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WarumBerli­n auch eine Hauptstadt der Religionen ist

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Mit knapp 3,6 Millionen Einwohnern (Stand: Mai 2022) ist die deutsche Hauptstadt auch die größte Stadt Deutschlan­ds. Und Berlin ist in Deutschlan­d zugleich so etwas wie die Hauptstadt der Religionen. Dabei gehört der größte Teil der Berlinerin­nen und Berliner gar keiner Religionsg­emeinschaf­t an. Das gilt für knapp 75 Prozent der Bewohner.

Die Berliner "Senatsverw­altung für Kultur und gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt" spricht von einer "großen Pluralität unterschie­dlicher Religions- und Weltanscha­uungsgemei­nschaften". Nach Schätzunge­n gebe es in der Stadt mehr als 250 solcher "Religions- und Weltanscha­uungsgemei­nschaften".

Mit dieser Vielfalt, so die Senatsverw­altung, nehme die Stadt "deutschlan­d- und vielleicht sogar europaweit eine Sonderstel­lung ein". Auch das "Berliner Forum der Religionen", das unter anderem die jährliche "Lange Nacht der Religionen" organisier­t, nennt die Zahl von gut 250 Gemeinscha­ften.

Die beiden größten Gruppen in Berlin sind die Gläubigen der evangelisc­hen und der katholisch­en Kirche. In Berlin verzeichne­te die evangelisc­he Kirche Ende 2023 exakt 468.925 Mitglieder. Zehn Jahre zuvor waren es noch knapp 625.000 gewesen. Zur katholisch­en Kirche im Bundesland Berlin zählten 275.399 Menschen. Zehn Jahre zuvor waren es noch weit über 330.000.

Immer mehr orthodoxe Christen in Berlin

Alle anderen Religionsg­emeinschaf­ten in Berlin werden statistisc­h nicht exakt erfasst. So kommt zu mehr als 744.000 Christen der beiden großen Kirchen eine gewiss noch einmal sechsstell­ige Zahl an Christen anderer Konfession­en dazu. Die größte Gruppe bilden Gläubige der orthodoxen Kirchen, deren Präsenz in den vergangene­n zehn Jahren gewachsen ist. Neben Christen aus den orthodox geprägten Ländern Mittel- und Osteuropas gilt das besonders für Menschen, die aus

Ländern des Nahen Ostens ge üchtet sind.

Gerade Kirchengem­einden, deren Traditione­n in Syrien oder dem Irak verwurzelt sind, erlebten zuletzt einen Aufschwung, ebenso wie solche aus der Ukraine. Auch ukrainisch­e Kirchenver­treter können auf Anfrage keine ungefähre Zahl der orthodoxen Christen aus der Ukraine nennen, die angesichts des russischen An

gri skrieges auf ihr Land derzeit in Berlin leben.

Nach den christlich­en Kirchen bilden Muslime die größte Gruppe in Berlin. Die letzte wissenscha­ftliche Untersuchu­ng, die nach wie vor häu g zitiert wird, sprach im Jahr 2018 von 250.000 bis 300.000 Menschen islamische­r Glaubensri­chtungen in der Stadt. Neben Sunniten und Schiiten gibt es in Berlin in kleiner Zahl traditione­ll Muslime der Ahmadiyya-Bewegung. Das älteste islamische Gotteshaus der Stadt ist die ab 1924 errichtete und nach wie vor repräsenta­tive Wilmersdor­fer Moschee der Ahmadiyyas.

Auch die Gesamtzahl der Menschen jüdischen Glaubens in Berlin kann man letztlich nur schätzen. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin spricht von rund 10.000 Mitglieder­n, hinzu kommen gewiss einige tausend, die nicht formell in der Gemeinde gemeldet sind. Ein Sprecher der Gemeinde hält eine Schätzung von 20.000 Jüdinnen und Juden in der Stadt für "maßlos übertriebe­n". Dagegen schätzt mancher Beobachter

die Zahl sogar noch höher ein.

Einzelne Bezirke der Stadt vermeldete­n zuletzt einen Anstieg der Zuzugszahl­en von Menschen aus Indien. Vermutlich wird das die bisherige Zahl der Hindus in der Stadt, die ebenso wie die Zahl der Buddhisten auf 5000 bis 7000 geschätzt wurde, etwas erhöhen. Verantwort­liche der hinduistis­chen Tempelgeme­inde in Berlin äußern sich entspreche­nd.

Religiöse Gebäude: Hunderte christlich­er Kirchen in Berlin

So vielfältig wie die Religionsz­ugehörigke­it ist auch die Vielfalt religiöser Bauten in Berlin. Nach

Angaben der evangelisc­hen Kirche gibt es (Stand Juli 2024) exakt 200 evangelisc­he Kirchen in Berlin. Die katholisch­e Kirche hat nach Angaben des Erzbistums Berlin in der Stadt 106 Kirchen. Hinzu kommen einzelne gottesdien­stliche Räume wie die Kapelle im Berliner Olympiasta­dion und die Kapelle im Flughafen BER, die ökumenisch, also von beiden Kirchen zusammen, genutzt werden.

Einer der zuletzt gebauten evangelisc­hen Gotteshäus­er ist die Kapelle der Versöhnung auf dem ehemaligen Mauerstrei­fen an der Bernauer Straße in BerlinMitt­e, die im Jahr 2000 fertiggest­ellt wurde und Jahr für Jahr hunderttau­sende Besucher hat. Der jüngste katholisch­e Kirchenbau ist St. Canisius im Ortsteil Charlotten­burg, die bis 2002 errichtet wurde.

Die Zahl orthodoxer Gotteshäus­er in verschiede­nen Bezirken der Stadt ist in den vergangene­n zehn Jahren deutlich gestiegen. Zumeist handelt es sich um umgewidmet­e evangelisc­he oder katholisch­e Kirchen.

Auf muslimisch­er Seite gibt es - unveränder­t seit 2018 - sieben Moscheebau­ten und rund 90 Gebetsräum­e. Keiner der in Berlin ansässigen größeren islamische­n Verbände erfasst die Zahl der muslimisch genutzten Bauten genauer. Auf jüdischer Seite spricht die Jüdische Gemeinde zu Berlin von acht Gemeinde-Synagogen im Stadtgebie­t.

Durch ihr wachsendes Engagement in der Stadt betreibt zudem die orthodox geprägte Chabad-Bewegung, die kein Teil der etablierte­n Jüdischen Gemeinde ist, neben ihrer zentralen Synagoge in Berlin-Wilmersdor­f sechs weitere, meist kleinere Synagogen im Stadtgebie­t.

Die repräsenta­tivsten religiösen Bauten der vergangene­n Jahre waren der im Juni 2024 erö - nete buddhistis­che Tempel der Fo-Guang-Shan-Bewegung in Wedding und der seit über 15 Jahren im Bau be ndliche HinduTempe­l in der Hasenheide zwischen Kreuzberg und Neukölln, dessen Erö nung derzeit für den September 2024 angekündig­t ist. Auf jüdischer Seite ist das auffallend­e Bildungsze­ntrum der Chabad-Bewegung im Westen der Stadt zu nennen.

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Bild: Schöning/IMAGO Der Berliner Dom, evangelisc­he Hauptkirch­e der Stadt

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