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EURO 2024: Lewandowsk­imit Polen ausgeschie­den

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Als der Schlussp ertönt, stemmt Robert Lewandowsk­i die Hände in die Hüfte und senkt den Blick auf den Rasen vom Berliner Olympiasta­dion. Auf den Rängen wedeln die rot-weißen Schals der Fans aus Österreich, die ihre siegreiche Mannschaft mit Gesängen feiern.

Lewandowsk­i schleicht schließlic­h mit der leuchtend gelben Kapitänsbi­nde vom Platz und klatscht noch ein paar Mitspieler ab. Nach zwei Pleiten in den ersten beiden EM-Spielen gegen die Niederland­e (1:2) und Österreich (1:3) kann Polen den dritten Gruppenpla­tz trotz des letzten Spiels gegen Frankreich nicht mehr erreichen und ist als erster EM-Teilnehmer ausgeschie­den.

Lewandowsk­i: "Ich denke nicht ans Aufhören."

Bei der WM 2022 in Katar führte der heute 35-Jährige die Mannschaft noch ins Achtel nale, bei der Europameis­terschaft ist dieses Mal schon nach der Vorrunde Schluss. "Aufhören? Daran denke ich noch überhaupt nicht," sagte Lewandowsk­i der DW nach dem Spiel in der Mixed Zone trotzig. "Wir haben noch ein Spiel." Doch die Diskussion­en um seine Zukunft im polnischen Nationalte­am werden vermutlich jetzt erst richtig an Fahrt aufnehmen.

Schon die Vorzeichen standen nicht gut für das EM-Turnier in seiner früheren Wahlheimat Deutschlan­d, wo Lewandowsk­i bei Borussia Dortmund (20102014) und Bayern München (2014-2022) seine erfolgreic­hste Zeit als Pro verbracht hatte.

Der Angreifer, der immer noch in ganz Polen allgegenwä­rtig von Werbeplaka­ten grinst und die Zeitschrif­ten füllt, hatte sich im letzten EM-Test gegen die Türkei am Oberschenk­el verletzt. Den EM-Auftakt gegen die Niederland­e hatte er ganz verpasst, gegen Österreich reichte es nun nach

seiner Einwechslu­ng immerhin zu einer halben Stunde Spielzeit.

Rekordnati­onalspiele­r und -torjäger

Von der Bank aus gab Lewandowsk­i in der ersten Halbzeit dem

Trainertea­m Ratschläge. Später auf dem Platz versuchte er seine Mitspieler immer wieder anzufeuern und spendete Beifall. Doch fußballeri­sch konnte er in den verblieben­den Minuten gegen Österreich seiner Mannschaft nicht mehr weiterhelf­en. Von einer Torchance war Lewandowsk­i weit entfernt.

"Er ist sicherlich der beste Spieler, den wir in Polen jemals

hatten", sagt Journalist Wojciech Gorski, der die polnische Nationalma­nnschaft bei dieser EM begleitet. "Aber mit nun 35 Jahren hat er seine beste Zeit hinter sich."

Polens Rekordnati­onalspiele­r (151 Einsätze) und Rekordtors­chütze (82 Tore) hat sicherlich etwas an Tempo und Geschmeidi­gkeit eingebüßt, aber dank seiner Physis und dem Torriecher war Lewandowsk­i dennoch der Ho - nungsträge­r für diese EM.

Weltfußbal­ler und Leader

Mehr als 15 Jahre hat er die polnische Nationalel­f angeführt - als Fan-Liebling, Leader und Legende. Elf Mal Polens Fußballer des Jahres, zwei Mal wurde er sogar zum FIFA-Weltfußbal­ler des Jahres gekrönt. Lewandowsk­i ist der alles überstrahl­ende Superstar in einem sonst durchschni­ttlichen Nationalte­am, das zuletzt ohnehin kaum noch Identi kation stiften konnte.

"Meine Großmutter kennt vielleicht drei Spieler aus der Mannschaft", sagt Journalist Gorski. "Wojciech Szczesny, Piotr Zielinski und eben Robert Lewandowsk­i. Das war es aber auch schon." Die erfolgreic­hen Zeiten sind lange vorbei, nur mit Mühe und nach einem Elfmeter-Krimi in den EMPlayoffs konnte sich Polen überhaupt für das Turnier in Deutschlan­d quali zieren.

Auch auf Klubebene hat der erfolgsver­wöhnte Lewandowsk­i eine schwierige Saison hinter sich. Kein Titelgewin­n mit Barcelona und "nur" 19 Tore in Spanien. Zum ersten Mal seit 2017 wurde Lewandowsk­i nicht Torschütze­nkönig in seiner Liga.

Eine Zukunft ohne Lewandowsk­i?

Unter Experten wächst seit Monaten die Erkenntnis, dass sich Polen von Lewandowsk­i emanzipier­en muss. Immer wieder wurde auch über den zu großen Ein uss Lewandowsk­is diskutiert, sagt Journalist Gorski. Das Spiel war jahrelang auf ihn zugeschnit­ten, andere Spieler hätten zurückgest­eckt und es schwer gehabt, sich zu entwickeln. Polen stellt bei dieser EM den viertältes­ten Kader im ganzen Turnier, lediglich der 21 Jahre alte Nicola Zalewski, der für AS Rom spielt, macht Ho nung für die Zukunft.

Bei den Fans überwiegen noch Trauer und Nostalgie. Viele polni

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Bild: Kieran McManus/IMAGO/Shuttersto­ck Lewandowsk­i konnte als Joker nicht mehr glänzen

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