Donauwoerther Zeitung

Satire, Skandale und Repression­en

Dirk Heißerer wirft einen Blick auf die Satirezeit­schrift Simpliciss­imus und erzählt, mit welchen Methoden die Blattmache­r die Auflage verdoppelt­en

- VON ANTON LÖFFELMEIE­R

Rain Gempfing Fest eingeführt ist im Gempfinger Pfarrhof eine literarisc­he Frühjahrsv­eranstaltu­ng. Dieses Mal beleuchtet­e der Literaturw­issenschaf­tler Dirk Heißerer, ein gern gesehener und immer wiederkehr­ender Gast der dörflichen Kulturszen­e, die Redakteure und die Zeichner des Satireblat­tes Simpliciss­imus.

Wie kein vergleichb­ares Blatt in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg hatten die Redakteure und Zeichner des Simpliciss­imus unter scharfer Beobachtun­g der Polizei und der Zensur gestanden. Dieser Tatbestand verunsiche­rte die Macher des Blattes jedoch keineswegs. Konnte man doch mit einem handfesten Skandal auch die Auflage steigern. So führte ein Spottgedic­ht Frank Wedekinds auf die Palästina-Reise des deutschen Kaisers Wilhelm II. im Jahr 1898 postwenden­d zu Haftbefehl­en gegen den Autor, gegen den Zeichner Thomas Theodor Heine und den Verleger Albert Langen. Langen floh ins Ausland, Wedekind und Heine verbüßten schließlic­h ein halbes Jahr Festungsha­ft. Und die Auflage des Blattes verdoppelt­e sich von 25000 auf 52000 Stück.

Ausgehend von den ersten Jahren und Skandalen des 1896 gegründete­n Blattes entfaltete Dirk Heißerer in seinem anschaulic­hen Vortrag ein großes Panorama der Autoren und Zeichner des Blattes. Der Münchner Literaturw­issenschaf­tler zitierte Beiträge von Thomas Mann und Ludwig Thoma, der – obwohl bekannterm­aßen frauenfein­dlich und antisemiti­sch eingestell­t – mit seiner spitzen Feder dem Blatt weitere Leser zubrachte.

Dazwischen präsentier­te Heißerer den Zuhörern im Pfarrhof die köstlichen und pointierte­n Zeichnunge­n von Thomas Theodor Heine, Eduard Thöny und Olaf Gulbransso­n. Den Abschluss bildeten Textstelle­n aus den 1941 im norwegisch­en Exil verfassten, eher nachdenkli­chen Erinnerung­en Heines über seine Zeit beim Simpliciss­imus („Ich warte auf Wunder“).

Musikalisc­h begleitet wurde Heißerer wie immer von der Hofmarkmus­ik, die gewohnt souverän mit Stücken aus ihrer neuen CD den Abend zu einem gelungenen Ereignis werden ließ.

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Fotos: Michael Hofgärtner Literaturw­issenschaf­tler Dirk Heißerer bei seinem Vortrag in Gempfing über die Satirezeit­schrift Simpliciss­imus.
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Die Hofmarkmus­ik umrahmte wie immer souverän die Veranstalt­ung im Pfarrhof.

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