Angeklagter bestreitet Vergewaltigung einer Camperin
Der Asylbewerber aus Ghana nennt das Opfer eine Prostituierte und wittert eine Verschwörung
Bonn Es sollte ein entspanntes Camping-Wochenende werden, doch es wurde zum Albtraum: Nachts überfällt ein brutaler Täter ein Paar in der Siegaue bei Bonn, vergewaltigt die Frau. Der angeklagte Asylbewerber bestreitet die Tat. Am ersten Prozesstag beleidigt er das nicht anwesende Opfer als Prostituierte und wittert eine Verschwörung.
„Ich habe einfach keine Zeit, mir diese Märchengeschichten anzuhören“, ereifert sich der 31-Jährige. Mit Hand- und Fußfesseln sitzt er am Montag im Bonner Landgericht. Den Rat seiner Verteidiger, von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen, befolgt er nicht: „Ich verstehe nicht, warum ich schweigen sollte, wenn ich über den Fall gar nichts weiß.“Er habe eine Menge zu sagen, kündigt er an. Zunächst verliest die Staatsanwältin die Anklage: Demnach soll der Mann am 2. April kurz nach Mitternacht mit einer Astsäge das Zelt der Opfer aufgeschnitten haben. Das verängstigte Paar gab dem Täter sechs Euro und eine Lautsprecherbox. Dann richtete er die Säge auf die 23-Jährige. Die Studentin hatte Todesangst, musste sich auf eine Decke legen. Der 31-Jährige habe sie vergewaltigt und sei geflüchtet. Wenige Tage später wurde der Verdächtige festgenommen, weil ein Spaziergänger ihn auf einem Phantombild erkannte.
Ausführlich berichtet der Angeklagte vor Gericht von seiner Kindheit und Jugend in Ghana. Sein Vater sei ein reicher Plantagenbesitzer gewesen, er habe in einer Art Palast gewohnt und ein gutes Leben gehabt, bis der Vater 2013 starb. Eines Tages habe ihn der Mann seiner Halbschwester mit einem Stock verletzt, woraufhin er mit einem Stock zurückgeschlagen habe. Sein Schwager sei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Deshalb habe er sein Dorf verlassen müssen. Später sei er nach Libyen gegangen, habe dort einen Schleuser kennengelernt, der ihn mit einem Boot nach Italien brachte. Nach ein paar Monaten habe ihm eine alte Frau 1000 Euro geschenkt, sodass er sich eine Bahnfahrkarte nach Deutschland kaufen konnte. Dort wohnte der Angeklagte zuletzt in der Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin, wenige Kilometer vom Tatort entfernt.
Als der Richter ihn zu den Tatvorwürfen befragen will, wird der Angeklagte aufbrausend: Er sei zur Tatzeit in der Unterkunft gewesen, beharrt er. Der Richter hält dagegen: Die elektronische Eingangskontrolle belege, dass er erst nachts um 3.06 Uhr in die Unterkunft gekommen sei. Außerdem sei seine DNA am Opfer gefunden worden. „Wenn das Gericht sagt, dass die DNA passt, muss ich das Mädchen eine Prostituierte nennen“, schimpft der Angeklagte. Nach Angaben der Bezirksregierung war der Asylantrag des Mannes wenige Tage vor der Tat abgelehnt worden. Da er dagegen klagte, sei das Verfahren noch anhängig gewesen. Mitte Oktober könnte das Bonner Landgericht im Vergewaltigungsfall sein Urteil sprechen.