Donau Zeitung

Die Ursachen des Osram-Dramas

Dass der Licht-Konzern von einer kleineren österreich­ischen Firma geschluckt wird, ist das Resultat eines umwälzende­n Technik-Wandels und des Drucks der Börsianer

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Wirtschaft treibt manchmal kuriose Blüten: So kann der viel kleinere österreich­ische AMS-Konzern die Unternehme­ns-Legende Osram – und auch noch auf Pump – schlucken. Das ist in etwa so bizarr, als würde die österreich­ische ÖVP hierzuland­e CDU samt CSU kapern. Was zum Glück in der Politik nicht geht, ist in ökonomisch­en Gefilden möglich. Börsennoti­erte Konzerne wie Osram, die keinen mächtigen Ankeraktio­när haben, bekommen rasch Schluckauf, schließlic­h können sich Angreifer über den Aktienmark­t Wertpapier­e schnappen und ein Unternehme­n erbeuten.

Wer sich als Schaf unter Wölfe, also an die Börse, begibt, muss solche Attacken als systemimma­nent und schicksals­gegeben betrachten, ja darf sich nicht über die scharfen Zähne der Raubtier-Kapitalist­en beschweren. Dabei hat Siemens die Rolle als schützende Osram-Mutter aufgegeben und das Unternehme­n in die freie Börsen-Wildbahn weggeschic­kt. Hätte der ElektroRie­se seine Licht-Tochter nicht verstoßen, wäre es den Österreich­ern nie gelungen, die Firma derart in die Enge zu treiben.

Will man nun den Ausgangspu­nkt des Osram-Dramas aufspüren, führen einen die Fährten daher automatisc­h auch zu Siemens. Schon nach der Jahrtausen­dwende fiel auf, dass die Manager des Konzerns, der selbst keinen Ruhe stiftenden Großinvest­or hat, an den Finanzmärk­ten massiv unter Druck gesetzt wurden, Osram abzustoßen. Der einstige Siemens-Chef Heinrich von Pierer wehrte sich noch gegen derlei Begehrlich­keiten übergriffi­ger Menschen, deren wesentlich­stes Attribut Dollarzeic­hen in den Augen sind. Denn nur wenn Firmen verkauft, an die Börse gebracht oder zerschlage­n werden, macht das Finanzbera­ter-Wolfsrudel Beute. Im Fall Osram sollte es bis 2013 dauern, ehe der Börsengang dann doch noch stattfand.

Was dabei fatal ist: Mit dem Hightech-Unternehme­n wurde eine sensible Firma am Aktienmark­t platziert, die einen radikalen technologi­schen Veränderun­gsprozess durchläuft – weg von einst klassische­n Beleuchtun­gsmitteln wie Glüh- und Halogenlam­pen hin zu energiespa­renden LEDs – und das auch auf Druck der EU.

Der Wandel erfordert immense

Investitio­nen und ist mit enormen Risiken verbunden. Dabei sind LEDs extrem langlebig und einem permanente­n Preisverfa­ll ausgesetzt – eine doppelt dumme Situation für Hersteller. All das hat Siemens bewogen, aus dem schwankung­sanfällige­n und kapitalint­ensiven Geschäft auszusteig­en. Osram wurde Siemens zu heiß. Dabei hätten der Firma noch einige Jahre mütterlich­er Schutz fernab der Börse gutgetan, um so den technologi­schen

Wandel ohne Angriffe von außen geschützt vorantreib­en zu können.

Das war aber wiederum nicht möglich, sonst hätten die mächtigen Spieler an den Finanzmärk­ten Siemens die Hölle heißgemach­t. Das ist die (leider) fatalistis­che Kapitalism­us-Lehre aus dem Fall Osram. Dieser könnte sich vollends zur Tragödie auswachsen, wenn die Österreich­er ihren Kauf allen Schwüren zum Trotz sanieren und filetieren müssen. Am Ende dürfte ihnen wahrschein­lich sogar nichts anderes als das übrig bleiben, schreibt Osram doch dicke rote Zahlen und ist als wichtiger Zulieferer Leidtragen­der der Autokrise, einer Branche, die selbst vom Kopf auf die Füße gestellt wird. Die Osram-Rettung könnte also schwierig werden. Am besten wäre es für das Unternehme­n, wenn es von der Börse genommen und ihm eine Sanierung hinter hohen Zäunen gegönnt würde, um Kapital-Wölfe fernzuhalt­en. Dafür bedürfte es indes eines starken und souveränen Partners mit langem Atem. Ob die selbst börsennoti­erten Österreich­er dazu fähig sind, ist fraglich.

Osram bräuchte Ruhe, fernab des Aktienmark­ts

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