Mit Sport Grenzen überwinden
Fußball Das Team der Stiftung Sankt Johannes will über das Vorrundenturnier in Donauwörth ins Bayern-Finale. Über das miteinander Sprechen, Zuhören und ganz viel Sensibilität
Marxheim Schweinspoint Freitagmittag kurz vor 12 Uhr. Allmählich trudeln die Spieler der stiftungseigenen Fußballmannschaft auf dem Sportgelände in Schweinspoint ein. Sie alle haben eine arbeitsintensive Woche in den Werkstätten der Stiftung Sankt Johannes hinter sich. Umso mehr freuen sie sich auf den sportlichen Ausgleich am Ende der Woche. Für die nächsten anderthalb Stunden zählen nur sie. Jeder Einzelne für sich und alle gemeinsam als Team. „Das Gemeinschaftsgefühl“, sagt Trainer Benjamin Koller mit Blick auf die Mannschaft, „ist wie ein zartes Pflänzchen. Geduld und beständige Unterstützung haben die Jungs zu dem gemacht, was sie heute sind: ein funktionierendes Team, in dem ein jeder seine Position und Aufgabe hat, mit der er sich einverstanden fühlt.“
Bis dahin war es jedoch ein langer und vor allem intensiver Weg. Der 35-jährige Sport-, Mathe- und Religionslehrer musste zunächst das Vertrauen der Spieler gewinnen. „Jede Veränderung bringt vorübergehend eine gewisse Gegenwehr mit sich, schließlich ist der Mensch an sich ein Gewohnheitstier. Bei Menschen mit Behinderung ist Veränderung ein noch heikleres Thema, das von dem Gegenüber viel Sensibilität erfordert“, erläutert Koller die anfänglichen Herausforderungen. Mittlerweile trainiert er die Mannschaft seit über drei Jahren. Er ist angekommen im Team, die Spieler schätzen ihren Trainer. Neben dem sportlichen Coaching sieht er seine Aufgabe auch darin, soziale Kompetenzen auf spielerische Weise zu vermitteln. „Der Umgang mit anderen wird im Training ebenso geübt wie das miteinander Sprechen, denn nur so können die Spieler als Team erfolgreich sein“, so Koller. Sich gegenseitig zuhören und ausreden zu lassen ist ebenso Teil der Trainings wie die Gruppenrunde zu Beginn jeder Einheit, die die Spieler auch dazu ermuntern soll, ihre eigene Stimme zu erheben und sich aus ihrer Isolation zu befreien.
„Wenn wir uns nicht absprechen und jeder für sich spielt, verlieren wir ganz schnell den Ball, ergänzt Uli Stuhlmiller. Sinnbildlich kann der Ballverlust für eine Alltagssituation stehen, die ein jeder kennt: „Lieber mitspielen, als ausgespielt werden“, fasst der Coach die Lehreinheit zusammen. Das hierfür erforderliche Selbstvertrauen schöpfen die Spieler aus dem wöchentlichen Training und den bisher eingefahrenen Erfolgen auf Landesebene. Das Werkstatt-Team der Stiftung Sankt Johannes spielt in der Bayernliga, der höchsten Spielklasse für Menschen mit Behinderung, und gehört dort zu den besten zehn Mannschaften. Unter Trainer Benjamin Koller konnte der Klassenerhalt bereits zum zweiten Mal in Folge gefeiert werden. Beim diesjährigen Vorrundenturnier der WfbMMeisterschaft (Werkstatt für behinderte Menschen) am heutigen Samstag im Donauwörther Stauferpark spielt die Stiftungsmannschaft mit fünf weiteren Mannschaften um den Einzug in das Finalspiel der Bayerischen Meisterschaft am 22. Juli in Ingolstadt. Der Sieger dieser Partie vertritt unser Bundesland bei der Deutschen Fußball-Meisterschaft der Werkstätten für Menschen mit Behinderung vom 4. bis 7. September in Duisburg. Dr. Klaus Kinkel, Vertreter des Kuratoriums der Sepp Herberger-Stiftung, begleitet und unterstützt die Veranstaltung seit vielen Jahren. Für ihn ist sie ein wichtiges Element auf dem Weg zu mehr Teilhabe und Inklusion: „Die Deutsche Fußball-Meisterschaft der Werkstätten ist ein gutes Beispiel für ein vorbildliches Engagement des Fußballs im Behindertensport.“
Für die sechs Mannschaften des Bayernliga-Vorrundenturniers in Donauwörth geht es am heutigen Samstag demnach um mehr als nur ums Fußballspielen, es geht auch um Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, darum, die eigenen Grenzen zu überwinden, fair miteinander umzugehen und bestenfalls das Stadion als Sieger zu verlassen. Anpfiff ist um 10 Uhr. Oberbürgermeister Armin Neudert eröffnet das Turnier, dessen Gastgeber heuer die Stiftung Sankt Johannes ist. Neben Livemusik wird es ein sportliches Rahmenprogramm bestehend aus Torwandschießen und Geschicklichkeitsspielen geben.