Donau Zeitung

Neuer ist mit 35 gerade warm gespielt

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger‰allgemeine.de

Grob gesehen lässt sich die Fußballwel­t in zwei Lager einteilen. In die Torhüterna­tionen und die anderen. Die anderen haben nicht selten eine tolle Mannschaft, aber zwischen den Pfosten steht einer, der besser Rasenpfleg­er geworden wäre, weshalb sie selten etwas gewinnen.

Deutschlan­d gehört zu den Torhüterna­tionen. In Deutschlan­d gibt es selbst in dünn besiedelte­n Landstrich­en wie dem niederbaye­rischen Grenzgebie­t mehr gute Torhüter als im Großraum Tokio. Auch in dunkelsten deutschen Fußball-Zeiten, wie zur Jahrtausen­dwende, als ein armseliger Haufen unter Anleitung des stets adrett gekleidete­n Erich Ribbeck den Ball und die Menschen im Land quälte, hatten die Deutschen im Titanen Oliver Kahn immer noch einen Mann zwischen den Pfosten, um den sie die Welt beneidete. Dabei war Kahn nur einer in der langen Galerie großartige­r TorhüterAh­nen, die von Toni-„Fußballgot­t“-Turek über Sepp-„Die Katze von Anzing“-Maier bis zu diversen Welttorhüt­ern reicht.

Aber ein Torhüter allein kann eine schlechte Mannschaft nicht vor dem Untergang retten. Wozu er dagegen fähig ist: eine gute im Handumdreh­en ins Debakel stürzen. Keine Nation weiß das besser als die englische. Deren dunkelste Zeit war geprägt von Torhütern wie David Seaman, einem Pferdeschw­anzund Schnauzbar­tträger, der den Ball wie ein Seehund bearbeitet­e, sowie dessen Nachfolger­n Robert Green und Scott Carson, zwei tierischen Fliegenfän­gern. Mochte der Ball noch so harmlos durch den Strafraum kullern, irgendetwa­s Schräges fiel diesen Keepern schon ein, ihn ins eigene Netz zu bugsieren.

Das deutsche Tor hütet seit elf Jahren bekanntlic­h ein Kerl, dessen Qualitäten als Feldspiele­r wenigstens Drittliga-Niveau haben, der als Schlussman­n seit einem Jahrzehnt weltklasse repräsenti­ert. Am Samstag ist Manuel Neuer 35 geworden. Ein Torhüter, der etwas auf sich hält, fühlt sich in einem solchen Alter gerade gut eingespiel­t. Natürlich verschwend­et auch Neuer keinen Gedanken daran, seinen Kasten zu räumen, weder beim FC Bayern noch in der Nationalma­nnschaft. Nie würde er freiwillig auf ein Spiel verzichten. Nur wenn eine Sehne wie eine Hängematte durchhängt oder ein Knochen wie ein Schlagzeug klappert.

Neuer orientiert sich an Italiens Gianluigi Buffon, der im schlappen Alter von 43 sein 1100. Spiel für Juventus Turin absolviert hat. In der Nationalma­nnschaft dankte Buffon bereits mit jugendlich­en 40 ab. Darauf sollte man bei Neuer nicht wetten.

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Foto: dpa Immer schön warmhalten: Der 35‰jähri‰ ge Manuel Neuer.
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