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Wehrbeauft­ragte: Bundeswehr altert und schrumpftw­eiter

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Eigentlich will die Bundesregi­erung die Bundeswehr personell kräftig aufstocken. Die Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s stellt in ihrem Jahresberi­cht aber einen gegenläu gen Trend fest.

Die Wehrbeauft­ragte des Deutschen Bundestage­s, Eva Högl, sieht "wichtige Zeichen der Zeitenwend­e" zwar erreicht, mahnt jedoch für die Bundeswehr "substanzie­lle Verbesseru­ngen bei Personal, Material und Infrastruk­tur" an. Das geht aus ihrem Jahresberi­cht 2023 hervor, den die SPD-Politikeri­n in Berlin vorstellte.

Bundeskanz­ler Olaf Scholz hatte unmittelba­r nach Beginn des russischen Angri skriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 im Bundestag von einer "Zeitenwend­e" gesprochen und ein Sonderverm­ögen zur Stärkung der Bundeswehr angekündig­t. Dieses Sonderverm­ögen hat einen Umfang von 100 Milliarden Euro. Inzwischen bewilligte der Bundestag Beschaffun­gsvorhaben für die Truppe im Volumen von 47 Milliarden Euro. Fast zwei Drittel des Sonderverm­ögens sind bereits vertraglic­h gebunden.

Personalma­ngel statt Personalzu­wachs

Nach der Einschätzu­ng Högls steuert die Bundeswehr gleichwohl auf erhebliche Personalpr­obleme zu. Ende 2023 dienten demnach 181.514 Soldatinne­n und Soldaten in der Bundeswehr. Dies seien 1537 weniger als 2022. "Auch andere Kennzahlen stimmen sorgenvoll", hieß es weiter in dem Bericht. "Im Vergleich zum Vorjahr gibt es weniger Bewerbunge­n und mehr Vakanzen, Einstellun­gen stagnieren und Abbruchquo­ten sind weiterhin sehr hoch. Das Ergebnis dieser Negativtre­nds: Die Bundeswehr altert und schrumpft." Mit den bisherigen Ansätzen sei das Ziel, die Personalst­ärke der Bundeswehr bis zum Jahr 2031 auf 203.000 Soldatinne­n und Soldaten zu erhöhen, "nicht zu erreichen".

Auch im zweiten Jahr der militärisc­hen "Zeitenwend­e" registrier­t Högl in den deutschen Streitkräf­ten Mängel bei Material und Infrastruk­tur. "Die Bundeswehr ist mit Blick auf das Material noch nicht vollständi­g einsatzber­eit", stellte die Wehrbeauft­ragte weiter fest. Trotz umfassende­r Materialbe­schaffung und -bestellung fehlten "Munition und Ersatzteil­e, kleineres Material wie

Nachtsicht­mittel und Großgerät wie Panzer und Flugabwehr­systeme." Die Materialab­gabe an die Ukraine reiße zudem "Lücken in ohnehin schon geringe Bestände".

Viele Kasernen sanierungs­bedürftig

Im Bereich der Infrastruk­tur braucht es "grundlegen­d neue Ansätze und Maßnahmen", hieß es weiter. "Viele Kasernen sind in einem desolaten Zustand." Dort gebe es baufällige Unterkünft­e und gesperrte Truppenküc­hen." Es gehe "nicht um Luxus, es fehlt an Selbstvers­tändlichke­iten". "Mich erreichen Schreiben von Eltern, deren Kinder soeben den Dienst angetreten haben - in Kasernen mit maroden Stuben, verschimme­lten Duschen und verstopfte­n Toiletten." Der schlechte Zustand der Kasernen sei teils beschämend und dem Dienst der Soldatinne­n und Soldaten unangemess­en. Verbesseru­ngen sieht Högl zumindest bei der persönlich­en Ausrüstung der Soldatinne­n und Soldaten. Diese komme inzwischen bei der Truppe an.

Die Wehrbeauft­ragte schreibt weiter, es seien im vergangene­n Jahr "in vielen Bereichen wichtige Weichen" gestellt worden, allerdings sei die Bundeswehr noch nicht am Ziel. Sie verwies dabei auf eine beispiello­se Zahl sogenannte­r 25-Millionen-Euro Vorlagen, mit denen das Verteidigu­ngsministe­rium im Bundestag grünes Licht für größere Beschaffun­gsprojekte einholt.

Die Wehrbeauft­ragte hilft nach Artikel 45b des Grundgeset­zes dem Bundestag bei der parlamenta­rischen Kontrolle der Streitkräf­te. Sie gilt aber auch als Anwältin der Soldaten, die sich jederzeit an sie wenden können.

kle/sti/pg (afp, rtr, dpa)

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