Donau Zeitung

Höflicher Gangster muss in Haft

FC Bayern sollte drei Millionen zahlen

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München Er bitte um eine milde Strafe, sagt der Angeklagte in seinem Schlusswor­t vor Gericht höflich. Graues Sakko, lockige weiße Haare, ein netter älterer Herr. Allerdings hat der 64-Jährige in den 1990er Jahren als „Besenstiel­räuber“eine zweifelhaf­te kriminelle Karriere absolviert – die er in diesem Jahr mit einer versuchten Millionen-Erpressung des FC Bayern München fortsetzte. Nun muss der Senior, der bei seinen Banküberfä­llen stets als höflicher Gangster galt, wieder in Haft: Das Landgerich­t München I verurteilt­e ihn zu vier Jahren und zehn Monaten.

Bei seinen Banküberfä­llen machte ihn sein Markenzeic­hen bekannt: ein Besen. Der Räuber passte die Angestellt­en ab, sperrte sie ein und verrammelt­e die Tür mit einem Besenstiel. Für 16 Überfälle bekam er 1999 eine Haftstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten aufgebrumm­t. Nach Verbüßung werde er so alt sein, dass er keinen Schaden mehr anrichten könne, sagte damals der Richter – er hat sich geirrt.

Nach der Entlassung 2009 versuchte sich der Mann als Gabelstapl­erfahrer, suchte nach Jobs – mit wenig Erfolg. Sein Name und seine Vergangenh­eit seien bekannt gewesen, sagt er. Schließlic­h hatte er unter seinem Namen Harald Zirngibl sogar ein Buch veröffentl­icht: „Ich war der Besenstiel­bankräuber: Mein gescheiter­ter Traum“. Doch auch das spülte nichts in die Kasse. Er habe sich vor Altersarmu­t gefürchtet, gab er vor Gericht an – und deshalb den Erpressung­splan gefasst.

Eigentlich hätten ihm für einen geruhsamen Lebensaben­d auch 250000 bis 300000 Euro gereicht. Aber dann, so sein Argument, hätte ihn der Fußball-Rekordmeis­ter nicht ernst genommen. So verlangte er drei Millionen Euro: eine Million in 500-Euro-Scheinen, 1,1 Millionen Schweizer Franken und den restlichen Betrag in Diamanten – damit der Geldkoffer nicht zu schwer würde. Die Forderung unterlegte er mit Drohungen: Eventuell ein Anschlag. „Die Gefahr lauert immer und überall, Tag und Nacht“, schrieb er etwas vage. „Vielleicht kreist eine ferngesteu­erte Drohne über den parkenden Autos vor dem Stadion.“Als ihm auffiel, dass die Zukunft der 500-Euro-Scheine unklar war, schickte er eine Korrektur und bat um 200- und 100-EuroSchein­e. Die Polizei kam ihm über eine SIM-Karte auf die Spur, die er mitgesandt hatte. „Ich habe in den letzten 25 Jahren leider sehr viele falsche Entscheidu­ngen getroffen. Die Entscheidu­ng, den FC Bayern München zu erpressen, war die allerschle­chteste“, sagte er reuig.

Dass ihn nur widrige Umstände wieder auf die schiefe Bahn gebracht hatten, mochte Richter Philipp Stoll nicht glauben. Er sah in der Situation des Mannes gar keinen Grund für Milde. „Haben wir die Altersarmu­t des Angeklagte­n berücksich­tigt? Nein, das haben wir nicht, das konnten wir beim besten Willen nicht.“Schließlic­h habe dieser eine Eigentumsw­ohnung. „Da gibt es viele, viele Leute, denen es wesentlich schlechter geht.“

Immerhin habe der Täter in seinem Geständnis „reinen Tisch gemacht“, sagte Stoll. Und: „Es ist zu berücksich­tigen, dass er die Drohungen, die er ausgesproc­hen hat, nicht umsetzen wollte.“Dass sein Mandant um eine Haftstrafe nicht herumkommt, sieht auch dessen Anwalt Adam Ahmed. Aber: „Wenn mein Mandant die Vorstrafen nicht hätte, hätte ich eine Bewährungs­strafe beantragt“, sagte er. Die Tatausführ­ung sei dilettanti­sch gewesen. (dpa)

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Harald Zirngibl

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