker, Veranstalter und Überlebenskünstler bräuchten Unterstützung. Sie würden die Welt „bunter“machen und Deutschland „gestalten“. Aber: In der Krise greife für sie das Kurzarbeitergeld nicht, und laut Tonia Merz sind „Kredite keine Zukunftsperspektive“. Deshalb sollen sie 800 bis 1200 Euro pro Monat bekommen, ein halbes Jahr lang. Die Petition hat online mehr als 440 000 Unterzeichner – zu den Unterstützern gehört auch die Schriftstellervereinigung PEN-Zentrum Deutschland.
Das bedingungslose Grundeinkommen stand in der Vergangenheit immer wieder zur Diskussion, es gibt Befürworter und mindestens genauso viele Gegner. Die Idee dahinter ist, jedem ein staatliches Einkommen zukommen zu lassen und im Gegenzug steuerfinanzierte Sozialleistungen wie Grundsicherung, Kindergeld, Bafög zu kürzen. Aber hilft ein monatliches, vom Staat bezahltes Gehalt in der Krise?
Professor Clemens Fuest, Vorsitzender des Forschungsinstituts Ifo, sagt deutlich: „Nein, ein bedingungsloses Grundeinkommen ist weder in der Krise noch sonst irgendwann sinnvoll.“Zwei Punkte sprechen dagegen: Erstens, so Fuest, sei das Grundeinkommen nicht bezahlbar, zweitens werde es nicht gebraucht. Bei einem Einkommen von 800 Euro pro Monat würden für den Staat 787 Milliarden Euro an Kosten entstehen. „Das entspricht ungefähr dem gesamten Steueraufkommen im vergangenen Jahr“, sagt Fuest und erläutert: „Die meisten Menschen brauchen das staatliche Grundeinkommen ja glücklicherweise nicht.“Die staatlichen Hilfen müssten auf die Menschen konzentriert werden, die von der Krise hart getroffen sind.
Das wünscht sich auch Michael Schönmetzer von der Allgäuer Band Rainer von Vielen. Die Musiker sind im deutschsprachigen Raum unterwegs, leben von Konzerteinnahmen. Bisher sind mehr als 30 Shows ausgefallen, die Planungen für die kommenden Monate sind unsicher. Grundsätzlich findet er das Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens interessant. Dieses Thema jetzt in der Krise zu diskutieren, sei schwierig. Schließlich müssten die Menschen Hilfe bekommen, die in Existenznot geraten. Würde man das bedingungslose Grundeinkommen wirklich in Erwägung ziehen, „müsste man das erst mal testen“, sagt Schönmetzer. „Das Ganze muss ja auch ökonomisch Sinn ergeben.“Er setzt auf die angekündigten Direkthilfen der Politik.
Die Bundesregierung hat im Eilverfahren Finanzspritzen beschlossen, so sollen bis zu 50 Milliarden Euro helfen, Engpässe von kleineren Firmen und Solo-Selbstständigen zu überbrücken. Konkret bedeutet das: Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten erhalten eine Einmalzahlung von 9000 Euro für drei Monate, Firmen mit bis zu zehn Beschäftigen 15 000 Euro. Bayern zahlt ebenfalls Soforthilfen zwischen 5000 und 30 000 Euro, je nach Größe des Betriebes.
Diese Zuschüsse findet auch der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler richtig. Die Bundesvorsitzende Dagmar Schmidt sagt: „Unsere Mitglieder sind existenziell von den PandemieAuswirkungen für das öffentliche Leben betroffen.“Die Zuschüsse können vielen Kulturschaffenden helfen, die Corona-Krise ohne Insolvenz zu überbrücken. Sicher sei aber auch, einige werden dennoch Grundsicherung beantragen müssen, die Hürden dafür wurden „glücklicherweise“gesenkt. Dies seien „Schritte in die richtige Richtung und sie fördern die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen“, sagt Schmidt.