„Ich war immer nah an Gott dran“
Interview Heino ist seit Jahrzehnten im Musikgeschäft und hat sich immer wieder neu erfunden. Wie er Weihnachten feiert, wie es Hannelore geht und was sein größter Wunsch ist
Volkssänger, Rocker oder Image-Verwandlungskünstler – wer ist Heino eigentlich? Heino: Heino ist natürlich der Volkssänger geblieben. Doch die Begegnung mit der Rockmusik war herrlich. Ich werde aber auch die Volkslieder nicht vernachlässigen.
Was war der Auslöser, dass Sie sich mit Heavy Metal beschäftigten? Heino: Ich bin von vielen jungen Leuten angesprochen worden, ich solle mal was für sie machen. Da ich mich aber in dem Genre nicht auskenne, habe ich meinem Manager, der halb so alt ist wie ich, gesagt: „Such mir mal ein paar gute Titel aus.“Das Album „Mit freundlichen Grüßen“schoss von Null auf Eins. Damit habe ich mein Publikum mit einem Schlag um 40 Jahre verjüngt.
Das kann nicht jeder von sich sagen. Heino: Ja, wirklich lustig. Als ich mit der Musik begann, kümmerte ich mich vorwiegend um ein Publikum, das im Schnitt mindestens 20 Jahre älter war als ich. Die sind schon alle tot. Jetzt habe ich die jungen Leute. Denen kann ich auch Volkslieder präsentieren, die die gar nicht kennen.
Sie waren in den 70er Jahren für die junge Generation regelrecht ein Feindbild. Heute mögen manche über Sie in Ihrer schwarzen Lederkluft schmunzeln, aber Sie sind längst kein Hassobjekt mehr. Wie sehen Sie das? Heino: Als ich 1965 anfing, sind die jungen Leute oft fehlgeleitet worden. Da kamen ein paar ganz schlaue Intellektuelle, die sich zu Wort gemeldet haben. Sie sagten, das Liedgut sei zu weit rechts angesiedelt, es seien Soldatenlieder. Aber das waren größtenteils Vorurteile. Wenn ich damals nicht dagewesen wäre, wäre das ganze Liedgut verschwunden. Ich behaupte sogar, ohne mich gäbe es gar keine volkstümliche Musik. Aber ich habe mich an den Hass gewöhnt.
Hat Sie das nicht belastet, wenn Ihr „Schwarzbraun ist die Haselnuss“mit der Hitlerzeit in Bezug gesetzt wurde? Heino: Na, das ist natürlich falsch. Das ist schon 1872/73 komponiert und getextet worden. Das hat mit der braunen Vergangenheit überhaupt nichts zu tun. Da müssten sich ja heute die ganzen Politiker und Prominenten, die jeden Sommer nach Bayreuth pilgern, alle schämen. Da redet keiner von Richard Wagners Antisemitismus.
Was treibt Sie in Ihrem Alter noch an, auf der Bühne zu stehen. Geld? Heino: Geld spielt inzwischen überhaupt keine Rolle mehr. Ich muss nicht singen, aber ich möchte das. Solange der liebe Gott mir meine Stimme so lässt, werde ich singen.
Wissen Sie, wie viele Tonträger Sie in Ihrem Leben verkauft haben? Heino: Ich rede ungern über verkaufte Tonträger. Meine frühere Firma Electrola hat so um die 50 Millionen von mir verkauft. Aber das ist alles Schnee von gestern. Ich lebe im Hier und Jetzt und denke nicht drüber nach, was ich an Tonträgern verkauft habe.
Tut es Ihnen leid, dass Sie Ihren Bambi 2011 zurückgegeben haben, weil Bushido einen für seine Verdienste um die Integration verliehen bekam? Heino: Nein, überhaupt nicht. Ich würde das jederzeit wieder so machen, wenn Bushido wieder einen bekommen würde. Wissen Sie, seitdem ich den Bambi zurückgegeben habe, finde ich in der Bunten nicht mehr statt. Aber das macht mir nichts aus.
So politisch kannte man Sie gar nicht. Heino: Ja, aber es gibt Sachen, da verstehe ich heute keinen Spaß mehr. Wenn ein Sänger mit homosexuellenund frauenfeindlichen Texten einen Bambi bekommt, da stellen sich mir die Nackenhaare hoch.
Lieber Heino, ein paar persönliche Fragen: Nennt Sie außer dem Finanzamt noch jemand bei Ihrem Geburtsnamen Heinz Georg Kramm? Heino: Nö. Bei mir steht Heino Kramm im Pass. Auch das Finanzamt verwendet diesen Namen.
Tragen Sie daheim auch die Brille? Heino: Natürlich. Nur wenn ich abends mit Hannelore schlafen gehe, trage ich die Brille nicht. Meine Freunde und meine Band kennen mich allerdings auch ohne Brille.
Wann hat die blonde Perücke Pause? Heino: Ich habe nie eine Perücke getragen, sondern ein Haarteil. Da habe ich aber nie einen Hehl daraus gemacht. Das ist für mich auch nichts Problematisches. Man kann sich ein neues Knie, eine neue Hüfte oder halt auch neue Haare leisten.
Noch nie an Silberlocken gedacht? Heino: Nein, nein, nein. Ich bleibe blond. Warum sollte ich die grau färben lassen. Um Gottes willen! Jetzt war ich bis 78 blond, und ich bleib so bis zum Schluss. Wie geht es eigentlich Hannelore? Heino: Gut. Sie hat zwar ein paar Wehwehchen mit ihrer Hüfte (Sie hat eine neue Hüfte und zwei neue Knie, die Red.). Sie kann nicht mehr so herumflitzen wie ich, das macht ihr aber nichts. Daheim hat sie einen Rollator und unterwegs ihr drittes Bein, einen Stock.
Wo und mit wem feiern Sie Weihnachten? Heino: Wir feiern Weihnachten bei einer befreundeten Familie in Kitzbühel. Wir sind fünf Personen, und ich hoffe, dass sie uns gut bekochen und wir weiße Weihnachten haben.
„Geld spielt inzwischen überhaupt keine Rolle mehr.“
Über seinen Antrieb
Wie stehen Sie zu Gott? Heino: Ich habe ein enges Verhältnis, bin streng katholisch erzogen worden, obwohl meine Mutter evangelisch war. Ich war Messdiener, mein Großvater war Kantor im Kölner Dom. So war ich immer nah an Gott dran. Wenn ich mit Hannelore an einen fremden Ort komme, führt unser erster Weg immer in die Kirche, wo wir eine Kerze anzünden.
Ihr größter Wunsch? Und sagen Sie jetzt nicht: Gesundheit oder Friede auf Erden! Heino: Ich möchte mit der Hannelore sehr alt werden und eines Tages mit ihr zu Bett gehen und mit ihr gemeinsam für immer die Augen schließen. Interview: Josef Karg O
Neues Album Heino wurde am 13. Dezember 1938 in Düsseldorf geboren – seit Jahrzehnten ist er im Musikgeschäft. Sein aktuelles Album „Mit weihnachtli chen Grüßen“ist vor 16 Jahren schon ein mal erschienen. Neu sind drei Stücke, unter denen sich auch ein Duett mit der Newcomerin Sarah Jane Scott befindet. Gemeinsam haben Sie „Rockin’ Around the Christmas Tree“aufgenommen.