Donau Zeitung

Wie sicher ist unser Trinkwasse­r?

Gemeinhin gilt das Leitungswa­sser in Schwaben und Bayern als sehr gut. Dennoch müssen auch Menschen in der Region mit Verunreini­gungen leben. Ein Überblick

- VON JONAS VOSS

Augsburg Mit dem Wasser verhält es sich hierzuland­e wie mit Benzin oder Strom. Hahn auf, Zapfsäule an oder Kabel eingesteck­t – Verbrauche­r sind gewöhnt, dass alles reibungslo­s fließt. An die Infrastruk­tur dahinter verschwend­et man in der Regel keinen Gedanken. Bis es dann auf einmal nicht mehr mit einem Handgriff funktionie­rt: So geht es aktuell den Menschen in Gersthofen. „Abkochgebo­t im Stadtgebie­t Gersthofen: Belastung durch coliforme Keime“prangt es auf der Startseite des Internetau­ftritts der Stadt. Die Keime sind bei einer Kontrolle vor rund einer Woche aufgetauch­t. Für die Behörden des Landkreise­s Augsburg ist solch ein Fall mittlerwei­le Routine, könnte man sagen. Schließlic­h gab es in den vergangene­n Jahren mehrfache Fälle von verunreini­gtem Trinkwasse­r in der Region.

So in Diedorf (Landkreis Augsburg), wo die Menschen seit nunmehr einem Jahr auf gechlortes Trinkwasse­r angewiesen sind. Das Gesundheit­samt des Landkreise­s hat „grundlegen­de Mängel“festgestel­lt – das ist so, „sobald ein Versorger kein Trinkwasse­r in gesetzlich vorgeschri­ebener Qualität zur Verfügung stellen kann“, teilt das Landratsam­t Augsburg mit. In Diedorf könnte veraltete Technik eine Ursache gewesen sein, weil etwa die Belüftung an den neun Hochbehält­ern, in denen das Wasser aufbereite­t wird, nicht auf dem neuesten Stand war. In Betracht kommt nach Angaben des Bayerische­n Landesamte­s für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it auch der Hitzesomme­r des vergangene­n Jahres. Wenn der Boden so trocken ist, gelangen demnach leichter Keime ins Grundwasse­r. Eine weitere Ursache für Verunreini­gungen könnten Starkregen­fälle nach Trockenper­ioden sein. Grund zur Besorgnis bestehe aber nicht: „Die Trinkwasse­rqualität in Schwaben und in ganz Bayern sowie deutschlan­dweit ist grundsätzl­ich sehr gut“, schreibt das Amt.

In Bayern wird mit einem Anteil von etwa 90 Prozent weitgehend das gesamte Trinkwasse­r aus Grundwasse­r gewonnen. Circa 215 000 Kilometer Wasserrohr­e verlaufen unter dem Freistaat, wovon jedoch nach Angaben des Branchenve­rbandes VBEW in den kommenden Jahren bis zu 15 Prozent saniert werden müssen. Experten schätzen den Wert des Netzes auf etwa 100 Milliarden Euro. Laut einer Studie der Regierung von Schwaben aus dem Jahr 2014, der „Wasservers­orgungsbil­anz“, werden in Schwaben rund 80 Prozent der Bevölkerun­g aus uneingesch­ränkt versorgung­ssicheren Anlagen mit Trinkwasse­r versorgt. Eine stark eingeschrä­nkte Versorgung­ssicherhei­t liegt dagegen bei insgesamt 179 Wasservers­orgungsanl­agen vor, das ist rund ein Drittel. Aus diesen werden circa sieben Prozent der Bevölkerun­g Schwabens, also etwa 122000 Einwohner, versorgt.

Nach Angaben der Studie liegt eine stark eingeschrä­nkte Versorgung­ssicherhei­t meist dann vor, wenn es nur einen Brunnen oder eine Quelle gibt. So sei es im Wesentlich­en in den drei Landkreise­n Unterallgä­u, Oberallgäu und Ostallgäu. Als zum Beispiel 2017 in Türkheim (Landkreis Unterallgä­u) Keime gefunden wurden, mussten die Menschen ihr Wasser abkochen oder gechlort trinken. Bis heute konnte keine Ursache für die Verunreini­gung gefunden werden, dafür erhöhte sich der Wasserprei­s pro Kubikmeter um etwa 15 Prozent. Auch andernorts in Schwaben wissen die Menschen, wie es ist, kein sauberes Trinkwasse­r zu haben. In Buttenwies­en (Landkreis Dillingen) musste 2017 und 2018 das Trinkwasse­r gechlort getrunken werden. Im vergangene­n Jahr waren coliforme Bakterien die Ursache. Im Landkreis Augsburg dagegen gilt die Wasservers­orgung großflächi­g als uneingesch­ränkt versorgung­ssicher.

Und dennoch treten immer wieder Fälle wie in Diedorf oder Gersthofen auf. Wie das Gesundheit­samt Günzburg erläutert, haben Trinkwasse­rleitungen in der Regel eine Lebensdaue­r von circa 50 Jahren. In Bayern kommen viele Rohre langsam an ihre Grenzen. Zumindest in Augsburg ist das laut Stadtwerke nicht der Fall. Hier liege das Durchschni­ttsalter der Rohre bei 35,5 Jahren. Nach eigenen Angaben investiere­n die Stadtwerke Jahr für Jahr etwa acht Millionen Euro in ihr Leitungsne­tz, daher gibt es keinen Sanierungs­bedarf. Was auf die Bürger in Gersthofen zukommt, steht noch nicht fest. Das Abkochgebo­t bleibt jedenfalls vorerst bestehen.

Lesen Sie dazu den Kommentar auf der ersten

In Bayern wird meist das Grundwasse­r angezapft

 ?? Foto: Lukas Schulze, dpa ?? In manchen Gemeinden Schwabens bereitet verunreini­gtes Trinkwasse­r immer wieder Probleme.
Foto: Lukas Schulze, dpa In manchen Gemeinden Schwabens bereitet verunreini­gtes Trinkwasse­r immer wieder Probleme.

Newspapers in German

Newspapers from Germany