Wo die Wiesen noch bunt blühen
Jubiläum Das weltweit größte Naturschutz-Netz wird 25 Jahre alt. Ab Freitag wird gefeiert. Was das Schmuttertal im Landkreis Augsburg so besonders macht
Margertshausen Die gelben Trollblumen leuchten in der Sonne. Die Pflanze mit ihrer kugelförmigen Blüte ist selten geworden, sie ist vom Aussterben bedroht. Auf den feuchten Wiesen im Schmuttertal bei Margertshausen (Kreis Augsburg) wächst die Trollblume noch, umgeben vom Breitblättrigen Knabenkraut, einer anderen Rarität, und der Kuckucks-Lichtnelke. Ab Mitte Juni blüht dann der Wiesenknopf. Der Helle und der Dunkle WiesenknopfAmeisenbläuling brauchen ihn zum Überleben. Die beiden Schmetterlinge legen ihre Eier in den Köpfen der Blume ab. Dort entwickeln sich die Raupen.
„Das Schmuttertal ist ein Kleinod in Schwaben“, sagt Anton Burnhauser von der Naturschutzabteilung der Regierung von Schwaben. Es ist ein Natura-2000-Gebiet. Das europäische Naturschutz-Netzwerk gibt es nunmehr seit 25 Jahren. Ein Grund zum Feiern. Die Regierung von Schwaben hat deshalb eine Broschüre aufgelegt unter dem Motto: Nur was man kennt, kann man auch schützen. Im Laufe der nächsten
Führungen zeigen die biologische Vielfalt
Monate werden zahlreiche Führungen angeboten, die das Naturerbe mit seiner biologischen Vielfalt präsentieren – von den Heiden im Ries bis zu den Mooren im Allgäu.
Die Auftakt-Exkursion findet an diesem Freitag im Schmuttertal statt. Das 900 Hektar große Fauna-FloraHabitat-Gebiet südwestlich von Augsburg hat seine Artenvielfalt bewahrt, weil das Flüsschen der Regulierung entgangen ist. Regelmäßig tritt es über die Ufer, was die Mahd der Wiesen schon immer erschwert hat.
In diesem Frühjahr gab es in nur drei Wochen dreimal ein Hochwasser, sagt Christian Fendt. Der Landwirt aus Margertshausen bewirtschaftet dort Streuwiesen. Er beteiligt sich an dem bayerischen „Biodiversitätsprojekt Schmuttertal“, das auf einen Kabinettsbeschluss der Staatsregierung aus dem Jahr 2009 zurückgeht.
Burnhauser ist froh, dass es Landwirte wie Fendt gibt. „Wir brauchen Leute vor Ort, die mitmachen.“Das Gebiet soll kein Pflegefall sein. Aber es ist ein Spagat. Die Bewirtschaftung der Wiesen erfolgt unter erschwerten Bedingungen. Gemäht werden darf erst spät im Jahr, damit
sich beispielsweise auch die Raupe des Ameisenbläulings entwickeln kann und die Blumen aussamen. Das Mähgut kann nicht mehr verfüttert werden und ist nur als Einstreu zu gebrauchen.
Artenvielfalt gibt es nicht zum Nulltarif, sagt Fendt, dessen Betrieb seit 150 Jahren in Familienhand ist. Er hat sich für die Landschaftspflege einen speziellen Fuhrpark zugelegt. Der Aufwand ist um ein Vielfaches höher. Wegen des Hochwassers kann er die Flächen häufig nicht befahren. Er appelliert an die Politik, praktikable Förderprogramme aufzulegen –
die finanziell interessant sind. „Es muss sich für den Betrieb rechnen.“Da hapert es, sagt auch Burnhauser. Der Landwirt müsse so viel verdienen wie der Kollege, der Mais pflanzt oder die Wiesen mehrfach im Jahr mäht.
Bei einem Dienstleister würde das Schmuttertal mit seinen prachtvoll blühenden Wiesen nicht so aussehen wie es heute aussieht, sind Claudia Eglseer und Susanne Kuffer vom Natura-2000-Team bei der Regierung von Schwaben überzeugt. Deshalb braucht man die Landwirte – auch als Multiplikatoren. Es ist schließlich
ihre Heimat. Obwohl das Thema Natur in der Bevölkerung positiv besetzt ist, ist Natura 2000 auch nach 25 Jahren wenig bekannt. Bei vielen Landnutzern herrscht große Skepsis. Das soll sich mit den Exkursionen in diesem Jubiläumsjahr ändern. Burnhauser: „Natura 2000 soll nicht als Bedrohung, sondern als Chance gesehen werden.“
Broschüre „Naturerbe in Schwaben – Natura 2000 gemeinsam und erfolgreich umsetzen“gibt es im Internet auf der Seite www.tournatur.bayern.de/ veranstaltungen.