Ein bitterer Abend
Gruppe D Dramatisches 2:2 zwischen Kroatien und Tschechien. Wieder Randale
Saint-Étienne Mitfavorit Kroatien hat einen sicher geglaubten Sieg auf dem Weg ins Achtelfinale gegen Tschechien verschenkt. Gegen eigentlich hoffnungslos unterlegene Tschechen spielten die Stars um Luka Modric und Ivan Rakitic in Saint-Étienne nach einer 2:0-Führung nur noch 2:2 (1:0). Schuld waren auch eigene Fans, die am Freitag in Saint-Étienne Bengalos aufs Spielfeld warfen und für eine Spielunterbrechung sorgten. Das brachte die Kroaten komplett aus dem Rhythmus.
Ivan Perisic (37. Minute) und Rakitic (59.) hatten die Kroaten in Führung gebracht. Der Ausgleichstreffer per Elfmeter nach Handspiel für die Tschechen durch Tomas Necid fiel in der Nachspielzeit. Danijel Subasich gelang zuvor mit einem präzisen Kopfball der Anschluss (76.). Tschechien hat mit dem Remis wieder alle Chancen auf das Achtelfinale. Kroatische Fans warfen gegen Spielende Knallkörper und bengalische Feuer auf das Spielfeld und lieferten sich untereinander wüste Schlägereien. Binnen weniger Minuten wurde aus einem kroatischen Fußballfest ein ganz bitterer Abend für das lange Zeit dominierende Team. Die Disziplinarkommission der Uefa wird am Samstag ihre Ermittlungen zu den Vorkommnissen im kroatischen Fanblock aufnehmen, sobald sie den Spielbericht erhalten hat.
Torschütze Rakitic entschuldigte sich nach dem Spiel bei der Uefa und beim Gegner. Verärgert musste er sich zurückhalten, die Randalierer im kroatischen Fanlager nicht übel zu beschimpfen: „Es gibt Worte, die darf man im Fernsehen nicht sagen.“Aber er suchte auch die Schuld bei seiner Mannschaft: „Wir hätten das dritte Tor erzielen müssen. Wir dürfen keine Ausreden suchen.“Perisic meinte auf die Frage, ob die Zwischenfälle den Sieg gekostet hätten: „Ja, ich denke schon.“Kroatiens Trainer Ante Cacic war nach dem Spiel außer sich: „Ich nenne das eine Art von Terror. Das sind für mich keine Fans, ich nenne sie Hooligans.“(dpa) Zlatan Ibrahimovic verschwand nach dem späten 1:0 der Italiener fluchtartig in den Keller des Stadions von Toulouse. Während die Azzurri tanzend ihren Matchwinner Eder (88.) und den Einzug ins Achtelfinale feierten, wollte sich der Superstar nicht mit den anderen geschlagenen Schweden von den Fans verabschieden. Ibrahimovic war sauer. Seinem Team droht nach nur einem Punkt aus zwei Spielen das Aus bei der Fußball-EM.
Den Italienern war Ibrahimovic reichlich egal – und auch die Kritik an ihrer ultradefensiven Taktik. „Sicherlich haben wir uns heute schwer getan, aber wir haben auch nichts zugelassen“, sagte Italiens Trainer Conte: „Das ist eine große Befriedigung, die sich diese Jungs verdient haben.“Dass es in Toulouse eine langweiliges Spiel und ein reichlich glücklicher Sieg war, interessierte den Coach wenig. Seine Minimalisten-Taktik ging erneut auf, die Altmeister um Torhüter Buffon feierten auf dem Rasen ausgelassen. „Wir haben das Ziel erreicht, was wir unbedingt wollten“, schwärmte Emanuele Giaccherini: „Niemand hätte das erwartet, aber wir sind frühzeitig im Achtelfinale.“
Die Squadra Azzurra führt die Gruppe E souverän mit sechs Punkten an, obwohl ihr Offensivspiel von großer Ideenlosigkeit geprägt ist. Dass Eder zum Matchwinner wurde, war wie eine ironische Pointe. Der 29-Jährige von Inter Mailand war in einem schwachen Spiel einer der schwächsten Profis und wurde doch zum Helden des Tages. In der ersten Halbzeit kam nicht ein einziger Pass von ihm an, und mit seinem ersten Torschuss erzielte er den einzigen Treffer der Partie. Dass es kein tolles Spiel war, sah auch der Torschütze so. „Vielleicht haben wir uns in der ersten Halbzeit sehr schwer getan, aber dann wurde es besser“, kommentierte der gebürtige Brasilianer.
Italien kann sich nun gegen Irland schonen, während die Schweden um die Achtelfinal-Teilnahme zittern. Gegen Belgien am Mittwoch ist schon ein Sieg Pflicht, ansonsten droht wie 2008 und 2012 das Aus in der Vorrunde. Spanien hat auf dem Weg zum dritten EM-Titel in Serie Fahrt aufgenommen und dank eines Doppelpacks von Àlvaro Morata souverän das Achtelfinale erreicht. Gegen eine ganz schwache türkische Mannschaft setzten sich die Iberer am Freitagabend in Nizza mit 3:0 (2:0) durch.
Damit ist Spanien bei EM-Endrunden nun schon seit 14 Partien unbesiegt, seit sieben Begegnungen hat La Furia Roja nicht einmal ein Gegentor hinnehmen müssen. Vor 33 409 Zuschauern im Stade de Nice erzielten Morata (34. Minute), Nolito (37.) und erneut Morata (48.) die Treffer für das Team von Trainer Vicente del Bosque.
Die Türken sind dagegen weiter ohne Turniertor und haben nur noch geringe Chancen auf das Weiterkommen. Platz drei ist mit einem Sieg zum Abschluss gegen Tschechien zwar noch drin, aber das könnte zu wenig sein, um als einer der vier besten Gruppendritten weiterzukommen. (dpa)