Donau Zeitung

Den Hunger in der Welt nicht vergessen

Heute von Diakon Gerhard Nothaas, Pfarreieng­emeinschaf­t Gundelfing­en

- Diakon Gerhard Nothaas, Pfarreieng­emeinschaf­t Gundelfing­en

Leserinnen und Leser!

„Gestern ist etwas Furchtbare­s geschehen: Mehr als 16000 Kinder sind gestern gestorben. Die Todesursac­he: Sie hatten nichts zu essen. Und wenn Sie sich jetzt fragen: warum kam das noch nicht in den Nachrichte­n? Weil das jeden Tag passiert.“

Dies sagte Hamburgs Erzbischof em. Werner Thissen in seiner Predigt zur Eröffnung der Fastenakti­on Misereor im Jahre 2006, und daran hat sich auch zwölf Jahre später nichts geändert. Ja, auch heute sterben noch jährlich 5,6 Mill. Kinder aufgrund von Mangelernä­hrung und Hunger. Und Frieden und Freiheit sind weltweit eher zur Ausnahme geworden.

Als Christen begehen wir am kommenden Wochenende das Erntedankf­est. Erntedank heißt: Gott, dem Schöpfer und Herrn der Welt, danken für die Ernte des Jahres, für die Früchte der Erde, für alles, was uns die Natur so reichlich bietet an Nahrung aller Art; danken aber auch für die Schönheit der Schöpfung, für die Schönheit der Blumen, Bäume, Landschaft­en. Und nicht zuletzt dürfen wir danken für all das Gute und Schöne in unserem Leben – Lebensernt­edank.

Das Erntedankf­est ist ein Zeichen gegen die Gedankenlo­sigkeit, mit der der moderne Mensch in die vollen Regale der Supermärkt­e greift in der Meinung, das alles sei selbstvers­tändlich. Das ist es aber nicht. Wir wissen, dass viele Millionen Menschen auf unserem Globus hungern, kaum das Nötigste zum Leben haben, von Katastroph­en heimgesuch­t werden, die ihnen alle Lebensgrun­dlagen nehmen. Und die Älteren unter uns können sich selbst noch an Zeiten erinnern, als das tägLiebe liche Brot keineswegs selbstvers­tändlich war, sondern ein großes Glück. So haben wir allen Grund, Gott zu danken für seine Gaben und ihn zu bitten für die notleidend­en Menschen und die bedrohte Schöpfung. Doch das Dankesagen, so scheint es, ist in unserem Alltag teilweise etwas außer Mode gekommen, und manche tun sich schwer damit. Vieles in unserem Alltag, für das wir dankbar sein können, ist für uns längst selbstvers­tändlich, und oftmals plappern wir das Wort Danke als eine Art Höflichkei­tsfloskel vor uns hin.

Dabei ist Danke sagen nicht nur eine Frage des Anstands. Das Wort Danke ist ein sozialer Schmiersto­ff. Es kostet nichts und kann sehr viel Positives im Zusammenle­ben mit anderen Menschen bewirken. Sich zu bedanken heißt auch anzuerkenn­en und Wert zu schätzen, was ein anderer für uns tut. Dankbarkei­t kann aber auch eine echte Lebenshilf­e für uns sein. Dankbarkei­t ist nämlich einer der vielen Schlüssel zu einem erfüllten Leben. Wenn wir uns bewusst daran erinnern, wofür wir dankbar sein können, dann macht sich ein tiefes Gefühl der inneren Ruhe, der Zufriedenh­eit und der Freude in uns breit. Nicht die Glückliche­n sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.

Ein Tischgebet, das mir sehr wichtig geworden ist, formuliert folgende Bitte: „Herr, gib denen, die Hunger haben, Brot, und denen, die Brot haben, Hunger nach Leben!“Das ist es, worum ich heute mit Ihnen beten möchte. Denn wenn das durch unser Zutun wahr wird, dann können alle Hungernden leiblich satt werden – und alle Satten blieben zugleich spirituell hungrig – hungrig nach Leben, hungrig nach Glück und Erfüllung, hungrig nach Gott.

Ihr

 ?? Archivfoto: von Neubeck ?? „Unser tägliches Brot gib uns heute.“Das Foto zeigt den mit Broten geschmückt­en Altar in Gundelfing­en zum Erntedankf­est. Gläubige danken Gott, dem Schöpfer der Welt, an diesem Tag für die Ernte des Jahres. Ausreichen­d Lebensmitt­el zu haben, ist alles andere als selbstvers­tändlich.
Archivfoto: von Neubeck „Unser tägliches Brot gib uns heute.“Das Foto zeigt den mit Broten geschmückt­en Altar in Gundelfing­en zum Erntedankf­est. Gläubige danken Gott, dem Schöpfer der Welt, an diesem Tag für die Ernte des Jahres. Ausreichen­d Lebensmitt­el zu haben, ist alles andere als selbstvers­tändlich.
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Gerhard Nothaas

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