Es war die richtige Entscheidung
Es ist eine allzu menschliche Eigenheit, sich benachteiligt zu fühlen. Kaum ein Schüler, der konzertiert: „Ganz große Klasse, wie Frau Meier die Mathe-Klausur korrigiert hat.“Wenige Ruheständler, die einen Blick auf den Rentenbescheid mit einem anerkennenden Kopfnicken für die richtige Berechnung quittieren. Stattdessen: alle böse. Die Lehrerin, die einen kreativen Rechenweg mit der Begründung beiseite wischt, er lasse sich mit keinerlei mathematischen Grundlagen in Einklang bringen. Der Sachbearbeiter, der die jahrelange Schwarzarbeit als Hundesitter einfach nicht anrechnen will.
Fußballer sind auch nur Menschen. Also fühlen sie sich ungerecht behandelt. Kein Applaus, wenn der Schiedsrichter eine perfide Schwalbe als solche entlarvt. Dafür Tiraden, falls der Unparteiische den Einwurf auf Höhe der Mittellinie der falschen Mannschaft zuordnet. Die Referees und Verbandsoberen hatten irgendwann genug vom Wehklagen erwachsener Männer. Um wenigstens die gröbsten Ungerechtigkeiten zu vermeiden, installierten sie den sogenannten Video-Schiedsrichter. Das technische Sieb sollte Ungerechtigkeiten herausfiltern.
Das gelingt in der Rückrunde besser als in der Vorrunde. Ein Fußballer bleibt aber ein Mensch, bleibt ungerecht behandelt. Wie die Freiburger. Die befanden sich schon auf dem Weg in die Halbzeitpause, als Schiedsrichter Guido Winkmann sie wieder auf das Feld beorderte. Nur um sie zusehen zu lassen, wie ein Elfmeter in ihr Tor geschossen wird. Die Freiburger fühlten sich ungerecht behandelt. Wäre Winkmann allerdings nicht auf das Handspiel aufmerksam gemacht worden, hätten sich die Mainzer verständlicherweise beklagt. Wenn aber die Schlussfolgerung ist, dass es egal ist, wer sich benachteiligt fühlt, können alle Schiedsrichter abgezogen werden. Dann sollen das die Mannschaften unter sich ausmachen. Gerechter freilich ist es, zu so vielen richtigen Entscheidungen wie möglich zu gelangen. Dann muss man aber auch akzeptieren, dass der Weg dorthin Zeit benötigen kann.