Bundesgerichtshof kippt Urteil gegen Todesraser
Justiz Zwei Männer kamen nach einem illegalen Autorennen mit einer Bewährungsstrafe davon. Das ist den obersten Strafrichtern zu milde
Karlsruhe Zwei Raser müssen nach einem illegalen Autorennen voraussichtlich doch ins Gefängnis. Sie hatten mitten in Köln Formel 1 gespielt und dabei eine junge Radfahrerin getötet. Vom Landgericht Köln wurden sie dafür zu Haftstrafen verurteilt, die aber zur Bewährung ausgesetzt worden sind. Das lässt der Bundesgerichtshof (BGH) den Kölner Richtern nicht durchgehen – er hat das Urteil am Donnerstag gekippt.
Der Grund: Eine Bewährungsstrafe sei der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln. Hier gebe es Begründungsmängel, sagte die Vorsitzende Richterin Beate Sost-Scheible. Man müsse schließlich auch bedenken, welche Auswirkungen so ein Urteil auf das Rechtsempfinden der Bevölkerung habe. Der Fall muss nun von einer anderen Strafkammer neu entschieden werden.
Die 19-Jährige war im April 2015 in Köln auf dem Heimweg, als ihr zwei Autos um die Wette entgegenrasten – viel zu schnell für das Stadtgebiet. Am Steuer die damals 22und 21-jährigen Männer mit dem Faible für PS-starke Autos. Als es das eine Fahrzeug aus der Kurve trug, traf es die junge Frau. Sie wurde ins Gebüsch geschleudert und war sofort tot. Der Unfallfahrer wurde zu zwei Jahren, der zweite Raser zu eindreiviertel Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Studentin war nicht das erste Opfer, das wegen eines verbotenen Autorennens das Leben verlor – und sie blieb nicht das letzte. Erst Mitte Juni starb in Mönchengladbach ein 38-jähriger Fußgänger, als sich drei Autofahrer ein Rennen lieferten.
Welche Strafe ist nun für so eine Tat angemessen? Die Diskussion darüber ist seit Februar voll entbrannt. Damals sprach das Berliner Landgericht ein aufsehenerregendes Urteil gegen zwei Raser: lebenslange Haft wegen Mordes. Die Richter begrün- deten das bundesweit erste Mordurteil bei einem Straßenrennen damit, dass die Angeklagten tödliche Folgen billigend in Kauf genommen hätten. Die Männer waren nachts ohne Rücksicht auf rote Ampeln mit bis zu 170 Stundenkilometern den Ku’damm entlanggebrettert. Ein 69-Jähriger hatte keine Überlebenschance.
Weil Raser bisher meist mit geringen Strafen davonkamen, hat der Bundestag erst vor einer Woche beschlossen, die Strafen zu verschärfen. Der neue Straftatbestand „Verbotene Autorennen“stellt nicht nur das Organisieren und die Teilnahme daran unter Strafe. Bereits Aufrufe zu solchen Rennen sind künftig strafbar – und können mit Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Eine Strafe von bis zu fünf Jahren soll gelten, wenn Rennteilnehmer Leib und Leben eines Menschen gefährden. Wer bei einem illegalen Rennen einen Menschen tötet oder schwer verletzt, muss künftig mit bis zu zehn Jahren Gefängnis rechnen. Im September soll der Bundesrat über die Novelle abschließend befinden.
Die Münchner Verkehrspsychologin Cäcilia Haberger hat Zweifel daran, dass höhere Strafen generell abschreckend wirken. „Vor allem, wenn die Rennen spontan zustande kommen, denken Raser nicht über die Folgen nach.“Sobald sie nebeneinander an der Ampel stehen, würden diese Leute nur noch impulsiv handeln und von der Geschwindigkeit beflügelt. „In diesem Moment hat eine mögliche Strafe keinerlei Bedeutung.“Haberger hat in ihrer Praxis oft mit Autofahrern zu tun, die ihr impulsives Verhalten nicht kontrollieren können. „Meistens sind das Menschen, die sich schnell provoziert fühlen.“Sie fahren zu dicht auf, bremsen andere aus – und sie neigen zu überhöhter Geschwindigkeit. „Raser gehören hart bestraft“, schreibt Holger SabinskyWolf im Kommentar.