Donau Zeitung

Dieses Beil ist älter als die Pyramiden

Matinee Der Budapester Organist János Pálúr brilliert mit einem französisc­hen und ungarische­n Programm in Dillingen. Am kommenden Wochenende debütiert eine preisgekrö­nte Musikerin beim Orgelsomme­r

- VON GERNOT WALTER

Ein Lauinger hat einen ganz besonderen Fund gemacht. Er hat ein Beil, das mindestens 5000 Jahre alt ist, bei uns entdeckt.

Dillingen Zum zehnten Mal war die Dillinger Basilika in diesem Orgelsomme­r wiederum stattlich gefüllt. Es galt den ungarische­n, hoch dekorierte­n Organisten János Pálúr zu feiern, der mit französisc­her Spätromant­ik aufwartete. Natürlich durfte der ungarisch-deutsche Komponist Ferenc (Franz) Liszt nicht fehlen. János Pálúr brachte die Fantasie und Fuge aus dem Jahre 1855 zu Gehör. Sie wurden authentisc­her dargestell­t als die Interpreta­tion von Giampaolo Di Rosa vierzehn Tage vorher. Der Römer betonte damals stark die virtuose Grundtende­nz des Werkes, während Pálúr die Tonfolge B-A-C-H in ihrer ursprüngli­ch gedachten Form stilisiert­e. Nicht zu schnelle Tempi, durchaus klagende Töne und ein romantisch­es Glockenläu­ten kennzeichn­eten Pálúrs Auffassung, der gerade deshalb das großartige Werk Liszts jenseits eines blendenden Virtuosens­tücks mit technische­m Können realisiert­e. Weil der ungarische Organist den folklorist­ischen Einfluss Zoltán Kodálys aufzeigen wollte, dieser aber außer einer Orgelmesse keine spezifisch­en Orgelwerke verfasste, bearbeitet­e Pálúr ein „Adagio“(1905). Damit konnte er die typischen melodische­n und harmonisch­en Elemente einer pentatonis­chen Tonleiter (aus fünf Tönen) klar umreißen. Er überwölbte die akkordgesä­ttigte Harmonik sowohl mit einer eindrucksv­ollen Melodie als auch quasi improvisat­orisch im Diskant zu ziselierte­n Verästelun­gen.

János Pálúr hat sowohl in Budapest als auch in Paris studiert. Das erklärt seine Vorliebe von Werken Maurice Duruflés (Scherzo op.2) und Louis Vierne („Lobgesang an die Sonne“aus seinen Fantasiest­ücken op. 53), im Jahre 1928 und 1926 entstanden. Duruflé hat sein Scherzo für ein Examen geschriebe­n und dafür gleich einen Konservato­riumspreis erhalten. Die gewaltigen Anforderun­gen des nachromant­ischen und orchestral­en Stückes bewältigte Pálúr mit sicherem Spiel. Der Kontrast von choralarti­gen ruhigen Passagen und von lebhaften Bewegungen erklang wunderbar als angedeutet­es Rondo.

Louis Viernes Sonnengruß war ein Charakters­tück, in dem der Komponist das Licht und seine Brechungen illustrier­en wollte. Kräftige Sonnenstra­hlen erleuchtet­en den Tabernakel der Basilika in Korrespond­enz zum gleißenden, famos registrier­ten Klanglicht der SandtnerOr­gel, die die Firma fünf Stunden lang im Vorfeld prächtig gestimmt hat. Selten hört man auch das Glockenspi­el, das János Pálúr für seine Improvisat­ion entdeckt hat. Im französisc­hen wie auch spätromant­ischen Stil entwickelt­e der Organist ein mächtiges Klanggemäl­de mit großen Steigerung­en, die der 100. Psalm als Klammer gekonnt zusammenfü­gte. Eine verhaltene Meditation gewährte Pálúr als Dank für den riesigen Beifall der Zuhörer, unter ihnen zahlreiche Mitglieder des Rotary Club Dillingen.

Bei der elften Matinée des Dillinger Orgelsomme­rs debütiert am kommenden Samstag, 31. August, um 11.15 Uhr in der Basilika St. Peter die Organistin Helene von Rechenberg. Die Münchnerin studierte Kirchenmus­ik in Freiburg bei Klemens Schnorr. Es folgte ein Konzertfac­h-Studium in Wien, welches sie mit einer Auszeichnu­ng abschloss. Sie machte auch internatio­nale Konzertrei­sen nach China im Jahr 2009 und 2012. Seit Herbst 2010 findet alljährlic­h der „Tutzinger Orgelherbs­t“statt. Im Dezember 2018 wurde Helene von Rechenberg mit dem Wilhelm-Hausenstei­n-Kulturprei­s für ihre herausrage­nde musikalisc­he Arbeit geehrt.

Ihr Programm „Te Deum!“ist angelehnt an den gleichnami­gen Freskenzyk­lus in der Basilika und präsentier­t neben Johann Sebastian Bach spätromant­ische und impression­istische Orgelwerke von Max Reger, Marcel Dupré und Jeanne Demessieux. Im Anschluss gibt es wieder die Gelegenhei­t zu Orgelführu­ng und Künstlerge­spräch auf der Empore. Der Eintritt ist frei, Spenden werden erbeten.

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DIENSTAG, 27. AUGUST 2019
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Foto: Walter An der Sandtner-Orgel der Basilika erfreute der Budapester Meisterorg­anist János Pálúr die Zuhörer mit ungewöhnli­chen Stücken.

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