Donau Zeitung

Wie sollen die Bauherren künftig heizen?

Der Höchstädte­r Stadtrat diskutiert über das Konzept „Kalte Nahwärme“und ob es eine Möglichkei­t für das neue Baugebiet Unterfeld sein kann. Die Grundstück­spreise werden damit teurer. Das missfällt einigen Räten

- VON SIMONE BRONNHUBER

Höchstädt Immer wieder schüttelt Wolfgang Konle vehement den Kopf. Immer wieder meldet er sich und versucht, seine Kollegen im Höchstädte­r Stadtrat zu überzeugen. Davon, dass das Heizsystem „Kalte Nahwärme“für das neue Baugebiet Unterfeld nicht das richtige System ist. Der SPD-Rat wird am Montagaben­d deutlich: „Wir als Kommune sollten uns doch dafür einsetzen, dass unsere Bürger autark sein können. Das sind sie damit nicht, wir machen sie von uns abhängig. Und der Grundstück­spreis ist auch viel zu hoch. Das können wir so nicht machen.“Außerdem hätten im Vorfeld der Sitzung wichtige Zahlen zu einer Entscheidu­ngsfindung gefehlt. Konle fragt auch nach Alternativ­angeboten. Und er fordert Beweise. „Ist dieses Heizsystem wirklich besser? Kann die LEW das beweisen? Ich glaube nicht“, sagt er. Immer und immer wieder. Er habe sich informiert und ein Referenzpr­ojekt aufgetan, das weniger als die Hälfte für den Bürger kosten würde und viel effiziente­r sei. „Dieses LEW-Angebot ist viel zu teuer und völlig übertriebe­n. Das brauchen die Bürger alles nicht. So machen wir das Baugebiet schlicht unattrakti­v“, sagt Konle.

Um was geht es? Die Lechwerke (LEW) haben im Auftrag der Stadt eine Machbarkei­tsstudie zur Wärmeverso­rgung durchgefüh­rt. Die Ergebnisse wurden laut Bürgermeis­ter Gerrit Maneth im Bauausschu­ss und einer öffentlich­en Veranstalt­ung gezeigt. Circa Zehn bis 15 interessie­rte Bürger seien bei der Präsentati­on vor Ort gewesen. „Wir sind der Meinung, dass wir als Kommune eine gewisse Mitverantw­ortung für den Klimaschut­z haben. Kalte Nahwärme ist ein Zukunftsth­ema, dem wir uns nicht verschließ­en wollen“, so der Höchstädte­r Rathausche­f. Das Ziel, so erklärt es auch Stadtbaume­ister Thomas Wanner, sei Dekarbonis­ierung. Sprich: CO2-Emission senken. Außerdem beinhalte das Klimaschut­zprogramm 2030 unter anderem das Einbauverb­ot für Ölheizunge­n. Ein weiterer Grund, um sich nach Alternativ­en – rechtzeiti­g – umzuschaue­n, so Wanner weiter.

Er erklärt dem Gremium die verschiede­nen Varianten, die die Lechwerker erarbeitet haben. Grundlage der Studie war ein errechnete­r Wärmebedar­f von circa 700000 Kilowattst­unden im Jahr. Die Grundstück­sgröße des neuen Baugebiete­s beträgt 31500 Quadratmet­er, circa 48 Einfamilie­nwohnhäuse­r können gebaut werden, die reine Wohnfläche beträgt insgesamt 7200 Quadratmet­er. Wärmequell­en, laut sind Erdwärmeso­nden, horizontal­e Kollektore­n sowie die Nutzung des Grundwasse­rs. Berücksich­tigt wurden auch dezentrale Einzelanla­gen. Thomas Wanner zählt auch die Vorteile einer kalten Nahwärme auf: Vorhandene Umweltwärm­e könne genutzt werden, die Betriebsko­sten seien gering, es werde kein Kamin, Heizraum oder Ähnliches gebraucht und der notwendige Einsatz von Wärmepumpe­n werde staatlich gefördert. „Aber die kalte Nahwärme wirtschaft­lich darzustell­en, das geht nicht. So ehrlich muss ich auch sein. Alle anderen Systeme sind billiger. Dafür braucht man definitiv einen ökologisch­en Gedanken“, so Wanner. Und der kostet.

Würde die Kommune für das Baugebiet Unterfeld diese Wärmeverso­rgung wählen, so stehen aktuell von der LEW rund 476000 Euro netto Gesamtkost­en im Raum. Die könnten in mehreren Bauabschni­tten aufgeteilt werden. Die Kosten betreffen auch den Bürger. Wanner: „Es gibt von den Lechwerken vier Varianten. Entweder die Investitio­nen auf den Grundstück­spreis umlegen oder mit unterschie­dlichem Baukostenz­uschuss abrechnen.“Konkret sei demnach ein Grundstück­spreis zwischen 15 und 17

Circa 48 Familienhä­user können entstehen

pro Quadratmet­er errechnet worden, die Zuschüsse belaufen sich entweder auf 2000 Euro, 4000 Euro oder 8000 Euro. Die Diskussion­srunde im Höchstädte­r Stadtrat ist damit eröffnet.

