Wann der Chef Mitarbeiter überwachen darf
Möglichkeiten, die Angestellten zu kontrollieren, gibt es viele. Aber nur wenige sind zulässig. Ein Überblick
Frankfurt am Main Filmen per Kamera, Software auf dem Dienstcomputer, GPS-Tracker in Dienstfahrzeugen – die technischen Möglichkeiten zur Überwachung am Arbeitsplatz sind vielfältig. Rechtlich sind Arbeitgebern aber enge Grenzen gesetzt. Denn viele theoretisch mögliche Überwachungspraktiken verletzen die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter – und das Datenschutzrecht.
Letzteres spielt eine deutlich größere Rolle, seit die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung gilt. Die Grundlagen des Datenschutzes auf der Arbeit haben sich aber nicht geändert: „Grundsätzlich dürfen nur Daten erhoben und verarbeitet werden, die zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich sind“, sagt Heiko Reiter, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Frankfurt am Main. Das sind etwa persönliche Daten wie Adresse und Familienstand für die Lohnabrechnung.
Auf den Arbeitgeber kommen durch das neue Gesetz nun auch umfangreiche Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten zu: Denn neben einer expliziten Einwilligung zur Verarbeitung seiner Daten kann der Mitarbeiter nun jederzeit Widerspruch einlegen oder die Herausgabe und Löschung seiner vorhandenen Daten verlangen. Aber was darf der Arbeitgeber überhaupt erfassen?
Je nach Job und Situation kann etwa eine Überwachung des E-Mail-Verkehrs rechtens sein – aber nicht ohne Einwilligung des Betriebsrats oder eine Betriebsvereinbarung. Eine heimliche Überwachung der Mitarbeiter bleibt verboten, erklärt Reiter. Es sei denn, der Arbeitgeber hat im Einzelfall begründete Verdachtsmomente für schwere Verfehlungen oder strafbare Handlungen – aber keinerlei effektive und angemessene Alternativen, dem Mitarbeiter das auch zu beweisen. Bloße Ermittlungen ins Blaue hinein ohne begründeten Verdacht sind dagegen verboten. Bei Bildern von Überwachungskameras haben es Arbeitgeber künftig leichter, sie vor Gericht einzusetzen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat am Donnerstag entschieden, dass Videoaufzeichnungen von offen angebrachten Kameras beispielsweise in Geschäften nicht täglich kontrolliert werden müssen, um als Beleg für ein Fehlverhalten einer Mitarbeiterin zu dienen.
Nicht jede Überwachung ist falsch. Unter Berücksichtigung aller schutzwürdigen Interessen kann eine Überwachung im Einzelfall legitim sein, zum Beispiel aus versicherungsrechtlichen Gründen oder zur Überwachung von Arbeitsschutzvorschriften. „Der Einsatz von GPS-Trackern zur Ortung von Krankenwagen oder Geldtransportern ist sinnvoll, aber zur invasiven Überwachung von Mitarbeitern unzulässig“, sagt Reiter.
Spioniert der Chef, kann der Datenschutzbeauftragte des jeweiligen Bundeslandes ein Bußgeld verhängen. Das ist mit dem neuen Gesetz drastisch gestiegen: Verstöße können jetzt mit bis zu 20 Millionen Euro geahndet werden.