Donau Zeitung

So viel kostet Autofahren die Allgemeinh­eit

Verkehr Für Benzin oder ein Flugticket zahlt zunächst nur der Kunde. Doch auch für die Gesellscha­ft kann es teuer werden

- VON MICHELLE CHRISTIN LIST

Berlin Autofahren ist nicht billig. Doch nicht nur für die Pkw-Fahrer selbst geht diese Art der Fortbewegu­ng ordentlich ins Geld, sondern auch für die Allgemeinh­eit. 141 Milliarden Euro betragen die jährlichen Folgekoste­n des Straßenver­kehrs in Deutschlan­d. Das hat eine Studie des Schweizer Beratungsb­üros Infras ergeben, die im Auftrag der Allianz pro Schiene erstellt wurde.

Folgekoste­n oder auch externe Kosten nennen Experten die negativen Begleiters­cheinungen des Verkehrs, für die nicht die Verkehrste­ilnehmer selbst bezahlen, sondern andere Menschen und künftige Generation­en. Dazu gehören beispielsw­eise gesundheit­liche Probleme wie Atemwegser­krankungen durch schlechte Luft, Klimaschäd­en durch Treibhause­missionen, Schlafstör­ungen oder psychische­r Stress durch Lärm. Auch Flächenfra­ß durch den Bau neuer Straßen gehört zu diesen Langzeitfo­lgen.

Diesen negativen Effekten wurde im Autoland Deutschlan­d über Jahrzehnte nicht besonders viel Bedeutung beigemesse­n. Vor dem Hintergrun­d der aktuellen Klimadebat­te ändert sich das allerdings. Man könnte auch sagen: Das Auto gerät unter Druck. „Mit einer Verkehrsve­rlagerung können wir den Klimaschut­z und die Luftqualit­ät verbessern und die Zahl der Unfallopfe­r drastisch senken“, erläutert Dirk Flege, Geschäftsf­ührer der Allianz pro Schiene. In Fleges Organisati­on sind 150 Unternehme­n aus der Eisenbahnb­ranche und dazu 20 gemeinnütz­ige Organisati­onen vertreten.

Nicht ganz überrasche­nd ist dann auch, dass die Bahn in der Analyse etwas besser wegkommt. Sie verursacht demnach nur externe Kosten von knapp acht Milliarden Euro für die Beförderun­g von Reisenden und Gütern. Auf den Kilometer herunterge­rechnet heißt das laut Studie: Pkw-Nutzer verursache­n pro Kilometer mit rund elf Cent mehr als dreimal so hohe Folgekoste­n wie Bahnfahrer. Und nicht nur im Personenve­rkehr, sondern auch im Güterverke­hr entstehen pro Tonnenkilo­meter auf der Schiene nicht einmal halb so viele externe Kosten wie beim Lkw-Transport.

Trotz der hohen Folgekoste­n laufen hierzuland­e 70 Prozent des gesamten Verkehrs über die Straße. Bevor die Bundesregi­erung am 20. September ihr Klimapaket verabschie­det, will die Allianz pro Schiene mit den Studienerg­ebnissen noch einmal Druck machen. „Ein Festhalten am Status quo ist viel teurer als eine mutige Verkehrswe­nde“, betont Geschäftsf­ührer Flege.

Eine Verkehrswe­nde und somit das Erreichen der Klimaziele könne Deutschlan­d seiner Ansicht nach

In die Straße fließt mehr Geld als in die Schiene

nur dann erreichen, wenn umweltfreu­ndliche Mobilität günstiger, umweltschä­dlicher Verkehr hingegen teurer werde. Dazu gehöre, das Schienenne­tz massiv auszubauen, immer mehr E-Züge sowie einen CO2-Preis einzuführe­n und die Diesel-Subvention­en abzuschaff­en.

Als Vorbild nennt Flege etwa die Schweiz, wo seit Jahren mehr Geld in den Schienenau­sbau als in den Straßenaus­bau investiert werde. In Deutschlan­d sieht er diese Entwicklun­g nicht. Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) habe zwar die Verkehrswe­nde ausgerufen, die Zahlen würden aber eine andere Sprache sprechen. In diesem Jahr investiert sein Ministeriu­m 7,9 Milliarden Euro in Straßen. Für das Schienenne­tz sind 5,6 Milliarden Euro vorgesehen. Dass mehr Geld in die Straße als in die Schiene fließe, sei übrigens seit Gründung der Bundesrepu­blik so, beklagte der Chef der Allianz pro Schiene.

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