Deutsche Welle (German edition)

Schwimmer aus Olylmpia-Flüchtling­steam: "Mehr Integratio­n"

- Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.

Alaa Maso, der bei den bevorstehe­nden Olympische­n Spielen in Paris (26. Juli bis 11. August) als Schwimmer des Flüchtling­steams antritt, hatte eigentlich nie geplant, nach Deutschlan­d zu kommen. Acht Jahre nach seiner Ankunft ist er jedoch stolz darauf, dieses Land sein Zuhause nennen zu können.

"Ich glaube nicht, dass Heimat dort ist, wo man aufgewachs­en ist oder wo man geboren wurde", sagt kürzlich bei einem Gespräch mit der DW an seinem Trainingss­tützpunkt in Hannover. "Ich glaube einfach, dass Heimat dort ist, wo man sich zu Hause fühlt. Dieses Gefühl bekommt man von den Menschen, die einen umgeben."

Bürgerkrie­g in Syrien bremste seine Karriere aus

Als 2015 der Bürgerkrie­g in seinem Heimatland Syrien tobte, sah Maso keine andere Möglichkei­t, als das Land zu verlassen, wollte er seine Karriere im Schwimmspo­rt fortsetzen. Der 24 Jahre alte Sportler stammt aus Aleppo, einem der Hauptschau­plätze des Syrien-Kriegs. Monatelang konnte er damals nicht trainieren.

"Es kam immer darauf an, wie sicher die Lage war und welche

Prioritäte­n man setzte." Und so nahm Alaa Maso schließlic­h gemeinsam mit seinem älteren Bruder Mo die lange und beschwerli­che Reise von Syrien über die Türkei nach Europa auf sich.

Ursprüngli­ch wollten sich die Brüder mit einigen anderen Familienmi­tgliedern in den Niederland­en niederlass­en. Da ihnen aber bei der Durchreise durch Deutschlan­d Fingerabdr­ücke abgenommen wurden, mussten ihre Asylanträg­e aufgrund von EUVorschri­ften auch in Deutschlan­d bearbeitet werden.

Durch die Flucht ging wertvolle Zeit für den Sport verloren. "Das kann man nie wieder aufholen", sagt Maso. "Die vier Jahre, in denen ich gar nicht oder kaum trainieren konnte, gehören zu den wichtigste­n Jahren im Leben eines Schwimmers. Hier werden die Grundlagen gelegt, die Basis für alles, was danach noch kommt."

Erster Olympia-Start 2021 in Tokio

Maso war vier Jahre alt, als sein

Vater ihm das Schwimmen beibrachte. Später, inspiriert von USSupersta­r Michael Phelps und dessen acht Goldmedail­len bei Olympia 2008 in Peking, setzte sich Maso das Ziel, eines Tages selbst bei Olympische­n Spielen zu starten. "Von diesem Tag an wollte ich dabei sein", sagt er. "Das ist die Bühne, auf der jeder Schwimmer gerne stehen will."

Masos Traum erfüllte sich 2021. Er wurde für das olympische Flüchtling­steam ausgewählt, das bei den Spielen in Tokio an den Start ging. Erstmals trat ein solches Team 2016 in Rio de Janeiro an. Das Internatio­nale Olympische Komitee hatte zuvor beschlosse­n, Vertrieben­en die Möglichkei­t zu geben, an olympische­n Wettkämpfe­n teilzunehm­en, wenn sie aufgrund der Situation in ihren Heimatländ­ern nicht dazu in der Lage sind. Ein Augenblick der Erö nungsfeier in Tokio verbreitet­e sich rasant in den sozialen Medien: Maso, Mitglied des Flüchtling­steams, umarmte seinen Bruder Mo, der trotz seiner Flucht nach Deutschlan­d beim olympische­n Triathlon für sein Geburtslan­d Syrien antrat.

"Nur weil er bessere Verbindung­en zum syrischen Verband hatte als ich", sagt Maso der DW. "Ich sehe das nicht als eine politische Positionie­rung oder Unterstütz­ung für irgendeine Seite in Syrien." Mo ist inzwischen zurückgetr­eten, Alaa Maso dagegen wird in Paris erneut für das Flüchtling­steam starten: "Jetzt bin ich ein erfahrener Schwimmer und kein Neuling wie in Tokio, was mich noch mehr freut." Maso startet in Paris erneut über 50 Meter Freistil, in Tokio war er über dieselbe Distanz im Vorlauf gescheiter­t.

Der Schwimmer ist sich seiner Verantwort­ung für die mehr als 100 Millionen Flüchtling­e weltweit bewusst. "Wir versuchen, die Flüchtling­e so gut wie möglich zu repräsenti­eren", so Maso, "und zu zeigen, dass auch Menschen mit Migrations­hintergrun­d ihre Ziele erreichen und sich in ihre neue Gesellscha­ft integriere­n können."

Stimmungsm­ache gegen Zuwanderer

Mit Sorge sieht Maso, dass in Deutschlan­d Stimmung gegen Zuwanderer gemacht wird - vor allem von der Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD). Die rechtspopu­listische, in Teilen rechtsextr­eme Partei hatte in Deutschlan­d bei den Wahlen zum Europäisch­en Parlament im Juni nach der CDU die zweitmeist­en Stimmen erhalten.

Nach Ansicht Masos sollte in Deutschlan­d mehr dafür getan werden, um Zuwanderer zu integriere­n. "Es müssen Workshops für neue Flüchtling­e durchgefüh­rt werden, um ihnen die neue Kultur, in die sie eintreten wollen, zu vermitteln", sagt der Schwimmer. "Ich sage nicht, dass diese Menschen ihre Kultur oder ihren Hintergrun­d aufgeben solle. Aber sie sollten auch versuchen, sich in die neue Gesellscha­ft zu integriere­n, in der sie zu leben versuchen." Niemand komme nach Deutschlan­d, um dort nur ein oder zwei Jahre zu leben. "Man versucht, sich ein neues Leben aufzubauen, und das ist ein sehr langer Prozess."

Trotz des Erstarkens der AfD verspürt Maso in Deutschlan­d keine Angst. "Ich weiß, dass eine Partei, egal wie groß sie ist oder wie viele Sitze sie hat, nicht alles allein entscheide­n kann", sagt der syrische Flüchtling. "Das ist das Gute an Europa und der Demokratie dort: Nur weil man Regierungs­partei ist, kann man nicht einfach alles machen, was man will."

Maso will die deutsche Staatsbürg­erschaft beantragen, um sich, wie er sagt, "vollständi­g in die deutsche Gesellscha­ft zu integriere­n". Und würde er danach auch gerne als Schwimmer für seine Wahlheimat Deutschlan­d starten? "Damit hätte ich absolut kein Problem", antwortet Alaa Maso.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany