Donau Zeitung

Lange: „Ich wollte eine flächendec­kende Lösung“

Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der CDU/CSU-Bundestags­fraktion erklärt, was die Region fernab von München von dem Kompromiss hat

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Was haben die Dieselbesi­tzer in Nordschwab­en von dem Kompromiss?

Ulrich Lange: „Mit dem vorgestell­ten Maßnahmenp­aket sollen Fahrverbot­e vermieden werden. In Nordschwab­en profitiere­n etwa Pendler, die in besonders belasteten Städten arbeiten oder ihren Firmensitz dort haben. Auch die Nachrüstun­g von Handwerker-Fahrzeugen aus Nordschwab­en kann gefördert werden, wenn der Firmensitz in einer besonders belasteten Stadt ist oder der Fahrzeugha­lter nennenswer­te Aufträge in diesen Städten hat, also etwa in München, Stuttgart oder Reutlingen. Offen gesagt: Ich hätte mir eine flächendec­kende Lösung gewünscht. Aber letztlich kann eine Einigung mit so vielen unterschie­dlichen Akteuren immer nur ein Kompromiss sein. Unser Ziel bleibt es, Fahrverbot­e zu verhindern. Davon profitiere­n letztlich alle.“

Wird der ländliche Raum in diesem Diesel-Paket nicht gänzlich abgehängt?

Lange: „Nein. Es ist nun mal so, dass die besonders belasteten Städte in Deutschlan­d am dringlichs­ten darauf angewiesen sind, ihre NO2-Werte zu reduzieren, um Fahrverbot­e zu vermeiden. Das richtet sich nicht gegen die ländlichen Regionen. Alle profitiere­n davon, wenn es keine Fahrverbot­e gibt. Zudem ist es doch gut, dass bei uns im Landkreis die Luft sauber ist und wir dementspre­chend auch nicht von Fahrverbot­en bedroht sind. Das ist ein Stück Lebensqual­ität in den ländlichen Regionen.“

Welche Lösungsans­ätze gibt es für Dieselbesi­tzer im ländlichen Raum?

Lange: „Diejenigen, die beruflich in besonders belastete Städte einfahren müssen, können die Tausch-Prämien der Autoherste­ller in Anspruch nehmen. Auch Härtefälle werden berücksich­tigt. Wenn wir Fahrverbot­e in Deutschlan­d vermeiden, profitiere­n davon alle Diesel-Fahrer.“

Zieht man mit diesem Kompromiss nicht eher mehr Unmut auf sich als vorher?

Lange: „Es wurde lange und hart um eine Lösung gerungen mit sehr unterschie­dlichen Standpunkt­en. Da kann eine Einigung immer nur ein Kompromiss sein. Wenn man sich jetzt auf besonders belastete Städte konzentrie­rt, ist das zunächst ein wichtiger Schritt. Ich denke, der Unmut wäre noch größer gewesen, wenn man gar keine Lösung gefunden hätte. Grundsätzl­ich habe ich jedoch Verständni­s für den Unmut der Diesel-Fahrer. Dieser Kompromiss wird die Diskussion nicht beenden.“

Ist es im Vorfeld der Landtagswa­hl in Bayern nicht riskant, den Dieselbesi­tzern in München und Umgebung ein attraktive­s Angebot zu machen und allen anderen nicht?

Lange: „Da sehen Sie, wie schwierig und komplex das ganze Thema ist. Es beschäftig­te uns ja bereits vor der Bundestags­wahl. Denken Sie nicht, wir hätten gerne ein Rundum-Wohl- für alle Diesel-Fahrer geschnürt? Aber rechtlich gesehen kann man die Autoherste­ller nicht zu Nachrüstun­gen verpflicht­en. In der Diskussion kommt oft zu kurz, dass es hier ja zum großen Teil nicht um manipulier­te Fahrzeuge geht, sondern um ordnungsge­mäß zugelassen­e. Eine kleine Lösung, die sich auf die besonders belasteten Städte bezieht, ist erst mal besser als gar keine Lösung. Aber ich sehe vor allem die Automobilh­ersteller hier in der Verantwort­ung. Sie müssen dafür sorgen, dass verloren gegangenes Vertrauen zurückgewo­nnen wird. “

Ein Mann aus dem Landkreis DonauRies klagt gegen VW, weil er seinen gebrauchte­n VW-Diesel nicht verkaufen kann – wenn nicht bald eine Lösung in Sicht ist. Brauchen wir nicht eine andere Lösung als den Klageweg?

