Meine erste Platte
Die erste LP ist wie die erste Liebe: man vergisst sie nicht. Wir haben unsere Leser um ihre Geschichten gebeten. Von „langhaarige Affen“, Mädchenträumen und ungarischen Hardrockern
Für dieses unerträgliche Geschrei dieser langhaarigen Affen gibt’s keinen Pfennig!“Klare Worte meines Vaters. So musste ich die fünf Mark für meine erste Single „I want to hold your hand“von den Beatles (Mitte 60er) hart erarbeiten. Meine Mutter war die Rettung! Für einmal Abspülen gab‘s 50 Pfennig! Bei diesem „Spitzenlohn“folgten dann bald „Please please me“, „She loves you“, auch die Stones mit „Not fade away“, „The last time“usw.
Mein „Kaufrausch“machte mich so bald zum Besitzer der ersten LP:
Beatles for Sale. Es folgten „Help“, „Revolver“,… Das Tolle an den LPs war ja, dass die Gestaltung der Cover teilweise fantastische Meisterwerke waren! Auch meine Frau brachte mehrere dieser „Schätze“mit in die Ehe. So hegen, pflegen und genießen wir heute mehrere 100 LPs und CDs der Rock- und Poprockmusik!
Franz Fischer, Gessertshausen
Sicher, vor And Justice For All von
Metallica liefen auf meinem Kassettenspieler im Kinderzimmer schon Kassetten von Künstlern wie Münchner Freiheit, EAV oder auch David Hasselhoff. Die erste CD war jedoch dieses gut 65-minütige Meisterwerk. Für mich, damals Zehnjährigen, öffnete dieses Album die Tür zu einer neuen Welt, dem Heavy Metal. Und welch düstere Welt sich dort auftat. „Blackened“, der erste Song des Albums, handelt von Atomkrieg und dem daraus resultierenden Weltuntergang. Die weiteren Songs drehen sich u.a. um Korruption, Zensur, Diskriminierung, Kriegsgräuel, Schizophrenie und Religion. Als Zehnjähriger konnte ich die Texte noch nicht verstehen, die Atmosphäre des Albums zog mich aber sofort in seinen Bann. Neun komplexe Songs, teilweise fast zehn Minuten lang, messerscharfe Gitarren und prügelnde Drums – so etwas hatte ich noch nie gehört. Auch heute, 30 Jahre später, hole ich die CD gerne aus dem Regal, lege sie in den Player und es fühlt sich an wie früher. Sebastian Hubl, Sonthofen
Meinen ersten Plattenspieler erwarb ich 1970 aus Geldgeschenken anlässlich meiner Konfirmation. Die ersten – für mich aber uninteressanten – Platten (Gitte + Rex, Ronny etc.) steuerte meine Mutter bei. Dieser Platten aber bald überdrüssig, kaufte ich mir noch im gleichen Jahr – auf Anraten eines älteren Mitschülers – meine erste Platte: Stand Up von Jethro Tull. Auf die Musik bin ich nicht gleich angesprungen. Aber was mich so sehr an der Scheibe faszinierte, waren das Cover und sein Innenleben. Beim Aufklappen des Covers standen Ian Anderson und seine Mannen da wie eine Eins, wie ein Vorgänger der Pop-up-Bücher. Diese Platte musste ich haben. Auf dem Heimweg mit der Bahn ließ ich die Herren immer wieder aufstehen, aber keiner meiner Mitreisenden fand Bewunderung für meine Eroberung.
Danach kaufte ich mir im Laufe der Jahre alle Jethro-Tull-Platten die veröffentlicht wurden, inzwischen auch alles auf CD. Heute nach 48 Jahren sind die Haare kürzer (aber auch bei Ian Anderson), aber ich bin immer noch einer der größten Tull-Fans in Nordschwaben. Die Urplatte hat inzwischen vier Plattenspieler überlebt, darf aber jetzt im Plattenschrank ruhen.
Günter Eberhardt, Harburg-Ebermergen
Von meinem ersten selbst verdienten Geld kaufte ich mir 1968 die LP Roy Black 2 und war selig! Roy Black drückte damals einfach alles aus, wovon Mädchen in meinem Alter träumten. Die LP kostete damals 18 DM, das war viel für ein Lehrlingsgehalt. Zudem wollte ich natürlich auch meinen eigenen Plattenspieler – bisher musste ich die Platte immer im Wohnzimmer bei meinen Eltern anhören. Aber ich hatte eine großzügige Oma, die ihr Scherflein dazu beigetragen hat, und dann klappte es auch mit den zukünftigen Roy-BlackPlatten.
