Die eigene Mutter wegen 100 Euro bedroht
Prozess Mit rund drei Promille im Blut rastete ein 55-Jähriger aus
Landkreis Dillingen Ohne Alkohol, da ist ihr Vater eine Seele von Mensch, sagt die Tochter. Doch wenn er getrunken hat, dann kann er unberechenbar werden. Das erfuhr im Januar dieses Jahres die mittlerweile 89-jährige Mutter des 55-Jährigen am eigenen Leib. Die ganze Nacht über, sagt ihr Sohn, habe er getrunken, weil sein Enkel, der in den Ferien bei ihm war, wieder nach Hause fahren musste. „Ich war frustriert, konnte nicht schlafen und habe mir auf Deutsch gesagt die Kante gegeben.“
Derart, dass er am Morgen, als er zu seiner Mutter ins Zimmer ging, etwa drei Promille Alkohol im Blut hatte. Weil er dem Enkel noch ein Weihnachtsgeschenk habe machen wollen, aber nur noch 350 Euro gehabt habe, wollte er von seiner Mutter 100 Euro haben. Doch darum bat er alles andere als höflich. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft nahm der 55-Jährige seiner Mutter gegenüber eine bedrohliche Haltung ein, beschimpfte sie als „dreckige Hexe“, fegte in seiner Rage zwei Blumentöpfe von einem Raumteiler und drohte ihr oder seinem Bruder den Kopf herunterzuhauen und einem anderen Bruder die Hand abzuhacken. Derart eingeschüchtert rückte die alte Dame die 100 Euro schließlich heraus und rief dann aufgelöst die Lebensgefährtin eines anderen Sohnes an, die dann die Polizei verständigte. Die fand bei einer Durchsuchung dann auch noch ein elf Zentimeter langes Springmesser und eine scharfe Patrone des Kalibers neun Millimeter.
Der Angeklagte ließ im Prozess vor dem Schöffengericht in Augsburg die Vorwürfe über seinen Verteidiger Felix Hägele einräumen und zeigte sich reuig. Der Verteidiger betonte aber, dass sein Mandant immer ein sehr gutes Verhältnis zur Mutter gehabt und sich um sie gekümmert habe. „Die Mutter sagt, sonst ist er ein wunderbarer Sohn, aber wenn er trinkt, ist er ein anderer Mensch.“Die 89-Jährige selbst war aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Verhandlung erschienen. Dafür aber die Dillinger Amtsrichterin Gabriele Held, bei der sie einige Zeit nach der Tat ausgesagt hatte. Man habe gemerkt, dass sie der Vorfall wirklich verängstigt habe, sagte Held vor Gericht. „Mörderisch“habe sich der Sohn aufgeführt. Ein Wort, das auch einem der Polizeibeamten, Ein 55 Jähriger be drohte seine Mut ter wegen 100 Euro. die an diesem Morgen vor Ort waren, im Gedächtnis geblieben war. Dennoch ist die Seniorin offenbar bereit, den Sohn wieder bei sich aufzunehmen. Der saß seit dem Vorfall in Untersuchungshaft. Aus der wurde er am Freitag entlassen. Denn das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Martina Triebel verurteilte den 55-Jährigen wegen räuberischer Erpressung, vorsätzlichen Besitzes einer verbotenen Waffe und vorsätzlichen unerlaubten Besitzes von erlaubnispflichtiger Munition zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Daneben muss der Mann 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und eine ambulante Alkoholtherapie machen.