Diskussion über Wittislinger Jahresrechnung
Finanzen Die Wittislinger SPD kritisiert „offene Fragen“bei Projekten von 2015. In mehreren Fällen wurde es teurer als geplant. Bürgermeister Ulrich Müller antwortet
Wittislingen Normalerweise bietet eine Jahresrechnung für ein drei Jahre zurückliegendes Geschäftsjahr einer Gemeinde wenig Anlass zur Diskussion. In der Gemeinderatssitzung in Wittislingen wurde die Jahresrechnung 2015 allerdings sehr ausführlich besprochen und debattiert. Nach einer längeren Diskussion wurde die Entlastung des Gemeinderates erteilt, allerdings verweigerten drei Ratsmitglieder ihre Zustimmung – die beiden SPD-Räte Carolin Stoll und Jürgen Menzel sowie der CSU-Rat Florian Schabel. Schabel gab keine Stellungnahme ab und war für die Redaktion nicht mehr zu erreichen. Die Wittislinger SPD hat hingegen Fragen formuliert, zu denen sich Wittislingens Bürgermeister Ulrich Müller auf Anfrage der Zeitung geäußert hat.
Einer der Punkte ist ein Baukostenzuschuss, der für die Kanalsanierung zweier Privathaushalte gewährt wurde – nach Angaben der SPD ohne einen Beschluss des Gemeinderates. Insgesamt geht es um 15000 Euro. Müller erklärt, die Wittislinger SPD greife hier zum „Mittel der inhaltlichen Verkürzung“ und unterschlage die Informationsflüsse zu einzelnen Themen. Die Vorgeschichte zu diesem Vorgang sei im Gemeinderat umfassend besprochen worden.
Der Hintergrund sei, dass von der Gemeinde – vor seiner Zeit als Wittislinger Bürgermeister – Leitungen über Privatgrund gelegt wurden ohne entsprechende dingliche Sicherung im Grundbuch. „Dieser Umstand ist den SPD-GR bekannt“, schreibt Müller. Vonseiten der Gemeinde bestehe die Verpflichtung der Anbindung bis zur Grundstücksgrenze. „Die Dringlichkeit der Maßnahme wurde dem Gemeinderat in der Sitzung mitgeteilt, auch die Inhalte der getroffenen Vereinbarungen.“Der Rat habe den Ablauf gebilligt, da die Kostenanteile der Gemeinde den Verpflichtungen der Erschließung nahe kommt. „Ebenso ist zu beachten, dass aufgrund der Dringlichkeit eine Entscheidung getroffen werden musste, weil die Eigentümer bedroht wurden, dass ihnen der Abfluss abgeklemmt würde“, erklärt Müller. Seitens der Gemeinde habe man daher notbedingt so handeln müssen.
Den nächsten Punkt, den die SPD anspricht, sind die Mehrkosten bei einer Zahlung an den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband, laut SPD wiederum ohne Gemeinderatsbeschluss. Hier geht es um 17000 Euro. Müller erklärt, dass den SPD-Gemeinderäten der Ablauf bekannt sein müsse und es sich wiederum um eine Verkürzung handle. „Ich bin daher sehr froh, den Bürgern ein umfassendes, weil vollständiges, Bild liefern zu können.“Ausgangslage sei der verhängte Baustopp am Regenüberlaufbecken und den daraus resultierenden Stillstandskostenanmeldungen – in Summe über 340000 Euro.
Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband (BKPV) sei mit einer Erstprüfung der Ansprüche beauftragt worden – mit zunächst 20 Stunden. Im Verlauf der Prüfung habe der Verband angeboten, die Inhalte weiter und detaillierter zu prüfen.
Wie Müller erklärt, mit dem Ergebnis, dass eine Forderung um mehr als 75 Prozent reduziert wurde und es zu einer Einigung kam. Weil die Prüfung nun aber komplexer war, ist die Stundenanzahl des BKPV deutlich gewachsen, daher seien die Kosten auch höher gewesen. Das Ergebnis für die Gemeinde sei aber überaus vorteilhaft gewesen – mit weit mehr als 100 000 Euro.
Der zweite Fall sei so gelagert, dass die Forderung bei rund 130 000 Euro liege, das Ergebnis des BKPV bei unter zehn Prozent davon. Auf dieser Basis werde nun eine Lösung gesucht. „Es ist festzuhalten, dass durch dieses Vorgehen, das im Gemeinderat bekannt war, ein erheblicher finanzieller Schaden von der Gemeinde abgewendet werden konnte“, sagt Müller. Die Expertise seitens des BKPV sei dabei die größte Stütze.
Die SPD hat eine weitere Frage formuliert: Warum wurden Mehrkosten für die Renovierung des Rathauses in Höhe von etwa 9000 Euro ohne Gemeinderatsbeschluss gezahlt? Müller sagt wiederum, die Gemeinderatsmitglieder wüssten sehr genau über die Mehrkostengründe Bescheid. „Es ist im Zuge der Sanierung der Rathausfassade sowie der Fenster deutlich geworden, dass die Schäden in der Substanz größer waren, als im Zuge der Beauftragung erkennbar.“Damit die Arbeiten weitergehen konnten, musste – nach Prüfung durch die Bauleitung – der Auftrag erteilt werden, und das schnell: „Im Zuge der gegebenen Dringlichkeit musste beauftragt werden.“