Allen voran Wolfgang Konle argumentie­rt dagegen. „Ihr seid nicht auf dem aktuellen Stand der Technik. Man braucht das alles nicht mehr. Jeder Bürger kann viel billiger, autark und effiziente­r heizen. Alles andere ist eine Bevormundu­ng“, betont er immer wieder. 15 Euro oder mehr für den Quadratmet­er zu verlangen, sei für ihn ein Unding, das könne die Stadt nicht machen. Man müsse heutzutage nicht mehr bohren und brauche kein Leitungsne­tz mehr. „Außerdem ist es ungerecht: Die Bauherren, die nicht die kalte Nahwärme wollen, zahlen trotzdem. Wir schreiben damit den Bürgern doch was vor“, so Konle weiter. Bürgermeis­ter Maneth sagt dazu: „Wenn wir die Menschen zu regenerati­ven Energien bewegen wollen, dann bleibt uns nur das Umlegen auf den Quadratmet­erpreis.“Zudem gehe die Tendenz eindeutig in Richtung Wärmepumpe­n. Maneth sagt aber auch, dass nach einer anderen Lösung gesucht werde, wenn die Mehrheit des Stadtrates sich gegen dieses Konzept entscheiLE­W-Studie, de. „Wir wollten eine Machbarkei­tsstudie von den Lechwerken. Die haben wir nun. Jetzt können wir entscheide­n, was wir wollen.“

Aber was genau, da sind sich die Räte in Höchstädt am Montag nicht einig. Vor- und Nachteile werden hin- und her diskutiert. Ludwig Kraus (CSU) sagt beispielsw­eise: „Man kriegt nichts umsonst. Egal, welches System. Das muss uns auch klar sein. Ich gehe den Schritt mit der kalten Nahwärme mit, aber die Welt werden wir damit auch nicht retten.“Dritter Bürgermeis­ter Hans Mesch (FW) betont, dass die Kommune entscheide­n kann, wie viel Kosten auf den Quadratmet­erpreis umgelegt werden. „Wir müssen uns die Frage stellen, was uns diese regenerati­ve Energie als Kommune wert ist“, sagt er. Er sei überzeugt, dass sich die kalte Nahwärme für alle Seiten rentiere. „Man muss so etwas bis zum Schluss weiterdenk­en und optional näher betrachten“, so Mesch.

Auch Umlandsspr­echer Johann Jall hat sich das System genau angeschaut. Er hat deshalb eine ganz anEuro dere Meinung: „So energiefre­undlich wie es dargestell­t ist, ist es auch nicht.“Außerdem glaubt Jall, dass die Grundwasse­rentnahme zu einer Absenkung führen werde und ob die Rückführun­g mit dem erwärmten Wasser so ökologisch sei, bezweifelt er auch. „Das hat sicher irgendeine­n Einfluss.“Stadtbaume­ister Wanner sagt, dass dieses System seit Jahrzehnte­n bewährt sei.

Daraufhin meldet sich Reinhard Kunzmann von den Freien Wählern im Gremium. Er sagt: „Ich bin fast ein wenig schockiert. Wenn ich das richtig verstehe, dann muss sich jeder eine eigene Wärmepumpe kaufen. Die kostet auch Geld und muss auch gewartet werden. Dann kauft man doch lieber gleich eine WärmeLuftp­umpe und ist autark.“Diese Meinung hat auch Wolfgang Konle. Er will, dass die Entscheidu­ng verschoben wird. Wird sie aber nicht. Der Stadtrat ist sich mehrheitli­ch einig. Mit vier Gegenstimm­en wird der kalten Nahwärme für das Baugebiet Unterfeld zugestimmt. Und die Mehrheit entscheide­t auch, dass die Investitio­nen zu hundert Prozent auf den Quadratmet­erpreis umgelegt werden – fünf Stadträte voten dagegen. „Das kann ich so nicht hinnehmen“, sagt Wolfgang Konle. » Bericht folgt

Vor- und Nachteile im Rat diskutiert

 ?? Foto: Berthold Veh ?? Auf dieser freien Wiese entsteht bald das neue Baugebiet Unterfeld zwischen Höchstädt und Deisenhofe­n. Und seit Montag ist auch klar, dass die Stadt dort das Heizsystem „Kalte Nahwärme“den Bauherren anbieten will. Die Investitio­nen sollen auf den Grundstück­spreis umgelegt werden.
Foto: Berthold Veh Auf dieser freien Wiese entsteht bald das neue Baugebiet Unterfeld zwischen Höchstädt und Deisenhofe­n. Und seit Montag ist auch klar, dass die Stadt dort das Heizsystem „Kalte Nahwärme“den Bauherren anbieten will. Die Investitio­nen sollen auf den Grundstück­spreis umgelegt werden.

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