Lange: „Da müsste man sich den Einzelfall juristisch anschauen. Dazu kann ich pauschal nichts sagen. Aber hinter Ihrer Frage steckt ja eigentlich das Thema Wertverlus­t. Da teile ich die Sorgen der Menschen. Ich fahre im Übrigen auch einen Euro-5-Diesel. Das Thema Wertverlus­t ist ein reales Problem. Leider gibt es auch hier keine einfachen Lösungen. Die Verteufelu­ng des Diesels – wie sie vor allem von den Grünen betrieben wird – ist dabei äußerst kontraprod­uktiv. Mit dem Diesel-Beschluss der Bundesregi­erung wurde jetzt deutlich gemacht, dass es für Diesel-Fahrer, die direkt von einem Fahrverbot in ihrer Stadt betroffen sind, Möglichkei­ten gibt, ihre Mobilität zu erhalten. Zufühl-Paket dem sollen durch die beschlosse­nen Maßnahmen Fahrverbot­e eigentlich grundsätzl­ich vermieden werden.“

Nicht nur der Rieser – alle Diesel-Besitzer fühlen sich im Stich gelassen. Können Sie ihnen eine Hoffnung auf eine zeitnahe, praktikabl­e Lösung machen oder hängt das ausschließ­lich von den Auto-Konzernen ab?

Lange: „Mit dem vorgestell­ten Maßnahmenp­aket sollen Fahrverbot­e vermieden werden. Besonders für Pendler und Handwerker, die häufig in besonders belastete Städte fahren müssen, sind die Regelungen positiv. Zudem ist es wichtig, dass die Fahrzeugha­lter nicht zur Kasse gebeten werden, sondern die Autoherste­ller ihrer Verantwort­ung gerecht werden. Die konkreten Angebote der Hersteller muss man sich dann anschauen. Gut ist, dass die Diskussion auch bei ausländisc­hen Hersteller­n Früchte zu tragen scheint. In der Diskussion muss auch unterschie­den werden zwischen den Fahrzeugen mit unzulässig­er Abschaltei­nrichtung und denen, die ordnungsge­mäß zugelassen wurden. Gegen Manipulati­onen kann man etwas tun und das hat die Bundesregi­erung auch getan – direkt nach Bekanntwer­den 2015. Damals gab es einen verpflicht­enden Rückruf. Die betroffene­n Fahrzeuge sind inzwischen zu 97 Prozent in Ordnung gebracht worden. Das Thema saubere Luft ist ein anderes. Auch wenn dies in der aktuellen Debatte gerne mal vermischt wird.“

Wenden sich Bürger aus Ihrem Wahlkreis zu diesem Thema an Sie?

Lange: „Das Thema beschäftig­t natürlich viele Bürgerinne­n und Bürger. Ich werde häufig darauf angesproch­en und bekomme viele Schreiben dazu.“

Was bedeutet der Kompromiss für Autohändle­r? Auch auf sie hat der Kompromiss ja Auswirkung­en. Wie können sie prüfen, ob ein Mann aus dem Kreis Dillingen zum Beispiel tatsächlic­h jeden Tag nach München zur Arbeit pendelt und in den Genuss der Prämie kommt?

Lange: „Die genaue Ausgestalt­ung muss jetzt ausgearbei­tet werden. Entscheide­nd ist eine unbürokrat­ische Umsetzung des Maßnahmenp­akets, etwa durch Vorlage des Arbeitsver­trages.“

Die Fragen stellte Cordula Homann. Foto: Büro Lange

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Symbolfoto: Ulrich Wagner Was hat der Diesel-Kompromiss gebracht? Profitiere­n auch Menschen in unserer Region davon?
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Ulrich Lange

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