Annemarie Salzmann, Wittislingen
Im Jahre 1948 fand ein neugieriger Junge, gerade neun Jahre alt, im Dachboden des elterlichen Bauernhofes einen spinnwebenbedeckten Holzkasten. Er untersuchte den Inhalt und stand vor einem Grammophon mit Tonarm, mehreren Nadeln und einer Kurbel. Unter dem Gerät lagen einige Schellackplatten. Auf einer stand: „Die Hinterhugldorfer Feuerwehr“. Nach mehreren Versuchen konnte der Bub die Maschinerie in Gang bringen. Fürchterlich krächzend sang eine Männerstimme im altbairischen Dialekt vom Einsatz der Wehrmänner auf einem Bauernhof. Mit offenem Mund hörte der Knabe dem eigenartigen Lied zu. Dort hieß es am Schluss: „Mit vier Schlauchleitungn hamma gschpritzt. Koa oinzigs Vieh is uns verbrannt, aber dersuffa sans. Bloss d Antn und d Gans san drvokemma; dia ham ja schwimma kenna.“
Johann Hermann Schmid, Ottobeuren
Das Album war schon drei oder vier Jahre alt, als ich die LP kaufte, aber dafür „Nice Price“, also nur um die zehn Mark teuer: Who
are you von The Who. Eine reguläre Platte hätte ich mir als Schüler nicht leisten können. Schuld an der Erwerbung war mein Musiklehrer. The Who hatten um 1968 eine Rockoper fabriziert. Er spielte meiner Klasse aus „Tommy“einiges vor und hoffte, uns auf diesem Umweg für Opern zu begeistern. Mich führte er auf diese Weise zum Rock – zu richtiger Rockmusik. Es kamen dann Punk und Hardcore, Industrial und Grunge, aber The Who und insbesondere „Who are you“blieben für mich etwas Besonderes. Vor kurzem sah ich mir eine Besprechung dieser Platte auf Youtube an. Für den Briten, der das Video gemacht hat und der vermutlich jede noch so entlegene WhoVeröffentlichung besitzt, ist diese Platte mittelmäßig und langweilig – vielleicht gnädigerweise vom Titelstück abgesehen. Sehr wahrscheinlich war für ihn „Who are you“nicht die erste Platte seines Lebens.
Andreas Alt, Augsburg
Meine erste Schallplatte habe ich mir mit 14 gekauft, bevor ich überhaupt einen Schallplattenspieler hatte. Das war das Doppelalbum von Omega Live im Kissstadion 1979 in Budapest – und ich höre sie heute noch. Aber wer war Omega? Ich lebte damals in Dresden und hatte praktisch keinen Zugang zur „westlichen Plattenwelt“. Omega war eine beliebte Hardrockband aus Ungarn und alle, die nicht die Möglichkeit hatten, Jethro Tull oder Deep Purple live zu sehen oder auf Vinyl zu kaufen, liebten Omega. Der Preis für die Doppel-LP: Mark der DDR 32,20. Man bedenke, ein Azubi bekam im ersten Lehrhalbjahr monatlich netto 108 Mark der DDR. Aber Omega für 32,20 Mark musste sein.
Norbert Körber, Dillingen-Steinheim
Wie der Titel war, weiß ich nicht, ich hatte auch keinen Plattenspieler, denn es war 1950 nach unserer Flucht ins Berchtesgadener Land. Schon in Schlesien bin ich Ski gefahren und war glücklich, als ich nach 1946 wieder Skier bekam. Nur waren es reine Eichenskier ohne Belag, so etwas kannte man damals noch nicht. Als dann aber die ersten Skier mit einem Lack herauskamen, wollte ich so etwas auch haben. Nur war das zu teuer für uns. So kam es, dass ich meine erste Schellackplatte, die ich auf einem Speicher fand, mit einem Bügeleisen zum Schmelzen brachte und auf meine Skier bügelte. Der erste Belag war erfunden und ich glücklich, denn der Schnee pappte nicht mehr so an meinen Skiern und sie waren schnell. Nur brach das Ganze bald stückweise raus, die Freude über diese Platte währte also nicht lange.
Georg Meyer, Stadtbergen
Rhinestone Cowboy heißt die Platte, welche ich zuerst erstand. Glen Campbell singt – und er hatte viel Erfolg auch hierzuland.
Neunzehnhundertfünfundsiebzig kam das Album damals raus, ich hört’ es und verliebt’ mich in die Stimme: Ohrenschmaus…!
Ich besuchte noch die Pen-, ne; bei einer Englandfahrt kaufte ich noch mehr von Glen, hab es wie ’nen Schatz bewahrt.
Von seinen mehr als 70 Scheiben, besaß ich viele als „Ell-Pie“, die heute (als CD) mir bleiben, satthör’n kann ich mich da nie!
Seine Lieder bleiben Erbe, sie begleiten mich bis heute, zeitlos schön, so dass ich werbe: hört Glen Campbell, liebe Leute!
Wolfgang Schmid, Augsburg