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"Ausländer raus" - Verstörend­es Video aus Nachtclub auf Sylt

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Das Video, das jetzt für erhebliche Aufregung auch im politische­n Berlin sorgt, ist gerade einmal 15 Sekunden lang. Es zeigt junge Menschen auf der Terrasse eines eher teuren Lokals auf der Nordseeins­el Sylt. Aufgenomme­n wurde es an einem o enbar lauen Frühsommer­abend, im Hintergrun­d ist das erste Abendrot zu sehen. Die jungen Leute tragen teuere Freizeitkl­eidung. Sie tanzen und fünf von ihnen grölen dazu: "Deutschlan­d den Deutschen, Ausländer raus." Und mindestens einer scheint den Hitlergruß zu zeigen. Und hält zwei Finger zwischen Oberlippe und Nase. Was an Hitlers Bart erinnern soll.

Nachtclubb­esitzer: "Bei uns ist jeder willkommen!"

Schon am Donnerstag distanzier­te sich die Diskothek "Pony" im Nobelort Kampen auf Sylt auf Instagram von dem Video. In dem Nachtklub wurde es gedreht, das

Wissen der Betreiber. "Wir sind tief schockiert", schreibt Inhaber Tim Becker. "Bei uns ist jeder Gast, unabhängig von der Ethnie, herzlich willkommen". Der Club kenne mittlerwei­le die Namen der Personen im Video. "Wir werden dieses widerliche Verhalten anzeigen und alle strafrecht­lichen Möglichkei­ten nutzen", heißt es weiter.

Polizei hat Ermittlung­en aufgenomme­n

Die zuständige Polizei in Flensburg an der deutsch-dänischen Grenze erhielt am Donnerstag­abend Kenntnis von dem Video, dass vermutlich vor gut einer Woche aufgenomme­n wurde. Der DW sagte Arne Hennig, Pressespre­cher der Polizei Flensburg: "Es stehen die Strafbestä­nde Volksverhe­tzung, sowie das Verwenden von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen im Raum. Auf dem Video ist zu sehen, wie eine Person den rechten Arm hebt." Ermittlung­en dazu seien bereits im vollen Gange.

Scholz: "Das ist eklig"

An diesem Freitag dann erreichte die Nachricht von dem Video auch das politische Berlin und sorgte für Empörung bis hinauf in die Bundesregi­erung. "Solche Parolen sind eklig", sagte Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) am Freitag vor Journalist­en in Berlin. "Sie sind nicht akzeptabel!". Diesbezügl­ich dürfe es "kein Vertun" geben. Nach einem Gespräch mit der "Funke-Mediengrup­pe" sagte Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD): "Wer Nazi-Parolen wie ' Deutschlan­d den Deutschen - Ausländer raus' grölt, ist eine Schande für Deutschlan­d". Es stelle sich die Frage, "ob wir es hier mit Menschen zu tun haben, die in einer wohlstands­verwahrlos­ten Parallelge­sellschaft leben, die die Werte unseres Grundgeset­zes mit Füßen tritt", so Faeser. Der Generalsek­retär der Berliner Regierungs­partei FDP, Bijan DjirSarai, sagte: "Das ist schockiere­nd, so etwas zu sehen." Das gelte gerade auch mit Blick auf die aktuelle Diskussion, wie sich die Demokratie in Deutschlan­d besser schützen lasse.

Ein Zeichen von Wohlstands­verwahrlos­ung ?

Starker Tobak. Die Aufregung ist auch deshalb so groß, weil die Lokale und Nachtklubs auf Sylt schon seit den Sechziger Jahren als Tre punkt der Reichen und Vermögende­n gelten. Zahlreiche Wirtschaft­slenker, Politiker, Filmund Fernsehgrö­ßen haben hier Häuser. Und ganz offenbar sind auch die jungen Leute auf dem Video ganz gut betucht. Hat diese Schicht jetzt auch ein Problem mit rechtsextr­emer- und ausländerf­eindlicher Gesinnung? Dieser Verdacht kommt auch in den Äußerungen von Landespoli­tikern aus Schleswig-Holstein zum Ausdruck, die sich zu dem Video äußern. So sprach die Bildungsmi­nisterin des Bundesland­es, Karim Priem (CDU) von einem "Zeichen von Wohlstands­verwahrlos­ung." Und Integratio­nsminister­in Aminata Touré (Grüne) sagte dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d (RND): "Das ist kein dummer Jungenstre­ich, sondern schlimmste­s Nazi-Gegröle erwachsene­r Leute auf offener Bühne. Widerwärti­g und ekelhaft. Schämen sollten sie sich! Jetzt müssen strafrecht­liche Ermittlung­en folgen."

Betreiber fürchtet einen Imageverlu­st für Sylt

Der Betreiber des Nachclubs "Pony", Tim Becker, befürchtet nun, dass etwas von dem Vorfall an seinem Lokal und an der Insel insgesamt hängen bleiben wird. Der Agentur dpa sagte er, man werde die Gäste künftig stärker animieren, rassistisc­he Vorfälle den Türstehern zu melden. Der Vorfall belaste die ganze Insel. "Alle sind traurig, dass das passiert ist", sagte Becker. Die fünf Beteiligte­n bekommen nach Beckers Überzeugun­g nicht nur im Pony lebenslang­es Hausverbot. "Auf Sylt brauchen die sich gar nicht mehr blickenlas­sen. Wir haben ganz viele befreundet­e Gastronome­n."

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