Donauwoerther Zeitung

Als er im Schock einfach weiterfuhr

76-Jähriger kracht mit seinem Traktor gegen ein Motorrad

- *Name geändert

Nördlingen Eigentlich hat sich der 76-jährige Josef Hämmerle* immer so verhalten, wie man es sich von einem aufrichtig­en Bürger erwartet. Er hat sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Keine Vorstrafen, keine Punkte in Flensburg, wie Verteidige­r Bernd Hegendörfe­r sagt.

Was da an einem Sonntag im Mai dieses Jahres passiert ist, kann sich der Senior nur mit einem „Schockverh­alten“erklären. Er fuhr mit seinem Traktor über die Staatsstra­ße 2213 bei Nördlingen. Wie sein Verteidige­r sagt, habe der Mann keine guten Jahre hinter sich. Aber an diesem Nachmittag, nach einem Traktortre­ffen, da war er wieder einmal glücklich. An der Kreuzung, die über die Staatsstra­ße 2113 führt, hielt er an. Er schaute links, schaute rechts. Er tuckerte offenbar rund 1,20 Meter auf die Straße, da er niemanden gesehen hatte. Er fuhr weiter auf seinem Oldtimertr­aktor und dann soll das Motorrad „schnell wie ein Pfeil“angekommen sein. Josef Hämmerle hörte nach eigenen Ausführung­en nur noch „einen Schnall am Trittblech“, als es zum Zusammenst­oß mit dem Motorrad und dem Traktor kam. „Ich bin so erschrocke­n“, sagt er in seinem letzten Wort vor Gericht, nach einer weiteren aufrichtig­en Entschuldi­gung.

Sein Bulldog habe geschwankt. Der Verteidige­r sagt, dass er anschließe­nd zu seiner Frau ins Krankenhau­s gefahren sei. Sie sagte ihm wiederum, er müsse unbedingt zur Polizei und riss ihn offenbar aus seinem Schockzust­and. Die Beamten warteten bereits bei ihm zu Hause.

Hegendörfe­r sagt am Nördlinger Amtsgerich­t, dass man vor allem das Verhalten seines Mandanten nach der Tat betrachten müsse. Er habe einen Brief an die Opfer verfasst. Josef Hämmerle sei auch mehrmals bei ihm aufgetauch­t, um über den Unfall zu sprechen: „Er konnte es nicht fassen, was er begangen hat.“

Der 76-Jährige war angeklagt wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung in zwei tateinheit­lichen Fällen mit unerlaubte­m Entfernen vom Unfallort. Der Motorradfa­hrer und seine Sozia hatten Glück. Als sie stürzten, zogen sie sich lediglich Brüche und kleinere Verletzung­en zu. Den Beteiligte­n vor Gericht ist klar, dass der Unfall viel schlimmer hätte enden können. Bei der Verhandlun­g, in der Richterin Andrea Eisenbarth den Vorsitz hat, geht es lediglich um die Rechtsfolg­en, da der Angeklagte bereits gestanden hat. Auch die Tatsache, dass er selbst dann weitergefa­hren ist, als ihn eine Frau noch ansprach und anhalten wollte, gab er bereits im Vorfeld zu. Die Vertretung der Staatsanwa­ltschaft fordert eine Gesamtgeld­strafe von hundert Tagessätze­n zu je 25 Euro. Andrea Eisenbarth verhängt schließlic­h eine Geldstrafe von 90 Tagessätze­n zu je 25 Euro, außerdem eine Führersche­insperre von weiteren neun Monaten. Somit führt der Strafbefeh­l nicht zu einem Eintrag im polizeilic­hen Führungsze­ugnis.

Das Urteil ist rechtskräf­tig. Die Geschädigt­en stellten keinen Strafantra­g, waren auch nicht bei Gericht vertreten.

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