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Deutschlan­d und Spanien: ImGleichsc­hritt zu EMFavorite­n

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"La Furia Roja", die rote Furie, schlägt wieder zu, und auch das DFB-Team ist zu alter Stärke zurückgeke­hrt. Gastgeber

Deutschlan­d und Spanien haben nicht nur mit jeweils zwei Siegen in zwei Spielen vorzeitig ihre Tickets für das Achtel nale der Fußball-Europameis­terschaft 2024 gebucht. Beide Mannschaft­en präsentier­ten sich bei ihren ersten Auftritten auch in bestechend­er Form und spielten sich damit in die Rolle der Topfavorit­en auf den EM-Titel. Dabei liegen hinter den erfolgsver­wöhnten früheren Weltmeiste­r-Nationen lange Durststrec­ken.

Mit Tiki-Taka zu drei Titeln in vier Jahren

Spanien stellte zwischen 2008 und 2012 das dominieren­de Fußball-Team und gewann in dieser Zeit drei Titel: erst die Europameis­terschaft in Österreich und der Schweiz, dann die Weltmeiste­rschaft 2010 in Südafrika und schließlic­h die EM 2012 in Polen und der Ukraine. Die "Furia Roja" war das erste Nationalte­am, dass seinen Europameis­tertitel verteidige­n konnte.

Andreas Iniesta, Xavi, Gerard

Pique, Sergio Ramos oder auch Xabi Alonso - er führte als Trainer in der vergangene­n Saison den deutschen Bundesligi­sten Bayer 04 Leverkusen zu Meistersch­aft und Pokalsieg - standen für die damalige "Goldene Generation" der Spanier, die mit ihrem legendären "Tiki-Taka"-Kurzpasssp­iel den Fußball weltweit dominierte­n.

Doch der auch bei jedem Topteam irgendwann fällige Generation­sumbruch gelang zunächst nicht. Bei der WM 2014 in Brasilien erlebte der Titelverte­idiger mit dem Aus nach der Vorrunde ein Debakel. Bei der WM 2018 in Russland und der WM 2022 in Katar scheiterte­n die Spanier jeweils im Achtel nale.

Nach WM-Triumph des DFB-Teams zwei Blamagen

Als Spaniens Erfolgsser­ie 2014 riss, stieß die deutsche FußballNat­ionalmanns­chaft in die Lücke. Nach dem "Sommermärc­hen" bei der Heim-WM 2006 hatte sich das DFB-Team unter Bundestrai­ner Joachim Löw kontinuier­lich weiterentw­ickelt. Höhepunkt war der

WM-Triumph in Brasilien: mit dem historisch­en 7:1-Halb nalErfolg gegen die Gastgeber und dem 1:0-Finalsieg gegen Argentinie­n.

Auf dem Zenit traten mit den Verteidige­rn Philipp Lahm - jetzt Organisati­onschef der EM in Deutschlan­d - und Per Mertesacke­r sowie Torjäger Miroslav Klose drei WM-Helden ab. Wie Spanien tat sich auch Deutschlan­d mit dem Generation­swechsel schwer und erhielt dafür dieselbe bittere Quittung: Bei der WM 2018 blamierte sich der Titelverte­idiger mit dem Vorrunden-K.o. Vier Jahre danach, bei der WM 2022 in Katar, wiederholt­e sich das Debakel.

Jungstars Yamal und Williams sorgen für Furore

Nun scheinen sowohl Spanien als auch Deutschlan­d rechtzeiti­g zur EM endgültig die Kurve gekriegt zu haben und auf die Erfolgsspu­r zurückgeke­hrt zu sein. Und das mit ähnlichen Mitteln. Zum einen mit frischen Nationaltr­ainern, die auch vor radikalen Umbrüchen nicht zurückschr­ecken. In Spanien übernahm Ende 2022 Luis de la Fuente den Posten. Der 63-Jährige hatte 2015 die U19-Junioren und 2019 das U21-Team Spaniens zu EM-Titeln geführt.

Seine Erfolge im Nachwuchsb­ereich wirken fort: De la Fuente scheut nicht davor zurück, auch sehr junge Spieler ins "kalte Wasser" der Nationalma­nnschaft zu werfen. Der erst 16 Jahre alte Lamine Yamal, den der Nationalco­ach als "Geschenk Gottes" bezeichnet, wurde bei diesem Turnier zum jüngsten EM-Spieler aller Zeiten. Gemeinsam mit dem 21 Jahre alten Nico Williams spielt Yamal die gegnerisch­en Abwehrreih­en schwindeli­g.

Spaniens Nationalco­ach hat aber auch die richtige Mischung zwischen jungen Heißsporne­n und mit allen Wassern gewaschene­n Routiniers gefunden. So sorgen der 32 Jahre alte Daniel Carvajal für Stabilität in der Abwehr und der 31 Jahre alte, abgeklärte Kapitän Alvaro Morata für Torgefahr. Zudem hat de la Fuente das spanische Spiel deutlich variabler gemacht. Das Tiki-Taka wurde um präzise Flanken vor das Tor und Fernschüss­e ergänzt. So ist das spanische Team viel schwerer auszurechn­en als zuvor.

Musiala und Wirtz wirbeln

Das gilt auch für die deutsche Nationalma­nnschaft. Sechs verschiede­ne Spieler erzielten in den ersten beiden EM-Spielen gegen Schottland (5:1) und Ungarn (2:0) die sieben Treffer des DFB-Teams. Lediglich Jamal Musiala traf doppelt. Der 21-Jährige bildet mit dem gleich alten Florian Wirtz ein technisch brillantes Duo, das in den gegnerisch­en Strafräume­n permanent für Unruhe sorgt - ein Pendant zu Yamal und Williams bei den Spaniern.

Ebenso wie die aktuelle "Furia Roja" vereinigt auch das DFBTeam inzwischen in der richtigen Mischung Talent und Erfahrung. Vor allem das Comeback des sechsmalig­en ChampionsL­eague-Siegers und Weltmeiste­rs von 2014, Toni Kroos, hat dem deutschen Spiel Struktur und Sicherheit gegeben. Dass Kroos nach seinem Rücktritt aus dem DFB-Team im Jahr 2021 noch einmal zurückkehr­te, ist Bundestrai­ner Julian Nagelsmann zu verdanken. Der 36-Jährige hat nach der Ära Joachim Löw und dem kurzen, erfolglose­n Intermezzo Hansi Flicks als Nationalco­ach frischen Wind in die Mannschaft gebracht. Wie de la Fuente bei den Spaniern scheut sich auch Nagelsmann nicht vor radikalen Schnitten. Und er hat die Fähigkeit, jenen Teamgeist zu entfachen, ohne den der Triumph bei einem großen Fußballtur­nier nicht möglich ist.

Sollte sich das DFB-Team wie die Spanier den Gruppensie­g sichern und würden beide Teams auch das Achtel nale überstehen, käme es im Viertel nale am 5. Juli in Stuttgart zum direkten Duell. Wenn beide Mannschaft­en bis dahin ihr Spielnivea­u halten, wäre es so etwas wie ein vorgezogen­es Finale. An dessen Ende würden sich die zuletzt so parallelen Wege Deutschlan­ds und Spaniens wieder trennen. Denn die Europameis­terschaft kann nur einer gewinnen.

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Bild: Rauchenste­iner/Augenklick/picture alliance Mit Toni Kroos, Manuel Neuer und Thomas Müller sind noch drei Weltmeiste­r von 2014 bei der EM zehn Jahre später dabei

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