Der grüne Ober-Realo aus Freiburg
Oberbürgermeister Dieter Salomon ist so populär, dass die CDU erst gar keinen Kandidaten gegen ihn ins Rennen schickt. Wie hat er das nur gemacht?
Seine bekannte Lockerheit ist wie weggeblasen. Dabei ist das Konzerthaus seine liebste Bühne. Aber jetzt rattert Dieter Salomon hier seine Erfolgsbilanz herunter, liest Zahlen vom Blatt ab, steif und beherrscht von der Angst, einen Fehler zu machen. 30 Prozent mehr Arbeitsplätze als 2005 habe Freiburg, der höchste Zuwachs in Baden-Württemberg. Die Betreuungsplätze für unter Dreijährige hätten sich in seiner 16-jährigen Amtszeit verzehnfacht und 300 Millionen Euro seien in die Schulsanierung geflossen. Zugleich habe er die Verschuldung halbiert, zählt der grüne Oberbürgermeister fast atemlos auf. Am Sonntag bewirbt er sich um eine dritte Amtszeit.
Bei seiner ersten Wahl 2002 gewann er mit 64,4 Prozent sensationell als erster Grüner in einer deutschen Großstadt. Die Grünen sind im konservativen Südwesten so stark wie an kaum einem anderen Ort in Deutschland. Die CDU schickt schon gar niemanden mehr gegen Salomon ins Rennen. Er hat durch seine Politik das konservative Bürgertum auf seine Seite gebracht. „Ich bin der Mann der Mitte“, sagt er selbst.
Salomon gilt seit langem als OberRealo wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Stuttgarts OB Fritz Kuhn.
Sie wollen die Grünen als Volkspartei etablieren und vertreten dafür auch konservative Positionen. Nach dem Mord an einer Studentin durch einen jungen Flüchtling aus Afghanistan warnt Salomon, man dürfe nicht von einem auf alle Asylbewerber schließen. Aber vehement fordert er mehr Polizei, um das Sicherheitsgefühl wieder zu verbessern. „Es ist eine harte Linie gefragt“, betont er.
Salomon ist als Sohn eines deutschen Arbeiterpaares im australischen Melbourne geboren, mit drei Jahren nach Deutschland gekommen und im Wirtshaus des Großvaters im Allgäu aufgewachsen. Nach Freiburg zog er zum Studieren – und blieb. Hier hat der Politikwissenschaftler seine Doktorarbeit über die Grünen geschrieben, denen er 1980 beitrat. Auf Parteitagen trifft man ihn allerdings schon lange nicht mehr an. 1992 kommt Salomon in den Landtag, steigt schnell zum Fraktionschef auf. Als er Freiburger OB wird, übernimmt Kretschmann seinen Job im Landtag. Nur zu gern hätte der Ministerpräsident, dass nun Salomon eines Tages sein Nachfolger wird. Selbst wenn der fast 70-jährige Kretschmann 2021 noch einmal zur Landtagswahl antreten sollte, wie es viele erwarten, könnte der 57-jährige Salomon danach immer noch seine Rolle übernehmen.
Doch erst einmal muss der OB die Wiederwahl schaffen. Die Konkurrenz spielt mit Salomons Ruf als „Sonnenkönig“, der zwar Freiburgs Image als Solarhauptstadt geprägt hat, aber auch als selbstherrlich gilt. Zusammen könnten die anderen Kandidaten so viele Stimmen sammeln, dass es für den Amtsinhaber trotz seiner Popularität im ersten Durchgang nicht zur absoluten Mehrheit reicht. Schon 2010 kam er mit 50,5 Prozent nur hauchdünn darüber.